Wasserfassung

Wasserfassung

Wasserfassung, im allgemeinen jede Anlage zur Gewinnung von Wasser, speziell jene Bauten, welche der Wasserversorgung (s.d.) dienen.

Es werden für letzteren Zweck Regenwasser (s. Zisternen), Flußwasser, Seewasser (s. Stauanlagen) Quellen und Grundwasser benutzt. Von der größten Bedeutung ist, dafür zu sorgen, daß die Wasserfassung den richtigen Haushalt mit dem Wasser gestatte, d.h. die Vorräte zu keiner Zeit erschöpfe, und daß die Qualität dem Zweck entspreche. Der äußere Charakter des Bezugsortes entscheidet in letzterer Hinsicht nicht, sondern nur eine alle Verhältnisse richtig würdigende hygienische Begutachtung.

Die Fassung von Flußwasser soll stets aus der stärkeren Strömung erfolgen und an Stellen, oberhalb welcher möglichst wenig Schmutzwasser in den Fluß gelangt. Dabei sind Vorkehrungen[843] nötig (Seiher, Stabrechen oder Gitter), um das Eindringen von Schwimmkörpern in das zur Gewinnung des Wassers zu benutzende Sammelrohr oder den Sammelkanal zu verhindern; in der Regel legt man auch die Einlaufrichtung an den letzteren entgegengesetzt der Stromrichtung im Flusse (vgl. Fig. 1).

Seewasser, d.h. Wasser aus Binnenseen, wird in der Regel aus größeren Tiefen entnommen (20–30 m unter Spiegel) und die Saugstelle etwa 3–5 m über den Grund des Sees gelegt; im übrigen ist das Verfahren der Entnahme bei mäßigen Wassertiefen ähnlich jenem bei Talsperren (s. Stauanlagen, [1]). Bei Entnahme aus größeren Tiefen von Binnenseen empfiehlt sich die in [2], S. 513 dargestellte Anordnung, wie sie bei den Bodenseewasserentnahmen für St. Gallen und Konstanz eingehalten wurde.

Die Fassung von Quellen aus ebenen Lagen (Sprudel) erfolgt in einfachster Weise entsprechend Fig. 2. Man umgibt den Teich, in welchem die Sprudel aufsteigen, mit einer wasserdichten Wand (Lehmwand, gegen Pfähle angelegt, Beton u.s.w.), füllt sodann den Raum über den Sprudeln mit großen Steinen aus und leitet das Wasser mit einem Rohre ab. Die Steinfüllung muß gegen Tagwasser durch eine Lehm- oder Betondecke verwahrt werden; ein oben gut verschlossenes Aufsteigrohr ermöglicht die Belüftung und Entlüftung der Steinfüllung. Hat der Teich, in welchem die Sprudel aufsteigen, eine größere Ausdehnung, so werden Kuppeln oder Hallen über demselben errichtet; Beispiele in [1], S. 384.

Quellen an Gebirgshängen werden in der Regel durch sogenannte Brunnenstuben (Quellenstuben, Sammelstuben) im Sinne von Fig. 3 gefaßt. Die Länge a des meist 1,5 m breiten Behälters für das Wasser richtet sich danach, ob die Brunnenstube zu einem Sandfang auszubilden ist oder nicht; ist das erstere der Fall, so müssen 3–4 m bei kleinen und entsprechend mehr bei großen Verhältnissen gewählt werden. Besteht die Gefahr, daß durch das Ausspülen von Sand aus den Gebirgsklüften die Wirtschaft der Quelle gestört wird, so ist vor den in der Regel 0,08–0,10 m breiten Schlitzen E eine Sandsperre A anzulegen, die bei korrekter Schichtung nach Korngrößen (s. Filter, Bd. 4, S. 28) das Einspülen des Sandes in die Brunnenstube B verhindert. Größere Anlagen mit anschließenden Sammelstollen und das sogenannte Wasserschloß des Kaiserbrunnens bei Wien s. [1], S. 399 ff.

Die Fassung von Grundwasser erfolgt durch nahezu horizontale Sammelkanäle (in einfachster Form Sickergräben, S. 99, Stollen, S. 324, Filtergalerien, Filterrohren), wenn die Tiefe bis zur undurchlässigen Schicht der Grundwasserströmung eine relativ kleine ist, oder durch vertikale Anlagen (s. Brunnen, Bd. 2, S. 363) bei großen Tiefen der undurchlässigen Schicht unter Grundwasserspiegel. Die Sammelkanäle wirken dann, wenn sie in ihrer ganzen Ausdehnung einen freien, luftberührten Spiegel zeigen, wie in den Fig. 4–9, in ganz gleicher Weise wie ein offener, in den Grundwasserträger eingeschnittener Graben, und verweisen wir in dieser Hinsicht auf Bd. 4, S. 661 ff. und auf Drainage. Man schützt sie gegen Versandung durch Kiesumhüllungen, die nach Art einer Sandsperre (s. oben) angeordnet werden müssen; in der Regel endigen sie in brunnenartigen Sammelbehältern oder in gewöhnlichen Brunnenstuben. Fig. 4 zeigt eine Sammelgalerie der Vanne-Wasserversorgung für Paris; im Innern derselben besteht ein Gehweg in Beton, der sich auf Querbögen stützt. Derselbe erschwert die Reinigung; besser ist die Anordnung Fig. 5, bei welcher in der Galerie eine bei der Reinigung wegnehmbare Diele, auf Querschienen gestützt, die Begehung ermöglicht. Die nicht begehbaren Fassungen durch Sammelröhren aus Beton sind in Fig. 68 dargestellt; bei Fig. 6 und 7 tritt das Wasser durch Seitenschlitze, bei Fig. 8 durch die Haube ein, welche aus Kieselsteinen besteht, die in einen dünnflüssigen Zementbrei eingetaucht waren und deshalb Zwischenräume frei lassen, durch welche das Wasser infiltrieren kann. Kiesumhüllungen sind sowohl bei diesen als bei den in Fig. 9 dargestellten gußeisernen Sammelröhren (die in gleicher Weise auch aus Ton hergestellt werden) unentbehrlich. Laufen die Sammelröhren unter Druck, d.h. ist (vgl. Bd. 5, S. 153) Q = √(H D5 · λ L) (s. Fig. 10), so gelten die in Bd. 4, S. 661 ff. entwickelten Beziehungen, die sich auf das Vorhandensein eines annähernd horizontalen luftberührten Spiegels stützen, nicht mehr. Die Reibungsverluste in dem Rohre erfordern dann z.B. für die Länge L eine Druckhöhe H,[844] so daß der Grundwasserspiegel sich infolge Ansaugens der Leitung an der Stelle I nur um s, an jener II um s1 senken kann. Es findet also kein gleichmäßiger, sondern ein gegen das Ende der Leitung abnehmender Wasserzufluß statt, und das Ergebnis der Sammelanlage ist nicht mehr einfach proportional der Länge. Es ist sehr wesentlich, diesen Umstand zu beachten, da in solchen Fällen die von einer Verlängerung der Röhren erwarteten Vorteile verschwindend klein werden (vgl. a. Drainage).


Literatur: [1] Lueger, Wasserversorgung, Abt. 1, Darmstadt 1895. – [2] Ders., Abt. 2, Leipzig 1908.

Lueger.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
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Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8., Fig. 10.
Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8., Fig. 10.
Fig. 9.
Fig. 9.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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