Erdstrom

Erdstrom

Erdstrom. In der Erde treten manchmal in Verbindung mit erdmagnetischen Strömungen elektrische Ströme (Erdströme) auf, die zeitweise so stark sind, daß sie den Telegraphenbetrieb in den Leitungen, bei denen die Erde an Stelle des Rückleitungsdrahtes benutzt wird, empfindlich stören und unmöglich machen können. Gewöhnlich sind jedoch die Erdströme viel schwächer als die Telegraphierströme; sie stören dann den eigentlichen Betrieb nicht und treten nur bei elektrischen Messungen der Telegraphenleitungen in Erscheinung.

Einen konstanten Teil der Erdströme bilden die Erdplattenströme, die ihre Ursachen darin haben, daß die metallischen Erdplatten oder Erdverbindungen der Telegraphenleitungen mit der Erde zusammen eine galvanische Batterie darstellen. Die Ursache des Zustandekommens der Erdströme ist noch nicht vollständig ergründet. Jetzt neigt man vorwiegend der Annahme zu, daß durch elektrische Vorgänge auf der Sonne, die mit der Erscheinung der Sonnenflecken in Verbindung stehen, elektrische Ströme in der Erde ausgelöst werden, die ihrerseits die bekannten Variationen des Erdmagnetismus der Hauptsache nach verursachen. Wenn sonach die Variationen des Erdmagnetismus von den in der Erdoberfläche kreisenden Erdströmen abhängen sollen, so müssen auch letztere gleichartige Variationen aufweisen. Daß dies der Fall ist, haben die von der deutschen Reichstelegraphenverwaltung noch unter dem ersten Generalpostmeister v. Stephan vorgenommenen langjährigen genauen Messungen der Erdströme dargetan. Die von Weinstein [1] bearbeiteten und mit den gleichzeitigen Beobachtungen der erdmagnetischen Observatorien verglichenen Meßresultate lassen unzweifelhaft erkennen, daß die in Stärke und Richtung beständig wechselnden Erdströme in ihrem täglichen und jährlichen Verlaufe durchaus gleichartigen Aenderungen wie der Erdmagnetismus unterworfen sind. Plötzliche Aenderungen der Erdströme haben auch stets entsprechende Aenderungen des Erdmagnetismus zur Folge gehabt. Ein sogenannter magnetischer Sturm setzt also einen elektrischen Sturm voraus, und beide zusammen bezeichnet man folgerichtig als ein von der Sonne ausgehendes elektromagnetisches Gewitter. Die letzten elektromagnetischen Stürme haben unsern Erdball am 31. Oktober 1903 heimgesucht. Sie haben nach den Messungen des Erdmagnetischen Observatoriums in Potsdam Schwankungen der freihängenden Magnetnadel aus ihrer durch den Erdmagnetismus bedingten Ruhelage um 3° verursacht. Schwankungen von solcher Größe werden sonst nur bei den Polarstationen beobachtet. Die stärksten Erdströme wurden in der oberirdischen Telegraphenleitung Berlin-Frankfurt a. M. beobachtet; ihre größte Intensität betrug 140 Milliampère, also mehr als das Zehnfache der Stromstärke der gewöhnlichen Morsetelegraphierströme, die lieh auf durchschnittlich 13 Milliampère beläuft. In einzelnen unterirdischen Telegraphenleitungen erreichten die Erdströme eine Stärke von 40 Milliampère. Der Betrieb der Funkentelegraphie wurde nicht gestört. Da mit einer Wiederkehr der Erdstromstörungen gerechnet werden muß, so sind zur Sicherstellung des Telegraphenbetriebs besondere Maßnahmen für solche Fälle getroffen. Diese gipfeln darin, daß beim Eintritt von Erdstromstörungen zwischen den Hauptverkehrszentren sofort von dem gewöhnlich gebräuchlichen Einzelleitungsbetrieb mit Erdplatten auf den Doppelleitungsbetrieb übergegangen werden kann. Theorie und Praxis bestätigen, daß die unter Ausschluß der Erde betriebenen Doppelleitungen nicht oder wenigstens nur kaum merkbar von den Erdströmen beeinflußt werden.


Literatur: [1] Weinstein, B., Die Erdströme im deutschen Reichstelegraphengebiet und ihr Zusammenhang mit den erdmagnetischen Erscheinungen, Braunschweig 1900. – [2] Deutsche Verkehrszeitung 1903, Berlin: Elektromagnetische Stürme, von Otto Jentsch.

Otto Jentsch.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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