Normalsand

Normalsand

Normalsand nennt man in der Versuchstechnik denjenigen Sand, der bei Abnahmeuntersuchungen nach Maßgabe der »Normen zur einheitlichen Lieferung und Prüfung von Portlandzement« (s. Normenproben) zur Herstellung der Mörtelproben behufs' Prüfung hydraulischer Bindemittel auf ihre Festigkeitseigenschaften zu verwenden ist.

Die Festsetzung eines einheitlichen Sandes war erforderlich, weil die chemische Beschaffenheit des Sandes sowie die Größe und Oberflächenbeschaffenheit der einzelnen Sandkörner von mehr oder weniger erheblichem Einfluß sind auf die Festigkeitseigenschaften, welche die mit dem Sande bereiteten Mörtel beim Erhärten annehmen [1]–[8]. In der Hauptsache äußert sich dieser Einfluß dahin, daß Verunreinigungen im Sande (besonders lehmige Bestandteile) die Fertigkeit des Mörtels vermindern, daß scharfe Sande größere Mörtelfestigkeiten liefern als solche mit glatten Körnern und daß hinsichtlich der Korngröße die höchsten Mörtelfestigkeiten erzielt werden, wenn der Sand aus einem derartigen Gemisch von fein- und grobkörnigem Material besteht, bei dem die zwischen den enggelagerten groben Körnern verbleibenden Hohlräume durch das feinkörnige Material möglichst ausgefüllt werden. Für die chemische Beschaffenheit des Normalsandes schreiben die Normen aller Länder möglichst reinen Quarzsand vor. In den meisten Ländern wird derselbe dadurch gewonnen, daß man möglichst reinen, in der Natur vorkommenden Quarzsand wäscht, trocknet und auf bestimmte Korngrößen absiebt [7], [9]–[14]. Als Gewinnungsort für den deutschen Normalsand dient seit 1896 [4] die Sandgrube Hammerthal bei Freienwalde a. O. und als Bezugsquelle das chemische Laboratorium für Tonindustrie in Berlin und das Laboratorium des Vereins deutscher Portlandzementfabrikanten in Karlshorst. Der Sand ist eine tertiäre Ablagerung von reinem Quarzsand der Braunkohlenformation. Der österreichische Normalsand entflammt dem sogenannten Sandberge bei Lemberg; der schweizerische ist ein quarziges Aaregeschiebe mit wechselnden Mengen fremder Stoffe, besonders von Kalksteinkörnern; der norwegische ist Drammen-(Fluß-) Sand, der zweimal, d.h. vor und nach dem Waschen mit Süßwasser, abgesiebt wird. In Frankreich und Amerika wird der Normalsand durch Zerstampfen von Quarziten gewonnen, die aus den Steinbrüchen von Roule bei Cherbourg bezw. aus Massachusetts stammen.

Die richtige Korngröße des Normalsandes wird nach den deutschen Normen dadurch erzielt, daß man den gewaschenen trockenen Sand zunächst zur Ausscheidung der gröbsten Teile durch ein Sieb von 60 Maschen auf den Quadratzentimeter schickt und dann mittels eines Siebes von 120 Maschen auf den Quadratzentimeter noch die feinsten Teile entfernt. Die Drahtstärken der Siebe sollen hierbei 0,38 mm für das gröbere und 0,32 mm für das feinere betragen. Das gleiche Verfahren schreiben die österreichischen, französischen, schweizerischen und englischen Normen vor; indessen sollen die beiden Siebe 64 und 144 Maschen auf den Quadratzentimeter bei 0,40 und 0,30 mm Drahtstärke haben. Nach den russischen Normen [13] [14] sind drei Siebe mit 64, 144 und 225 Maschen auf den Quadratzentimeter bei 0,4, 0,3 und 0,2 mm Drahtstärke und nach den in Norwegen bestehenden Bestimmungen drei Siebe von 76, 124 und 265 Maschen auf den Quadratzentimeter anzuwenden. Mit Hilfe des ersteren der drei Siebe sind die gröbsten Teile und mittels des letzteren ist das Staubfeine zunächst zu entfernen. Dann sind die Rückstände, die auf den 144 und 225 Maschensieben bezw. auf den 124 und 265 Maschensieben verbleiben, zur Erzeugung des Normalsandes zu gleichen Gewichtsteilen miteinander zu vermischen. Die Konferenzen zur Vereinbarung einheitlicher Prüfungsverfahren haben das russische Verfahren zur allgemeinen Annahme empfohlen [15], [16]. In Frankreich sind neben dem vorgenannten Normalsand zwei Sande verschiedener Korngröße in Gebrauch, die aus natürlichem Gerölle abgesiebt werden, das durch die Flüsse von Roussillon aus den Pyrenäen dem Meere zugeführt wird. Gewinnungsort ist das Kap Leucate. Der Sand wird stets derselben Stelle entnommen, an der Luft getrocknet und dann auf Sieben aus gelochten Blechen abgesiebt. Die Lochweiten betragen bei dem einen Sande 1,5 mm zur Entfernung der groben und 1,0 mm zur Entfernung der seinen Bestandteile. Der zweite Sand wird aus drei Korngrößen zu gleichen Gewichtsteilen zusammengesetzt, die erhalten werden durch Absieben auf gelochten Blechen mit 2,0 und 1,5, 1,5 und 1,0 bezw. 1,0 und 0,5 mm Lochweite [7].

Ueber vergleichende Versuche mit den verschiedenen Normalsanden berichtet Gary [7]. Hiernach sind alle frei von Schwefelsäure; die Menge der abschlämmbaren Bestandteile ist durchweg gering, sie beträgt im Höchstfall 0,14% beim französischen Sand (Cherbourg). Nennenswerte Mengen in Salzsäure löslicher Bestandteile, vornehmlich Kalk, enthält der schweizerische [675] Sand (16,54%) und der französische von Leucate (2,82%). Das spezifische Gewicht aller Sande schwankt zwischen 2,660 und 2,635, das Litergewicht zwischen 1,495 (England) und 1,259 (Amerika), lose eingelaufen, und zwischen 1,782 (England) und 1,539 (Amerika), fest eingerüttelt; am leichtesten sind die gebrochenen scharfkantigen Sande. Vergleichende Festigkeitsversuche mit demselben Zement und bei Anfertigung der Proben nach den preußischen Normen ergaben:

1. Die Raumgewichte der Probekörper gehen parallel mit den Litergewichten der Sande.

2. Nach wachsender Zugfestigkeit und nach wachsender Druckfestigkeit der Mörtel eingeordnet, ergeben sich erheblich voneinander abweichende Reihenfolgen für die verschiedenen Sande. Besonders die scharfkantigen Sande lieferten Mörtel mit geringer Druckfestigkeit bei hoher Zugfestigkeit. Dementsprechend ist

3. das Verhältnis Druckfestigkeit: Zugfestigkeit auffallend klein bei den scharfkantigen Sanden. Im übrigen schwankt es bei dem Mörtel aus 1 Zement + 3 Sand zwischen 5 und 10 und bei dem Mörtel 1 : 5 zwischen 3,6 und 8.

4. Die unter 2. genannte Erscheinung tritt bei größerem Sandzusatz weniger zutage als bei fetterem Mörtel.

5. Die gemischtkörnigen Sande (drei Siebe) lieferten besonders geringe Mörtelfestigkeiten bei Zug sowohl wie bei Druck.

6. Im Vergleich der Sande miteinander ergeben sich folgende Verhältniszahlen für die Zug- und Druckfestigkeiten, die zunächst nur für den verwendeten Zement gelten und nicht; ohne weiteres verallgemeinert werden können:


Normalsand

Literatur: [1] Protokoll der Verhandlungen des Vereins deutscher Zementfabrikanten 1880, S. 28, und 1888, S. 23. – [2] Böhme, Beziehungen zwischen den Ergebnissen von zwölf deutschen, nach den preußischen und russischen Normen untersuchten Zementen, 1882. – [3] Ders., Ueber den Einfluß der verschiedenen Korngrößen eines zu Zementnormenproben benutzten Sandes auf die Bindefähigkeit der Mörtel, Tonindustrieztg. 1883, Nr. 20. – [4] Mitteilungen aus den Kgl. Techn. Versuchsanstalten zu Berlin 1896, S. 103. – [5] Ebend., 1903, S. 2 u. 171. – [6] Ebend. 1898, S. 33. – [7] Ebend. 1898, S. 121. – [8] Protokoll der Verhandlungen des Vereins deutscher Portlandzementfabrikanten 1897, S. 49. – [9] Mitteilungen aus den Kgl. Techn. Versuchsanstalten zu Berlin 1895, S. 15. – [10] Bestimmungen für die einheitliche Lieferung und Prüfung von Portlandzement, Selbstverlag des Oesterr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1889. – [11] Beton-Kalender 1907, S. 164. – [12] Tonindustrieztg. 1895, S. 667. – [13] Rigasche Industrieztg. 1891, S. 237. – [14] Mitteilungen aus dem mechanisch-technischen Laboratorium der Kgl. Techn. Hochschule zu München, Heft 14, S. 128. – [15] Ebend., S. 128. – [16] Beschlüsse der Konferenzen 1887, S. 43.

Rudeloff.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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