Zitronensäure

Zitronensäure

Zitronensäure (Acidum citricum, Oxytricarballylsäure) ist eine dreibasische, organische Säure, welche sich von der einfachsten dreibasischen Säure, der Tricarballylsäure, durch Ersatz eines Wasserstoffatoms durch die Hydroxylgruppe ableitet. Formel: C6H8O7 + H2O.

Sie ist im Pflanzenreich ungemein weit verbreitet. So findet sie sich als freie Säure und mit keiner oder nur wenig Apfelsäure zusammen in den Zitronen, Orangen, Schlehen, Preiselbeeren, Hagebutten u.a.m., mit etwa der gleichen Menge Apfelsäure in den Stachel-, Johannis-, Heidel-, Himbeeren, Erdbeeren und Kirschen und schließlich mit Apfel- und Weinsäure zusammen in den Tamarinden und in den Vogelbeeren. Als Kalium- oder Calciumsalz kommt sie in einer großen Anzahl von Pflanzen vor, von denen der Tabak, die Kartoffeln, Zwiebeln und Runkelrüben erwähnt seien, dann auch in kleiner Menge an Calcium gebunden als normaler Bestandteil der Kuhmilch. Die Zitronensäure kristallisiert mit einem Molekül Kristallwasser in großen, farblosen, durchsichtigen, rhombischen Prismen, welche sich bei gewöhnlicher Temperatur in 0,75, bei Siedhitze in 0,5 Teilen Wasser lösen und stark, aber angenehm sauer schmecken. Auch in Alkohol löst sie sich leicht, weniger leicht in Aether. Beim Erhitzen auf 70–75° schrumpft die wasserhaltige Säure unter Abgabe von Wasser ein und verliert dasselbe vollständig bei etwa 130°. Die wasserfreie Säure schmilzt bei 153°. Diese erhält man auch in farblosen Kristallen, wenn man die wässerige Lösung der gewöhnlichen Säure bis zu einer Temperatur von 130° eindampft und dann erkalten läßt. Beim Umkristallisieren aus kaltem Wasser schießt sie dann bemerkenswerterweise stets wieder wasserfrei an. Beim Erhitzen für sich auf 175° zerfällt die Zitronensäure in Wasser und eine ungesättigte dreibasische Säure, die Akonitsäure C6H6O6 [2], welche sich ebenfalls natürlich gebildet in der Runkelrübe, im Zuckerrohr u.s.w. findet. Beim Erhitzen der Zitronensäure mit konzentrierter Schwefelsäure wird zunächst Ameisensäure abgespalten, unter Bildung der sogenannten Acetondicarbonsäure, welche dann beim Erhitzen in Kohlensäure und Aceton zerfällt. Beim Schmelzen mit Aetzkali oder durch Oxydation mit Salpetersäure entstehen Essigsäure und Oxalsäure. Als dreibasische Säure bildet die Zitronensäure drei Reihen von Salzen, von denen das tertiäre Calciumsalz, normales Calciumzitrat (C6H5O7)2Ca3 + 4H2O, die bemerkenswerte Eigenschaft besitzt, in kochendem Wasser schwerer löslich zu sein wie in kaltem. Die übrigen Salze wie die Ester sind ohne technische Bedeutung; das Eisenoxydsalz, Ferrum citricum oxydatum, und das Eisenchininsalz (s. Bd. 1, S. 144) sind offizinell. Die Zitronensäure unterscheidet sich von der Weinsäure (s.d.) durch ihre optische Inaktivität sowie dadurch, daß sie beim Erhitzen nicht nach verbranntem Zucker riecht, sondern stechende Dämpfe entwickelt. Versetzt man ihre wässerige Lösung mit Kalkwasser im Ueberschuß, so findet erst beim Kochen eine Fällung statt, während weinsaurer Kalk schon in der Kälte fällt und Aepfelsäure (s.d.) überhaupt keinen Niederschlag gibt. Die Zitronensäure wird im großen aus Zitronensaft dargestellt, indem man entweder den gegorenen Saft durch Filtrieren von ausgeschiedenem Schleim befreit oder frischen Saft zur Koagulation der Eiweißstoffe aufkocht und filtriert. Das Filtrat enthält dann 6–7% Zitronensäure; auch eingedickter Saft mit 23% Säure[1009] kommt im Handel vor. Der filtrierte Saft wird dann nach dem von Scheele angegebenen Verfahren bis fast zum Kochen erhitzt und so lange mit feingeschlämmtem kohlensauerm Kalk versetzt, als sich noch Kohlensäure entwickelt. Dann wird Kalkmilch zugesetzt und das sich ausscheidende Calciumsalz mit kochendem Wasser ausgewaschen, bis das Filtrat farblos abläuft. Das so gereinigte Salz wird mit der berechneten Menge Schwefelsäure zerlegt, vom Gips abfiltriert, das Filtrat im Vakuum zur Kristallisation eingedampft und die Säure durch Umkristallisieren gereinigt. Interessant ist die von Grimaux und Adam [3] ausgeführte Synthese der Zitronensäure. Sie addierten an Dichloraceton Blausäure und verseiften das entstandene Nitril zur Dichloracetonsäure, erhielten durch Einwirkung von Cyankalium auf diese die Dicyanacetonsäure, welche durch Salzsäure zur Zitronensäure verseift wurde. Die Zitronensäure wird zur Herstellung von Limonaden und andern erfrischenden Getränken, in der Medizin und hauptsächlich in der Färberei und Kattundruckerei als Aetzbeize verwendet, sowohl um die Zeuge vor dem Bedrucken zu schützen, als auch um gewissen Farben einen prächtigeren Ton zu verleihen. – Ueber Isozitronensäure s. [4].


Literatur: [1] Beilstein, Handbuch der organischen Chemie, 3. Aufl., Hamburg und Leipzig 1893, Bd. 1, S. 835. – [2] Ebend, S. 816. – [3] Comptes rendus, 90, 1252. – [4] Fittig und Müller, Berichte d. Deutschen ehem. Gesellschaft, 20, 3181; Annalen der Chemie, 255,47; Schmidt, Pharm. Chem. 1901, Braunschweig.

Bujard.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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