Topographie

Topographie

Topographie, Darstellung der Erdoberfläche in topographischen Karten (s. Bd. 5, S. 386). Man unterscheidet Spezialkarten in den Maßstäben 1 : 10000 bis 1 : 50000 und Uebersichtskarten in 1 : 100000 bis 1 : 500000. – Der Herstellung der Spezialkarten geht die topographische Aufnahme oder Spezialvermessung voraus. Diese ist ein Teil der Landesvermessung (s.d.).

Es kommen zwei Verfahren in Betracht, die Herstellung der Karten auf Grund einer selbständigen topographischen Vermessung oder unter unmittelbarer Benutzung vorhandener einheitlicher geometrischer Spezialkarten. In letztem Falle wird die topographische Vermessung auf die Aufnahme der Höhenverhältnisse beschränkt (s. Bd. 6, S. 66).

Die Unterlagen der Vermessung sind die Landestriangulierung (s. Triangulierung C.) und das Landeshöhennetz (s. Nivellieren, Bd. 6, S. 654). Im Anschluß hieran werden die Höhen einer Anzahl passend gelegener Dreieckspunkte durch Hauptnivellierung zweiter Ordnung, das sogenannte Signalnivellement, und die Höhen andrer Dreieckspunkte bei der Kleintriangulation durch trigonometrische Höhenmessung (s. Bd. 5, S. 92) ermittelt. Die selbständige topographische Vermessung ist vorwiegend eine tachymetrische Meßtischaufnahme (s. Bd. 6, S. 392). Sie nimmt bei der Darstellung der Situation natürlich die Ergebnisse von geometrischen Spezialvermessungen zu Hilfe, wenn solche vorliegen. Die Karte entsteht jedoch im wesentlichen auf dem Meßtische im Felde. Weiteres s. [1]. – Die Kartenblätter werden begrenzt nach der Gradeinteilung der mathematischen Erdoberfläche (s. Gradabteilungskarte, Bd. 4, S. 603). Durch diese Einteilung entstehen kleine sphäroidische Trapeze, die in einer geeigneten Projektion abgebildet werden, z.B. in der Polyederprojektion (s. Bd. 7, S. 182) und der polykonischen Projektion (s. Kartenprojektion, Bd. 5, S. 390). Die Spezialkarten der preußischen Landesvermessung in 1 : 25000 und in der Polyederprojektion heißen nach ihrer Entstehung Meßtischblätter. Ihre Begrenzungslinien umfassen in der geographischen Breite 6' und in der Länge 10', in Längenmaß etwa 11–12 km.

Die topographischen Einzelheiten werden durch besondere Signaturen dargestellt, wobei die Wege in verschiedene Klassen eingeteilt sind, z.B. in Fuß-, Feld-, Verbindungsweg, befestigter Weg, Chaussee. Bei Angabe der Kulturarten berücksichtigt man möglichst den dauernden Zustand. Näheres s. in den amtlichen Musterblättern, z.B. [2], die auch Anweisung über die Auszeichnung, Schrift und Zahlen sowie die Anordnung und Schreibweise der Namen geben (s.a. Karte, Bd. 5, S. 386).

Die Bodenformen können dargestellt werden durch Schichtlinien (Horizontalkurven), durch Bergstriche (s. Bd. 1, S. 701) oder Abtönung der Flächen (sogenannte Schummerung) nach dem Beleuchtungsprinzip der Bergstriche oder durch eine geeignete Verbindung dieser Darstellungsarten. Bei den preußischen Meßtischblättern werden nur Schichtlinien angewendet, und zwar mit Schichthöhen von 20, 10, 5 oder auch 2,5 und 1,25 m, je nach den Geländeverhältnissen. Die normale Schichthöhe beträgt 5 m. Grundsatz ist, daß ein leicht lesbares, anschauliches Geländebild gewonnen wird. Dementsprechend sind die Schichtlinien nach unmittelbarer Anschauung auf Grund der gemessenen Höhenpunkte und der Geripp- und Fallinien zu entwerfen, so daß sowohl eine klare Darstellung der Formen im einzelnen als auch in ihrer Gesamtheit erzielt wird (s. [1]). Daneben werden die Höhen einzelner besonderer Punkte bis auf Dezimeter in der Zeichnung angegeben. Die Genauigkeit einer aus der Karte zwischen den Kurven abgelesenen Höhe ist im allgemeinen auf einige Meter zu schätzen. Ueber eine Genauigkeitsuntersuchung von topographischen Aufnahmen im Harz s. [3], S. 412. Eine eingehende Beschreibung der preußischen topographischen Aufnahmen findet sich in [4]. Bei der[566] preußischen Landesaufnahme werden die Meßtischblätter in Grundriß und Schichtlinien nur schwarz bearbeitet und durch Lithographie vervielfältigt. Ein viel anschaulicheres und übersichtlicheres Bild liefern solche Blätter, bei denen, wie z.B. in Baden, mehrere Farben zur Anwendung kommen: Grundriß schwarz, Gewässer blau, Gelände braun.

Werden, wie in Bayern und Württemberg, die vorhandenen Flurkarten der Spezialvermessungen in 1 : 5000 bezw. 1 : 2500 unmittelbar für die Darstellung des Grundrisses benutzt, so ist, von Ergänzungsmessungen abgesehen, die topographische Aufnahme nur eine tachymetrische oder barometrische Höhenbestimmung im Anschluß an die durch Nivellieren oder trigonometrische Höhenmessung bestimmten Festpunkte (s. Tachymetrie, S. 410, Nivellieren, Bd. 6, S. 649). In diesem Falle wird die Projektion der topographischen Karte auch aus der Projektion der geometrischen Spezialkarte entwickelt. Wegen Bayern s. [5], S. 218, [6] und [7]. Besonders ist dieses tachymetrische Verfahren in Württemberg ausgebildet. Vgl. hierzu [8]. Ferner sei kurz hingewiesen auf die jüngst in Angriff genommene neue Karte von Braunschweig in 1 : 10000, deren Blätter nach Soldnerschen Koordinaten (s. Bd. 5, S. 621, Rechtwinkligsphärische u.s.w. Koordinaten) im System Kaltenborn des preußischen Katasters eingeteilt sind (s. [3] und [9]). – Eine zusammenfassende Darstellung der deutschen Topographie gibt [5]. Eine kurze Uebersicht mit Literaturangaben ist enthalten in [10], S. 903. – Für topographische Aufnahmen im Hochgebirge wird neuerdings die photogrammetrische Messung angewendet und durchgebildet (s. Photogrammetrie, Bd. 7, S. 113).

Die topographische Spezialkarte bildet die Unterlage für die topographischen Uebersichtskarten und weiterhin für die hieraus entgehenden geographischen Karten. In Deutschland ist die wichtigste Karte die Karte des Deutschen Reiches von 15' Breiten- und 30' Längenausdehnung in 1 : 100000 mit 674 Blättern. Die Geländeformen sind durch Bergstriche mit einzelnen Höhenzahlen angegeben. Die Karte erscheint in drei Ausgaben, in schwarzem Kupferdruck mit Handkolorit der Grenzen und Gewässer, in dreifarbigem Kupferbuntdruck, Bergstriche und Horizontalkurven in 50 m Abstand braun, Gewässer blau, das übrige schwarz, und schließlich in schwarzem Umdruck. Die zunächst für Militärzwecke geschaffene Karte ist eine einheitliche nach der preußischen Polyederprojektion. Die einzelnen Bundesstaaten bearbeiten nach besonderen Festsetzungen die auf ihre Gebiete entfallenden Anteile. Ueber die Abweichungen in der Orientierung der verschiedenen Landestriangulationen und in den Projektionen der Spezialkarten von der der Reichskarte s. [5]. Außer dieser Karte werden in neuerer Zeit herausgegeben die topographische Uebersichtskarte des Deutschen Reiches in 30' Breiten- und 1° Längenausdehnung in 1 : 200000 und in Kupferbuntdruck sowie seit 1906 nur für den Militärdienstgebrauch die Uebersichtskarte von Mitteleuropa mit 1° Breiten- und 2° Längenausdehnung in 1 : 300000 in Lithographie und Buntdruck. Hierneben sind an älteren Karten zu nennen die Reymannsche topographische Spezialkarte von Mitteleuropa in 1 : 200000 und die Uebersichtskarte von Westdeutschland in 1 : 250000. Ueber die deutsche Topographie wird fortlaufend berichtet in der Zeitschrift für Vermessungswesen. Auskunft über die wichtigsten europäischen und teilweise auch über außereuropäische Kartenwerke, den Stand der Bearbeitungen und Veröffentlichungen geben [11]–[13]. S.a. die Literaturberichte in Petermanns Geographischen Mitteilungen.


Literatur: [1] Vorschrift für die Topogr. Abt. der Landesaufnahme, 2 Hefte, Berlin 1898; Kartentafeln zum Gebrauch bei Meßtischaufnahmen, Berlin 1899. – [2] Musterblätter für die topographischen und kartographischen Arbeiten der Kgl. preuß. Landesaufnahme, 4. Aufl., Berlin 1898. – [3] Zeitschr. f. Verm. 1902, S. 397. – [4] Schulze, Das militärische Aufnehmen, Leipzig und Berlin 1903. – [5] Jordan und Steppes, Das deutsche Vermessungswesen u.s.w., Stuttgart 1882, Bd. 1; Jordan, Höhere Geodäsie und Topographie des Deutschen Reichs. – [6] Then, Die bayrischen Kartenwerke in ihren mathematischen Grundlagen, München und Berlin 1905. – [7] Heller, Die Tätigkeit des Bayr. Topogr. Bureaus in den letzten 10 Jahren, München 1908. – [8] Zeitschr. f. Verm. 1893, S. 315; 1896, S. 353; 1898, S. 65. –. [9] Ebend. 1906, S. 45. – [10] Jordan, Handbuch der Vermessungskunde, Bd. 2, 7. Aufl., fortgesetzt von Reinhertz, bearbeitet von Eggert, Stuttgart 1908. – [11] Geographisches Jahrbuch, Bd. 1, Gotha 1866, v. Sydow, Uebersicht der neuen topographischen Spezialkarten der europäischen Länder; ebend. 1891, Bd. 14, S. 237, Heinrich, Der Standpunkt der offiziellen Kartographie; ebend. 1902, Bd. 25; 1906, Bd. 29, Wagner, Uebersichtskarten der wichtigsten topographischen Karten Europas und einiger andrer Länder; ebend. 1894, Bd. 17, S. 41; 1896, Bd. 19, S. 1; 1897, Bd. 20, S. 425; 1901, Bd. 24, S. 3; 1903, Bd. 26, S. 358; 1906, Bd. 29, S. 322; Hammer und Haack, Die Fortschr. d. Kartenprojektionslehre, der Kartenzeichnung u.s.w.; ebend. 1899, Bd. 22, S. 37; 1902, Bd. 25, S. 343, Hammer, Die methodischen Fortschritte der geographischen Landmessung; ebend. 1905, Bd. 28, S. 373, Marcuse, Die Fortschritte der geographischen, geodätischen und aeronautischen Ortsbestimmung. – [12] Jahresberichte über Veränderungen im Militärwesen 1895 und 1896, Bd. 22 und. 23; Kaupert, Der gegenwärtige Stand der topographischen Kartenwerke in den Kulturstaaten. – [13] Petermanns Mitteilungen, Erg.-Bd. 31, 1904; Stavenhagen, Skizze der Entwicklung und des Standes des Kartenwesens des außerdeutschen Europas.

(† Reinhertz) Hillmer.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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