Wetterbeständigkeit

Wetterbeständigkeit

Wetterbeständigkeit der Gesteine und ihre Prüfung im Zusammenhang mit der Prüfung der technischen Eigenschatten der Gesteine überhaupt lag bis vor wenigen Jahren sehr im Dunkeln und entbehrte einer nur einigermaßen befriedigenden fachwissenschaftlichen Unterlage.

In praktischer Beziehung gaben die Untersuchungsmethoden der technischen Versuchsanstalten vielfach unzutreffende Bilder von der Verwertbarkeit und Dauerhaftigkeit der Gesteine. Anregungen von geologischer und besonders von petrographischer Seite (Leppla 1899, O. Herrmann 1900) brachten die Fragen über Prüfungsmethoden auf der technischen Seite wohl in Fluß, hatten aber nur untergeordnete Fortschritte im Gefolge. Erst die durch einen Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten und für Handel und Gewerbe (1893) eingesetzte »Kommission zur Ermittlung eines Verfahrens für die Untersuchung natürlicher Bausteine auf deren Widerstandsfähigkeit gegen Witterungseinflüsse« hat durch ihr Mitglied, den Geheimen Regierungsrat, Professor an der technischen Hochschule zu Charlottenburg, J. Hirschwald, durch sehr eingehende Untersuchungen und auf Grund eines sehr reichen Beobachtungsmaterials über Verwitterung Prüfungsarten aufgestellt, die sich im wesentlichen auf einer genauen stofflichen (petrographischen) Kenntnis der Gesteine und ihres (geologischen) Auftretens im natürlichen Verband gründen. Diese Grundlagen werden verstärkt durch die von den technischen Versuchsanstalten bereits schon früher eingeführten Beobachtungen über Wasserfassung, Frostwirkungen, Druckfestigkeiten u.s.w., allerdings nachdem einige Abänderungen vollzogen wurden.

Die Ergebnisse der Hirschwaldschen Arbeiten sind niedergelegt in dem Werk: »Die Prüfung der natürlichen Bausteine auf ihre Wetterbeständigkeit«, Berlin, Ernst & Sohn, 1908 und in dem etwas erweiterten »Handbuch der bautechnischen Gesteinsprüfung für Beamte der Materialprüfungsanstalten und Baubehörden u.s.w.«, Berlin, Bornträger, 1912.

Die vorgeschlagenen Untersuchungen erstrecken sich auf:

1. Untersuchung der geologischen Ausbildung des Gesteins im Bruch unter Berücksichtigung der allgemeinen Beschaffenheit des Materials und seiner Gleichmäßigkeit in den verschiedenen Lagen, der Mächtigkeit der einzelnen Bänke, der etwaigen örtlichen Veränderung durch metamorphe und dynamische Vorgänge, wie insbesondere der Stärke der Verwitterungsrinde, der sogenannten Schwarte, und der Aufhebung des Zusammenhanges der Lagerung durch Ablösungsfugen und Druckklüfte (Verwerfungen) oder der Absonderungsformen. Insbesondere soll die Verschiedenartigkeit des Gesteinsmaterials innerhalb desselben Bruches festgestellt werden, und zwar nach Farbe und Färbungsbestandteilen, Korngröße und Gleichmäßigkeit der Körnung, nach vorherrschenden, untergeordneten und akzessorischen Bestandteilen, nach Gesteinsstruktur durch Anordnung der Gemengteile, nach Dichtigkeit der Gesteine, Härte- und Festigkeitsunterschieden, Beschaffenheit der Schlagfläche, Verwitterungserscheinungen u.s.w.

2. Prüfung der Festigkeit, Härte und Sprödigkeit des Gesteines, um dessen Widerstandsfähigkeit gegenüber der mechanischen Beanspruchung im Bauwerk zu bestimmen und seine Bearbeitungsfähigkeit, sowie anderseits seine Abnutzbarkeit bei Verwendung als Pflastermaterial beurteilen zu können. Hier sollen in erster Linie die Untersuchungen über Druck- und Zugfestigkeit, dann über Schleif-, Schneid- und Polierfähigkeit, über Abnutzung u.s.w. zur Geltung kommen, wie sie seit Jahren von den technischen Versuchsanstalten ausgeführt werden.

3. Prüfung des Gesteins auf alle jene Eigenschaften, die den Grad seiner Wetterbeständigkeit bedingen. Besondere Vertiefung haben diese Prüfungsweisen durch Hirschwald erfahren. Es sind alle jene Untersuchungen einbegriffen, die Gesteinskunde, Chemie und Mineralogie betreffen oder von den Versuchsanstalten schon eingeführt wurden.

[849] In erster Linie ist die Feststellung der mineralischen Beschaffenheit eines jeden Gesteins von Wichtigkeit. Durch das Mikroskop können die einzelnen Gemengteile auch in feinster Verteilung erkannt, ihre gegenseitige Verknüpfung (Struktur, Gefüge), ihre Frische oder auch ihr Verwitterungszustand festgestellt werden und endlich auch das Mengenverhältnis ihrer Beteiligung am Aufbau des Gesteins. Da die chemischen und physikalischen Eigenschaften der gesteinsbildenden Minerale seit langem bekannt ist, so kann durch die mikroskopische Feststellung des Mineralbestandes eines Gesteins und des unmittelbaren, ursprünglichen Gefüges unmittelbar Antwort auf eine Reihe von technischen Fragen, insbesondere über Wetterbeständigkeit, gegeben werden. Bei den meisten frischen, unzersetzten Massen- oder Eruptivgesteinen oder sogenannten primären Gesteinen mit vollkommener Raumerfüllung (kompaktem Zustand), auch bei vielen kompakten Kalksteinen, Dolomiten u.s.w. genügt für die allgemeine Beurteilung der Wetterbeständigkeit die mikroskopische Untersuchung. Bei den geschichteten oder sogenannten sekundären, auch klastischen Gesteinen (Sandsteinen, Grauwacken, Schiefer, Mergel, manchen Kalksteinen u.s.w.) geht sie ebenfalls allen andern Untersuchungen voraus, muß aber noch durch weitere Versuche ergänzt werden, die sich meist auf die mechanische Verwitterung, den Grad des Zerfalles beziehen.

Ist durch irgendeinen Vorgang bei der Entstehung des Gesteins oder später z.B. durch Druck, Pressung, durch teilweise Verwitterung eine Lockerung des Gefüges, eine Zerspaltung, Haarrißbildung erfolgt, oder liegt keine vollkommene Raumerfüllung (blasiges oder poröses Gefüge) vor, oder enthalten die Gesteine verwitterte weiche Gemengteile (Kaolin), so sind Versuche über Wasserfassung, Erweichung und Frostwirkung nötig.

Hinsichtlich der Wasserfassung gibt Hirschwald einen Maßstab für die Wetterbeständigkeit in dem Sättigungskoeffizienten eines Gesteins. Bedeutet Wc die zur vollständigen Ausfüllung aller Gesteinsporen erforderliche Wassermenge, W2 dagegen die Menge des lediglich durch Haarröhrchenwirkung (Kapillarität) aufgesogenen Wassers bei langsamem Eintauchen der Gesteinsprobe, so wird das Maß der Porenausfüllung für die natürliche Wasseraufsaugung ausgedrückt werden durch den Quotienten W2/Wc = 5, der als Sättigungskoeffizient bezeichnet wird. Beträgt dieses mehr als 0,9, so muß, angesichts des spez. Gewichts des Eises bei 0,916, bei Frostwirkung ein Zerfrieren (Sprengen) des Gesteins eintreten. Die zahlreichen Versuche haben gelehrt, daß man die obere Grenze der Frostbeständigkeit schon bei einem Sättigungskoeffizienten von 0,8 suchen muß. Ist dieser höher, dann erscheint das Gestein frostunbeständig. Im allgemeinen gilt, daß ein Gestein um so frostbeständiger ist, je weniger Wasser es durch Haarröhrchenwirkung (Kapillarität) aufnimmt.

Einen weiteren Maßstab für die Frostwirkung sieht Hirschwald in der Erweichung der Gesteine durch Wasser. Viele Gesteine, besonders tonführende und schichtige Gesteine dehnen sich bei Durchfeuchtung aus und schwinden bei der nachfolgenden Austrocknung; außerdem tritt bei tonhaltigen Gesteinen eine Lockerung der Tonteilchen ein, die zu ihrer Wegfuhr, zum Abschlämmen führen kann. Es handelt sich also hierbei im allgemeinen um Gesteine, die entweder aus Feldspat durch Verwitterung hervorgegangenen Kaolin oder Ton als Gemengteil oder Bindemittel führen, in geringerem Grad auch um glimmerreiche Gesteine. Als Erweichungskoeffizient wird der Quotient bezeichnet aus der Zugfestigkeit des Gesteins, im wassersatten durch diejenige im trockenen Zustand. In vielen Fällen können die Zugfestigkeitsversuche durch Scherversuche ersetzt werden.

Die Untersuchungen über die rein gesteinskundlichen Eigenschaften in Verbindung mit den mechanischen Versuchen über Wasserfassung, Erweichung, Frostwirkungen, Druck- und Zugfestigkeit haben zu zahlenmäßigen Ergebnissen und zur Aufteilung von Qualitätsklassen für die Wetterbeständigkeit geführt, die durch sehr zahlreiche Beobachtungen von Verwitterungserscheinungen an eingesandten Proben von Baugesteinen älterer und neuerer Gebäude nachgeprüft werden konnten. Gesteine der Qualitätsklasse Ja zeigen z.B. erst nach 650 Jahren Spuren von Oberflächenverwitterung und eine aufgelockerte Verwitterungsrinde bis zu 1 mm Stärke, solche der Qualitätsklasse IV aber schon nach 16 Jahren Verwitterungserscheinungen.

Die einzelnen Untersuchungsarten über Wasserfassung und Frostwirkungen sind gegen die bisher von den Versuchsanstalten durchgeführten meist nach Zeitdauer und Stärke der Frostwirkung verlängert worden. Ueber die Bedeutung der künstlichen Frostprüfung für die Gesteinsverwendung gilt folgendes:

1. Tritt nach 25 maligem Gefrieren des vollkommen wassersatten Gesteins eine erhebliche Minderung der Festigkeit oder ein Zerspringen ein, dann ist das Gestein für Wasserbauten nicht und für die in die Bodenfeuchtigkeit hinabreichenden Hochbauteile (Sockel- und Futtermauern), sowie für Gesimse Kragsteine, Abdeckungen im Freien nur wenig geeignet.

2. Treten nach 25 maligem Gefrieren des vollkommen satten Gesteins keinerlei mechanische Veränderungen ein, so kann das Gestein für Hochbauten als vollkommen frostbeständig gelten und verwendet werden.

3. Wenn bei 25 maligem Gefrieren des unvollkommen wassergesättigten Gesteins (nach 2–13stündiger Wasserlagerung) keinerlei Veränderungen eintreten, so kann das Gestein noch bei Hochbauten verwendet werden, muß aber von Sockel- und Futtermauern und vorspringenden Gesimsteilen, Kragsteinen u.s.w., ausgeschlossen werden.

4. Zeigt sich bei einem unvollkommen wassersatten Gestein nach 25 maligem Gefrieren eine Verminderung der Festigkeit, Zerspringen, Risse, so muß das Gestein von der Verwendung im Freien bei Hoch- und Wasserbauten ausgeschlossen bleiben.

Während bei den massigen, kristallinen, sogenannten primären Gesteinen außer der mikroskopischen Untersuchung nur dann ein Eingehen auf Wasserfassung und Frostbeständigkeit nötig[850] wird, wenn die Gesteine stark zersetzt sind oder tonige Beimengungen enthalten, muß für die Bewertung der geschichteten, sogenannten sekundären Gesteine eine Reihe andrer Feststellungen über Gefüge (Kornbindung, Korngröße), Bindemittel u.s.w. vorausgehen. Die Untersuchungen wechseln nach den verschiedenen Gesteinsarten.

Bei Sandsteinen, Grauwacken und Quarziten haben in erster Linie Menge, Größe und Form der Poren, Menge, Anordnung und Beschaffenheit des Bindemittels Bedeutung. Für die Porenverhältnisse sind außer dem Versuche über Wasserfassung und Erweichung noch Beobachtungen über die Form der Körner und Hohlräume nötig. Damit gehen die wichtigen: Untersuchungen über Form, Ineinandergreifen, Zusammenschluß der einzelnen Sandkörner, deren Mineralnatur und derjenigen des Bindemittels Hand in Hand. Hier werden eine Reihe von Unterscheidungen in der Kornbindung aufgestellt, je nachdem das Bindemittel Quarz, Ton, Kalk, Eisenerz oder aus diesen gemischt sich zeigt und je nachdem es die Sandkörner ganz umhüllt, teilweise umrandet oder überrindet, je nachdem es die Hohlräume ganz oder nur zum Teil ausfüllt. Bei tonigen Sandsteinen ist die Bestimmung ihrer Erweichungsfähigkeit durch eine Schlämmprüfung zu ergänzen.

Für die Kalksteine sind die Versuche über den Mineralbestand, über Porosität und Wasseraufsaugung ähnlich denjenigen der Sandsteine. Die mikroskopische Untersuchung hat sich außer auf die Porosität auf die Größe, Form, Zusammenschluß (Kornbindung) der Kalkspatkörner, auf den Gegensatz in der Größe der Körner und der Zwischenmasse, auf die mineralische Beschaffenheit der letzteren (ob Kalkspat, tonige, kohlige, oder kieselige) und auf fremde Beimengungen in den Körnern zu erstrecken.

Bei den Dachschiefern spielt die Anordnung und Form des glimmerigen Hauptgemengteiles die wichtigste Rolle. Er kann in zusammenhängenden Streifen, in getrennten Butzen und Linsen, oder schuppig angeordnet, körnigen Quarz, auch Kalkspat, in Streifen oder Linsen oder in einzelnen Körnern zwischen sich lassen, gebogen, gefaltet sein und von kohligen, tonigen und eisenschüssigen feinsten Beimengungen durchdrungen sein. Auf den Gehalt an sein verteiltem Schwefelkies ist besonders zu achten. Diese Beobachtungen erfolgen im. wesentlichen durch das Mikroskop. Ihnen schließen sich die wichtigen Untersuchungen über Wasserfassung und Frostwirkung an, endlich solche über Härte, Feuerbeständigkeit und chemischen Bestand.

Eine »abgekürzte Wetterbeständigkeitsprobe der natürlichen Bausteine« schlägt H. Seipp in seinem Werke (Frankfurt a.M. 1905) vor. Sie erstreckt sich im wesentlichen auf die Frostprobe unter Berücksichtigung der Aenderungen der Zug- und Scherfestigkeit und des Gewichtsverlustes und auf das Verhalten des Gesteins gegen die natürlichen Agenzien im Freien, Kohlensäure, schweflige Säure, Sauerstoff u.s.w. Die so angeordneten Versuche sind von H. Seipp zuerst an Sandsteinen, namentlich an den Wesersandsteinen, zur Durchführung gelangt.

Leppla.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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