Drainageeinrichtung [1]

Drainageeinrichtung [1]

Drainageeinrichtung des Schiffes umfaßt alle Vorrichtungen, die dazu dienen, einerseits das in den Schiffsraum eingedrungene Wasser rasch und sicher zu den Pumpen zu führen und durch diese über Bord zu schaffen, anderseits bestimmte Räume bei Feuersgefahr oder bei gefährlichem Krängen (Ueberliegen) des Schiffes mit Seewasser zu füllen, d.h. zu fluten. Diese Anordnung ist im besonderen bei Kriegsschiffen notwendig, bei denen eine Beschädigung der Außenhaut unter Wasser durch einen Torpedo- oder Rammangriff zu erwarten steht, so daß teilweise große Wassermengen beseitigt werden müssen, teilweise, um das Schiff manövrierfähig zu erhalten, die entsprechenden Räume der andern Bordseite zu überfluten sind. Auch wird es bei Bränden an Bord notwendig, die Munitionsräume unter Wasser zu setzen.

Zwar wird die Schwimmfähigkeit bei havarierten Kriegsschiffen in der Hauptsache durch die Trennung des Schiffsrumpfes in möglichst viele wasserdichte Abteilungen (Compartiments) gesichert, doch kann eine sachgemäße Drainageeinrichtung in Verbindung mit Leckstopftüchern u.s.w. das Schiff vor dem Sinken bewahren [1], [2], [3], [4]. Zur Bewältigung größerer Wassermassen[53] dienen allein Dampfpumpen, die zum großen Teil wie die Zirkulationspumpen der Hauptmaschinen, die Maschinenlenzpumpe, Dampffeuerspritze und Dampfspülpumpe im Maschinenraum aufgestellt sind, oder auch besondere Dampflenzpumpen. Man muß daher Vorkehrungen treffen, das Wasser aus den Bilgen der Haupträume durch Rohrleitungen zu diesen Pumpen zu führen, und hierzu dient hauptsächlich das Hauptdrainage- oder Hauptlenzrohr. Dasselbe läuft durch die ganze Länge des Doppelbodens (meist 2/3 der Schiffslänge) und erhält das Leckwasser durch die Zweigrohre die sogenannten Hauptlenzrohrstutzen mit besonderen Rückschlagventilen und Sieben versehen aus jeder wasserdichten Abteilung über dem Innenboden und eventuell aus den oberen Seitenzellen des Doppelbodens und den Wallgängen, sowie durch besondere Abfallrohre von einzelnen Plattformdecks mit besonderen Absperrschiebern oder Ventilen. Die Schieber oder Ventile an den Enden des Drainagerohres gestatten ferner, die Schiffsräume vor und hinter dem Doppelboden zu lenzen; auch werden neuerdings die Hauptdrainagerohre durch besondere Schieber in einzelne Stränge geteilt, um. bei Beschädigung der Rohre bei Grundberührungen den beschädigten Teil ausschalten zu können. In diesem Falle wird im Vorschiff bezw. auch im Hinterschiff meist eine besondere Kreiselpumpe aufgestellt, die dann mit Dampf- oder elektrischem Antrieb versehen wird. Das Hauptlenzrohr erhält an geeigneten Stellen Zisternen, nach denen hin das Rohr Fall hat und aus denen die Dampfpumpen saugen, sowie an den Enden Anschlüsse an je ein Bodenventil, um das Rohr spülen zu können [2], [5]. Die Hauptlenzrohre mit ihren Abzweigungen bestehen aus kurzen, miteinander verschraubten Rohrstücken aus verzinktem Stahlblech; sie werden durch die wasserdichten Schotten und Spanten wasserdicht durchgeführt. Bei größeren Panzerschiffen sind meist zwei Drainagerohre im Doppelboden zu beiden Seiten des Mittelkieles angeordnet, während bei Panzerdeckschiffen zwei weitere Drainagerohre auf dem Panzerdeck entlang geführt sind mit entsprechenden Stutzen zur Entwässerung der Räume oberhalb des Panzerdecks; sie werden meist durch eine besondere Dampflenzpumpe entleert. Während die Hauptlenzrohre zur Bewältigung größerer Wassermengen dienen, wird in der deutschen Marine zur Beseitigung des Tagwassers eine besondere Hilfslenzvorrichtung vorgesehen, die mit sämtlichen Räumen oberhalb des Innenbodens durch Rücklauf- und Niederschraubventile verbunden ist und an welche die Dampflenzpumpen in den Maschinen- und Kesselräumen sowie die Handpumpen angeschlossen sind [2]. Die Anordnung eines besonderen Doppelbodenlenzrohres, das die Doppelbodenzellen lenzen und fluten soll, wird neuerdings aufgegeben, da die Doppelbodenzellen meist mit Speise- sowie Waschwasser und mit Teeröl gefüllt werden und dementsprechend mit besonderen Rohrleitungen und Pumpeneinrichtungen versehen sind. In der französischen Marine erfolgt das Beseitigen kleiner Wassermengen der Doppelbodenräume [4] durch ein besonderes, mit einer Dampfpumpe verbundenes kleines Drainagerohr, das meist unter dem Panzerdeck gelagert und mit den Doppelbodenräumen durch entsprechende Rohrleitungen verbunden ist. In diesem Falle werden dann auch die Wallgänge durch dieses Drainagerohr gelenzt. Zur besseren Uebersicht und Vereinfachung der Rohrleitung vereinigen sich die Lenzrohre mehrerer Bodenabteilungen in einem Ventilkasten, der dann mit dem Drainagerohr in Verbindung steht. Das kleine Drainagerohr erhält ferner meist durch Kingston-Ventile Verbindungen mit See und durch Rohrleitungen Anschluß an die Munitionskammern, so daß es zugleich zum Ueberfluten dieser Räume sowie der Doppelbodenzellen benutzt wird. Sonst erfolgt die Ueberflutung der Munitionskammern durch besondere Rohrleitungen oder durch Anschlüsse an die Feuerlöschleitung. Die letztere wird in allen Marinen unterhalb des Panzerdecks angeordnet, erhält eine Anzahl Steigerohre mit Absperrventilen an den Abzweigungen und wird an die Dampfspülpumpe sowie die Reservespeisepumpen in den Heizräumen angeschlossen. Die Feuerlöschleitung wird zugleich zum Deckwaschen und Reinigen verwendet [2]. In der russischen Marine ist die Drainageeinrichtung insofern eine abweichende, als die Hauptlenzrohre in Fortfall kommen und jede wasserdichte Abteilung ihre eigne Lenzeinrichtung erhält. Dieselbe besteht in horizontalen Kreiselradpumpen mit vertikaler Welle, die möglichst tief unten im Schiff, d.h. dicht oberhalb des Innenbodens angeordnet sind und von einem im Zwischendeck[54] bezw. unterhalb des Panzerdecks aufgestellten elektrischen Motor angetrieben werden [5], [6], Den Dampf für die Lenzpumpen liefern entweder die Haupt- oder der Hilfskessel, der dann so hoch im Schiff aufgestellt wird, daß derselbe auch bei überfluteten Heizräumen betriebsfähig bleibt. Die Handpumpen, die, neben dem Lenzen des Doppelbodens, zum Deckwaschen, Feuerlöschen, Frischwasserpumpen verwendet werden, führt man meist nach der Konstruktion von Downton & Stones aus [2], [5]. Es sind doppeltwirkende Pumpen mit Windkessel und zwei bis vier Kolben, die durch Handkurbeln bedient werden. Sie sind mit einer Wechselplatte oder einem Ventilkasten derart verbunden, daß sie durch Einschalten eines Schwanenhalses oder durch Stellen bestimmter Ventile mit verschiedenen Rohrleitungen verbunden werden können. Sie liefern nur bis zu 25 t Wasser pro Stunde und werden daher bei größeren Schiffen mehr und mehr durch Dampfpumpen ersetzt. Neben den Dampf- und Handpumpen finden fast auf allen Schiffen, im besonderen auf Torpedofahrzeugen, Lenzejektoren (Dampfstrahlpumpen) Verwendung, die leicht eingebaut werden können und aus der Bilge der betreffenden Räume direkt lenzen. Sie erfordern jedoch eine große Menge Dampf. Zur Ermittlung des Wasserstandes in den einzelnen wasserdichten Abteilungen von den oberen Decks aus dienen besondere Peilrohre. Zur Uebersicht der Drainage- und Pumpeneinrichtung auf Kriegsschiffen dienen Lenztafeln, die eine schematische Darstellung der wasserdichten Räume des Schiffes mit den Drainagerohren, Stutzen, Ventilen, Schleusen, Pumpen u.s.w. wiedergeben [2], [5]. Fig. 1 und 1a zeigen die Anordnung der Drainageeinrichtung eines Panzerschiffes. – Bei den Handelsschiffen ist die Drainageeinrichtung weniger ausgebildet, obgleich in neuerer Zeit auch hier Vorkehrungen getroffen werden durch Vermehrung der wasserdichten Schotte, Einführung eines Doppelbodens, der zugleich als Wasserballastraum dient, Verwendung der mit der Hauptmaschine zusammenhängenden Pumpen zum Lenzen und Einführung besonderer Dampflenzpumpen die Sicherheit des Schiffes zu erhöhen [1].


Literatur: [1] Mitteilungen aus dem Gebiet des Seewesens 1881, S. 529. – [2] Dick, C., und Kretschmer, O., Handbuch der Seemannschaft, Berlin 1902. – [3] Welch, Text Book of Naval Architecture, London 1904. – [4] Hauser, A., Cours de construction navale, Paris 1886. – [5] Croneau, A., Construction pratique des navires de guerre, Paris 1895. – [6] Der russische Kreuzer erster Klasse »Ascold«, Schiffbau 1902, S. 665.

T. Schwarz.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 1a.
Fig. 1a.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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