Stahlgießerei, -guß, -formguß

Stahlgießerei, -guß, -formguß

Stahlgießerei, -guß, -formguß. Unter Stahlguß-, Stahlformgußstücken versteht man Gußstücke, die aus Flußeisen bezw. Flußstahl bestehen. Bisweilen bezeichnet man auch als Stahlguß aus Roheisen, das im Kupolofen oder in Tiegeln mit einem Zusatz von schmiedbarem Eisen geschmolzen wurde, hergestellte Gußstücke, die durch nachherige Behandlung im Temperofen (s. Tempern) eine dem Stahlformguß ähnliche Eigenschaft erlangen sollen.

Infolge der besseren Materialeigenschaften des Flußeisens bezw. Flußstahles eignet sich Stahlguß besonders für solche Fälle, in denen hohe Anforderungen an die Gußstücke gestellt werden oder die bei Verwendung von grauem Roheisen (Gußeisen) zu große Wandstärken erhalten müßten bezw. zu schwer oder (bei Herstellung aus Schmiede- bezw. Walzblöcken) zu teuer würden. Die chemische Zusammensetzung der Stahlgußstücke besonders hinsichtlich des Kohlenstoffgehalts ist je nach den Anforderungen, welche an die Gußstücke gestellt werden, eine wechselnde. Die Fertigkeit liegt zwischen den Grenzen von 3500–7000 kg/qcm.

Die Stahlgießerei unterscheidet sich von der Eisengießerei (s.d.) besonders durch die Einrichtungen zum Schmelzen des Flußeisens bezw. Flußstahls und durch das Formmaterial für die Gußformen. Für das Schmelzen des Flußeisens verwendet man 1. sauer oder basisch zugestellte Siemens-Martinöfen (s. Flußeisen); 2. Kleinkonverter von 1–3 t Fassung (s. Flußeisen, Bd. 4, S. 112); 3. Tiegelöfen (s. Tiegelstahl), neuerdings auch 4. elektrische Schmelzöfen (nach Héroult, Stassano, Röchling-Rodenhauser, Girod, s. Oefen für technische Zwecke, Bd. 7, S. 645).

Als Formmaterial verwendet man feuerfeste Masse, aus einer Mischung von gemahlener Schamotte und fettem ungebranntem Ton bestehend, die Form muß in Trockenöfen scharf getrocknet (gebrannt) werden, damit sie die notwendige Porosität erhält; kleinere Stücke lassen sich auch in Sandformen gießen. Infolge des großen Schwindungskoeffizienten sind starke verlorene Köpfe (s. Eisengießerei, Bd. 3, S. 363) zwecks Erzielung dichter Gußstücke anzuordnen.

Zur Beseitigung der inneren Spannungen der Stahlgußstücke und zur Verbesserung der Festigkeitseigenschaften infolge molekularer Veränderungen sollten die Stahlgußstücke sorgfältig und bei genügend hoher Temperatur in Glühöfen ausgeglüht werden.


Literatur: [1] Ledebur, A., Handbuch der Eisen- und Stahlgießerei, 3. Aufl., Leipzig 1901. – [2] Breslauer, E., Die Herstellung von Gußstahl in Masseformen, Berlin 1892. – [3] »Stahl und Eisen« 1904, S. 650, 717, 776, 836, 892 (Stahlformguß und Stahlformgußtechnik). – [4] Ebend. 1904, S. 958; 1905, S. 353 (Die Formmaterialien für Stahlguß). – [5] Ebend. 1905, S. 34 (Gußfehler an Stahlgußstücken und ihre Vermeidung); 1905, S. 715, 779. – [6] Ebend. 1904, S. 347 (Herstellung von Stahlguß in kleinen Martinöfen und seine Gestehungskosten). – [7] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1904, S. 1117 (Herstellung des Stahlformgusses mittels der Kleinbessemerbirne). – [8] Ebend. 1900, S. 144 (Kleinbessemerei für Stahlformguß und Temperguß), »Stahl und Eisen« 1908, S. 654, 1166 (Stahlformguß aus dem elektrischen Ofen).

A. Widmaier.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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