Schwebebahnen [1]

Schwebebahnen [1]

Schwebebahnen. Dieses außergewöhnliche System, welches sich sowohl für Schnellbahnen, Bergbahnen als auch für Feldbahnen eignet, soll vornehmlich bei Hochbahnen, die in städtischen Straßen der Personenbeförderung dienen, Verwendung finden; dasselbe wurde von Eugen Langen in Cöln a. Rh. erdacht, wobei das Hängeprinzip, bei welchem die Seitenkräfte in sehr günstiger Weise aufgenommen werden, zugrunde gelegt ist. Dieses Bahnsystem besitzt auch viele Aehnlichkeit mit den Seilbahnen (s.d.) in gewerblichen Betrieben, ebenso mit den Lartigueschen Einschienenbahnen (s. S. 407), Hängebahnen und Hochbahnen [1] und dem Enosschen System [2], entspricht aber am meisten der elektrischen Stadtbahn St. Paul (Minnesota) in Nordamerika.

Die Schwebebahn läßt sich ein- oder zweischienig, letztere in verschiedenen Spurweiten, herstellen. Bei der zweischienigen Anordnung (Fig. 1) besteht die Schwebebahn am besten aus einem nach unten offenen kastenförmigen Gitterbalken, der von einer Stützenreihe getragen wird; die Stützen mit kastenförmigem Querschnitte von 50–75 cm Seitenlänge, an deren Kopf Konsolen ausgekragt sind, stehen in Entfernungen von 25–30 m. Die Schienen sind auf den[838] unteren inneren Gurtungen der Seitenwände des Kastenträgers beteiligt. An den Achsen der auf diesen Schienen laufenden Räder sind gelenkige Drehgestelle aufgehängt, unter welchen der Wagen in Federn hängt. In beiden Drehgestellen (Fig. 2) liegt zwischen den Laufachsen je ein elektrischer Motor, dessen Bewegung durch Zahnräder auf die Laufachsen übertragen wird. Die Zuleitung des elektrischen Stromes erfolgt durch ein kleines Kontaktrad oder eine Bürste und eine Kupfer- oder Eisenleitung, die innerhalb des Trägers angebracht und hierdurch gegen Berührung mit etwa herabfallenden Telegraphen- oder Telephondrähten sehr wirksam geschützt ist. Die Rückleitung des Stromes erfolgt durch die Schienen und Träger [3]. Von dem Kontaktrad wird der elektrische Strom zunächst zu dem im Wagen befindlichen Schaltapparat geleitet, von dem aus die Geschwindigkeit und Fahrtrichtung reguliert wird. Außer der elektrischen Bremse ist an jedem Drehgestelle noch eine Handbremse angebracht, so daß jeder Wagen mit vier voneinander unabhängigen Bremsen versehen ist. Bei der einschienigen Grundform ist die Schiene selbst trägerartig ausgebildet und wird seitlich von der Stütze gefaßt. Die Hängeorgane sind hier zu Bügeln erweitert, welche die Laufräder, die auf jeder Seite einen Spurkranz haben, von oben umfassen und beiderseits die Lagerstellen der Achsen tragen. Beide Grundformen der Bahn, sowohl die ein- als zweischienige, lassen sich ein- und zweigleisig ausführen und ermöglichen die mannigfaltigste Ausgestaltung hinsichtlich der Anordnung der Gleise, Anbringung der Stützen u.s.w. Die zweischienige Grundform eignet sich besonders für Bahnanlagen in Städten, die einschienigen aber hauptsächlich für den Fernverkehr sogenannter Schnellbahnen. Für eine zweigleisige Bahn sind rund 1–1,1 t Eisen pro Meter Bahnlänge erforderlich, und werden die Kosten des Unterbaues mit 250000–300000 ℳ. pro Kilometer veranschlagt.

Der Betrieb kann ganz unabhängig vom Straßenverkehr entweder mit Einzelwagen für 40–50 Personen oder mit Zügen, aus Wagen bestehend, für 100–150 Personen mit einer Fahrgeschwindigkeit von 30–40 km pro Stunde und bei Befahrung von sehr scharfen Bahnkrümmungen ganz unbedenklich geführt werden [4].

Die praktische Durchführbarkeit der Langenschen Schwebebahn wurde bereits 1894 durch eine im Fabrikhofe der Eisenbahnwagen- und Maschinenfabrik van der Zypen & Charlier in Deutz errichtete zweischienige Versuchsstrecke erprobt. Auch ist daselbst das einschienige Schwebebahnsystem leichtester Ausführung (Feldbahn) durch Herstellung einer Probestrecke praktisch versucht worden. Die projektierten Schwebebahnnetze für den Schnellverkehr Berlin [5] und Hamburg [6] kamen nicht zur Ausführung; dagegen wurde die 13,3 km lange, elektrisch betriebene, einschienige Schwebebahn von Elberfeld-Sonnborn nach Barmen-Rittenhausen im Wuppertale im Frühling 1901 und 1903 dem öffentlichen Verkehr übergeben, die Züge verkehren mit 40 km pro Stunde, und es können nach jeder Richtung 6000 Personen pro Stunde befördert werden (Fig. 47). Der Bau der Bahn kostete rund 13 000000 ℳ. [7]. Die erste Bergschwebebahn der Welt, auf die Loschwitz-Rochwitzerhöhe bei Dresden [8] wurde am 6. Mai 1901 feierlich eröffnet.

[839] Zu erwähnen ist auch noch das Projekt einer Schwebebahn auf das Wetterhorn in der Schweiz.

E. Dietrich hat ein neues Hochbahnsystem einer Hängebahn für Berlin vorgeschlagen, bei welchem die Wagen nicht frei schweben, sondern durch untere seitliche Laufräder geführt werden. Diese Konstruktion besteht aus einem als räumliches Fachwerk ausgebildeten Träger, der von Einzelstützen getragen wird (s. Fig. 3). Auf Querkonstruktionen ruhen rechts und links die Gleise, in deren Mitte ein leichter Revisionssteg vorgesehen ist, der eine Kontrolle der Gleise auch während des Betriebes ermöglicht. Als Triebkraft ist Seilzug, Dampf oder elektrische Kraft in Aussicht genommen. Als besonderer Vorzug dieses Systems wird hervorgehoben, daß die Durchleitung dem Schnell verkehre dienender Hochbahnen auch in schmäleren Straßen stattfinden kann, ferner daß bei zweigleisigen Anlagen eine einzige Reihe von Stützträgern genügt, was die Ausführung verbilligt und den Verkehr begünstigt [9]. – Erwähnenswert sind noch besondere Arten von Schwebebahnen, wie die elektrische Schwebebahn Bauart Romanow und ihre Verwendung für Kriegszwecke, deren wesentlicher Unterschied von der Langenschen im Baue der Fahrbetriebsmittel von geringem Gewicht liegt, an deren Rädern zur Erzielung leichten Ganges die Flanschen weggelassen werden und durch eine besondere Anordnung der Spielraum für die Seitenschwankungen eng begrenzt wird, ferner die Hänge(Schwebe-) bahn System Thal & Weiß, bei der die aufgehängten Güterund Personenwagen von geringem Gewichte an den Rädern beteiligt sind, welche das Drehgestellsystem bilden, dann die Schwebebahnen für Feld- und Bergbahnbetrieb, wobei das Tragwerk aus zweibeinigen Jochen aus Eisenrohren oder Rundholz gebildet ist, an die der Schienenträger gelenkartig angehängt ist, endlich auch die sogenannten Telpher-Bahnen, die in diese Kategorie mit eingereiht werden können, deren verhältnismäßig niedrige Anlagekosten eine vielseitige und allgemeine Verwendung sichern [10].


Literatur: [1] Ziffer, R., Das System Lartigue, Zeitschr. für Transportwesen und Straßenbau 1891, Nr. 13–15; Heber Schwebebahnen, Zeitschr. für Kleinbahnen 1901. – [2] Elektrische Hochbahn, System Enos, Wochenschr. des österr. Ingen.- und Arch.-Vereins 1890, Nr. 45. – [3] Die Langensche Schwebebahn, Glasers Annalen 1895, Bd. 36, Heft 1; Die elektrische Schwebebahn, System Langen, Mitteil, des Vereins für die Förderung des Lokal- und Straßenbahnwesens 1895, Heft 3. – [4] Versuchsstrecke in Deutz, Oesterr. Eisenbahnztg. 1894, Nr. 31; Die Langensche Schwebebahn, Ztg. des Vereins deutscher Eisenbahnverwalt. 1894, Nr. 7; Zeitschr. für Transportwesen und Straßenbau 1894, Nr. 5 und 29; Einschienige Schwebebahn System Langen als Stadt- und Schnellverkehrsmittel, Zeitschr. des Oesterr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1903; Der Schnellverkehr und die Schwebebahnen, Mitteil, des Vereins für die Förderung des Lokal- und Straßenbahnwesens 1901. – [5] Elektrische Schwebebahn in Berlin, Zeitschr. für Kleinbahnen 1894, Heft 9; Neue Hochbahnentwürfe für Berlin, Deutsche Bauztg. 1895, Nr. 11, 12 und 14; Entwurf einer Schwebebahn über die Berliner Stadtbahn, Mitteil, des Vereins für die Förderung des Lokal- und Straßenbahnwesens 1901; Entwurf einer Schwebebahn für Berlin, Zentralbl. der Bauverwalt. 1903 und Glasers Annalen 1903. – [6] Schwebebahnentwürfe für Hamburg, Deutsche Bauztg. 1895, Nr. 19 und 47:[840] Hamburger Schwebebahnprojekt der Kontinentalen Gesellschaft für elektrische Unternehmungen; Illustrierte Zeitschr. für Klein- und Straßenbahnen 1903; Berdon, Die einschienige Schwebebahn als Stadt- und Schnellverkehrsmittel, Ztg. des Vereins deutscher Eisenbahnverwalt. 1902; Entwurf einer Schwebebahn in Hamburg, Zentralbl. der Bauverwalt. 1903. – [7] Glasers Annalen 1895, Bd. 36, Heft 2; Schwebebahn Barmen–Elberfeld–Vohwinkel, Elektrotechn. Zeitschr. 1901, Heft 26, Glasers Annalen 1902; Einschienige Schwebebahn Barmen–Elberfeld–Vohwinkel, Zentralbl. der Bauverwalt. 1900 und 1901; Gutachten über die Langensche Schwebebahn Barmen–Elberfeld–Vohwinkel von Köpcke, Göring und v. Borries, Zeitschr. für Kleinbahnen 1902; Die elektrisch betriebene einschienige Schwebebahn Barmen–Elberfeld–Vohwinkel im Wuppertale, Mitteil, des Vereins für die Förderung der Lokal- und Straßenbahnen 1900, 1902, 1903; Ausführung und Betrieb der Schwebebahn Elberfeld–Vohwinkel, Zentralbl. der Bauverwalt. 1902. – [8] Die projektierte Schwebebahn von Loschwitz nach dem Plateau der schönen Aussicht, Schmalspurbahn 1897, Nr. 5; Die Bergschwebebahn bei Loschwitz, Ztg. des Vereins deutscher Eisenbahnverwalt. 1901, Nr. 6 und 37; Un chemin de fer monorail de montagne à Loschwitz, La revue technique 1901, Nr. 17; Mitteil, des Vereins für die Förderung des Lokal- und Straßenbahnwesens 1902. – [9] Zur Kritik der Schwebebahn, Deutsche Bauztg. 1895, Nr. 34, 36, 38, 40, 42, 48, 49 und 88; Glasers Annalen 1895, Bd. 36, Nr. 7 und 9; Ein neues Hochbahnsystem (Hängebahn) mit unteren seitlichen Führungsrädern von Dietrich, Mitteilungen des Vereins für die Förderung des Lokal- und Straßenbahnwesens 1895, Heft 5. – [10] Le chemin de fer électrique suspendu, La revue technique 1891, Nr. 6; Das Eisenbahnwesen, St. Petersburg 1900, Nr. 38; Telpherbahnen, Mitteil, des Vereins für die Förderung des Lokal- und Straßenbahnwesens 1902, Eine neuartige elektrische Hänge(Schwebe-) bahn, ebend. 1902.

Ziffer.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4–6.
Fig. 4–6.
Fig. 7.
Fig. 7.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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