Triangulierung [2]

Triangulierung [2]

Triangulierung. Nach den Berichten über die Haupttriangulationen in den Verhandlungen der Konferenzen der internationalen Erdmessung sind die europäischen Dreiecksnetze nun fast lückenlos aneinander geschlossen. Die beiden Längengradmessungen in 52° und 48° nördlicher Breite reichen von der Westküste von Irland, 10° weltlich von Greenwich, bis Orsk an der Grenze des europäischen Rußlands, 58° östlich von Greenwich, und vom Atlantischen Ozean, 5° w. Gr., bis Astrachan am Kaspischen Meere, 48° ö. Gr. Die westeuropäische Breitengradmessung ist mit den Dreiecksketten in Algier über das Mittelländische Meer durch ein Anschlußviereck verbunden, dessen größte Seite nahezu 270 km lang ist. Diese Gradmessung reicht vom 31° n. Br. bis zu den Shetlandinseln in 61° n. Br. Die russisch-skandinavische Meridianbogenmessung erstreckt sich vom Schwarzen Meere bis zum Eismeere über 27°. Im Dreieckskranze um die Ostsee fehlt nur noch ein kleines Stück. Die preußische Landesaufnahme hat neue Netze in Ost- und Westpreußen an Stelle der Besselschen gemessen. Neumessungen in Pommern, Schießen und Posen sind in Aussicht genommen. Der Ausgangspunkt der preußischen Triangulationen soll von Rauenberg nach Potsdam verlegt werden. Bayern beabsichtigt eine neue Haupttriangulation. Bei den Erkundungen hat man einen fahr- und verstellbaren Beobachtungsmast mit 30 m Hubhöhe vorteilhaft verwendet. Ebenso sind in andern europäischen Ländern, besonders in Frankreich, Neumessungen im Gange. Die Triangulation der Niederlande ist beendet. Dem Berichte von Helmert und Galle in [3], II. Teil, ist eine Karte der europäischen Haupttriangulationen beigegeben. Von den Ergebnissen der durch Rußland und Schweden ausgeführten Meridianbogenmessung über 4 Breitengrade in Spitzbergen liegen schon Veröffentlichungen vor. Die von Frankreich in Algier gemessenen Dreiecksketten haben neben dem oben erwähnten Anschluß auch einen örtlichen an die Triangulation von Sizilien. Die afrikanische Breitengradmessung entlang dem Meridian 30° ö. Gr. m zwischen Port Elizabet im Süden und dem Tanganjikasee im Norden in 24° Ausdehnung fertiggestellt. Die folgenden 9° in Deutsch-Ostafrika sind noch nicht ausgeführt, wohl aber wieder je 2° am Aequator und in Unterägypten. Betrachtet man die russisch-skandinavische Meridianbogenmessung als Fortsetzung, so dehnt die ganze Breitengradmessung sich über 105° aus, von denen auf der nördlichen Halbkugel 27° und auf der südlichen 28° bereits gemessen worden sind. In Deutsch-Südwestafrika haben das Vermessungsamt und der durch die preußische Landesaufnahme ausgerüstete Feldvermessungstrupp mehrere nord-südlich und west-östlich verlaufende Dreiecksketten zum Teil vollendet und[806] zum Teil erkundet und beobachtet. Eine durch Grenzkommissare gemessene Kette hat zur Festlegung der Grenze mit Britisch-Bechuanaland gedient. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika sind durch zwei große Ketten in vier Teile geteilt. Die Längengradmessung im Parallel von 39° von 50° Ausdehnung verbindet den Atlantischen und Großen Ozean, die Breitengradmessung in 98° Länge w. Gr. von 23° Ausdehnung den Golf von Mexiko und Kanada. In den beiden östlichen Teilen liegen ausgedehnte Ketten entlang der Küste des Atlantischen Ozeans. Im südwestlichen Teile läuft eine Kette in etwa 32,5° Breite über 23° bis zum Großen Ozean und wendet sich dann der Küste entlang nach Norden bis zur Grenze der Vereinigten Staaten. Eine andre Meridianbogenmessung in 105° Länge zweigt von der Längengradmessung ab und endet an der Nordgrenze. Kanada hat zwei Dreiecksketten ausgeführt, eine vom Eriesee der Grenze entlang in 13° Ausdehnung und die andre nördlich der Halbinsel Nova Scotia über 7°. Die Breitengradmessung im 98° Meridian wird in Mexiko nach Süden zu fortgesetzt. In Südamerika treten noch hinzu die durch Frankreich unternommene Meridianbogenmessung von Quito in Ecuador mit 6° und zwei nord-südlich gerichtete Ketten in Chile mit 6° und 10° Ausdehnung. Argentinien plant die Messung einer Dreieckskette längs des Meridians von 65° w. Gr. über 32° und außerdem ein weitmaschiges Netz von Ketten in der Richtung von Meridianen und Parallelkreisen. Asien weist die Triangulationen von Indien und Japan auf. Indien ist mit großzügig angelegten Dreiecksketten planmäßig überzogen. Die beiden Ketten im Parallel von 24° und im Meridian von 78° ö. Gr. sind je über 24° ausgedehnt. Im übrigen verlaufen die Ketten entlang den Küsten und Grenzen und dem Fuße des Himalaya sowie in nord-südlicher und west-östlicher Richtung. Japan hat die drei Hauptinseln mit 20 Netzen trianguliert. In Australien sind umfangreiche Triangulationen in Angriff genommen worden. Näheres s. [1] bis [4].

In [5] beschreibt Gast sein polygonometrisches Triangulierungsverfahren, das er in Argentinien angewendet hat, als es darauf ankam, ein Vermessungsgebiet möglichst rasch zu triangulieren. Er empfiehlt es dann, wenn eine nach Ordnungen getrennte Triangulierung wegen Zeitmangels nicht möglich ist. Bei diesem Verfahren werden nicht die Winkel, sondern die Seiten, und zwar mittelbar durch gestreckte Polygonzüge gemessen. Jede Polygonseite von etwa 5 km Länge wird nach einer kurzen Basisstrecke von 200 bis 300 m und dem von ihr abhängigen parallaktischen Winkel ermittelt. Zwei Polygonstrecken haben eine gemeinsame Basis. Sechs bis acht Polygonstrecken zwischen zwei Dreieckspunkten geben Dreiecksseiten von 30 bis 40 km Länge. Nach den Berechnungen von Gast ist der mittlere Fehler einer Dreiecksseite von 50 km nicht größer als ± 1 : 38000, wenn die Fehler der Basismessung ± 1 : 40000, der Messung des parallaktischen Winkels + 1'' und des Brechungswinkels ± 2,5'' nicht übersteigen. Bei der Winkelmessung wurden auch seitlich gelegene Punkte von mindestens drei Polygonpunkten aus eingeschnitten so, daß neben dem Hauptnetze auch noch untergeordnete Netze entstanden. Ein Vermessungstrupp von zwei Ingenieuren oder Offizieren und fünf bis sechs Gehilfen kann nach den gemachten Erfahrungen ohne vorhergehende örtliche Erkundung monatlich fünf bis sechs Polygonpunkte und acht bis zehn eingeschnittene Punkte bestimmen und damit die Triangulation von 200 bis 300 qkm erledigen.

Tichy schlägt in [6] ebenfalls eine polygonometrische Triangulation ohne Dreieckswinkelmessung vor, in der die Strecken und damit sämtliche Dreieckseiten nach seinem bei Basismessung, S. 61, kurz beschriebenen Verfahren gemessen werden sollen. Tichy will die Dreieckspunkte 1. Ordnung von den Bergspitzen zu Tal verlegen, in das Netz 1. Ordnung ein in gleicher Weise gemessenes Netz 2. Ordnung und in dieses wieder ein Netz 3. Ordnung einfügen so, daß im Flach- und Hügellande kleinste Dreieckseiten von 1 km und im Gebirge solche von 5 km Länge entstehen. Für die Dreieckseiten 1. Ordnung mit mehr als 100 km Länge wird eine Genauigkeit von ± 10 mm auf 1 km, für die 2. Ordnung eine solche von ± 20 mm vorgesehen. Tichy überschlägt die Kosten seines Verfahrens und findet, daß sie erheblich geringer sind als die der bisherigen Triangulationen. Versuche sind noch nicht gemacht worden. Das Verfahren wird in eng bewohnten, in bewaldeten und stark zerklüfteten Gegenden sicher auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen.


Literatur: [1] Verhandlungen d. XIV. allg. Konferenz d. intern. Erdmessung in Kopenhagen 1903, II. Teil, Berlin 1905. – [2] Ebend. d. XV. in Budapest 1906, I. Teil, Berlin 1908. – [3] Ebend. d. XVI. in London 1909, I. Teil, Berlin 1910, II. Teil, Berlin 1911. – [4] Annual Report of the Superintendent, United States Coast and Geodetic Survey for 1912, Washington 1913, for 1913, Washington 1913. – [5] Zeitschr. f. Verm. 1910, S. 425; Gast, Das polygonometrische Triangulierungsverfahren der argentinischen Landesaufnahme. – [6] Zeitschr. d. österr. Ing.- u. Arch.-Ver., Wien 1909, S. 2; Tichy, Trigonometrische Längenbestimmung geodätischer Grundlinien.

Hillmer.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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