Markscheidekunde

Markscheidekunde

Markscheidekunde oder Markscheidekunst ([1]–[12]) umfaßt die für den Bergbau auszuführenden Messungen und deren Verarbeitung; sie bildet die Grundlage für den geordneten Grubenbau.

Die Ausmessung und Darstellung der Grubenbaue, ursprünglich in erster Linie zur Verhütung von Ueberschreitungen der Markscheide dienend, der durch sogenannte Lochsteine oberirdisch vermarkten Grenzen des Grubenfeldes, galt lange als Kunst, deren nur besonders geschickte Bergleute fähig wären und die vielfach als Geheimnis gehalten wurde. Ein besonderer Zweig der Markscheidekunst war die Aufsuchung nutzbarer Mineralien mit der Wünschelrute, doch wurde diese Methode schon im späteren Mittelalter so stark angezweifelt, daß ernsthafte Bergleute sich der Wünschelrute bald nicht mehr bedienten [9].

Der Markscheider hat über Tage die gleichen Messungen auszuführen wie der Vermessungsingenieur; dazu kommen die Grubenmessungen im engeren Sinne und die Verbindungsmessungen für ober- und unterirdische Aufnahmen. Er benutzt die gewöhnlichen geodätischen InstrumenteMeßband, Kompaß, Theodolit, Nivellierinstrument –, aber mit den für die Grubenverhältnisse nötigen Abänderungen (s. Grubeninstrumente), ferner besondere Apparate (s. Schachtlotung, Orientierungsmessung, Anschlußmessungen). – Der Markscheider ist gewöhnlich auch der Grubengeologe, er hat die Lagerungsverhältnisse zu untersuchen, darzustellen und sie in Zusammenhang zueinander zu bringen. Hieran reihen sich die Projektionsarbeiten. Wichtig für den Markscheider sind Arbeiten aus der praktischen Geophysik: erdmagnetische Arbeiten zur Aufsuchung magnetischer Erzlagerstätten [13], auch Magnetorientierungen; Feststellung des Verlaufs des Grundwassers; Bestimmung der Abweichung der Bohrlöcher von der Richtung, die sie haben sollen (s. Stratameter); Untersuchung über Fettigkeit und Elastizität der Gesteins- und Erdmassen; Nachweise von Erdbodenverschiebungen nach Herkunft und Größe; seismische Arbeiten [14].

In kurzer Zusammenfassung hat man als Arbeiten des Markscheiders zu bezeichnen [15]: Herstellung und Nachtragung der Grubenbilder, Herstellung der Berechtsamsrisse und Ermittlung der Berechtsamsgrenzen; Kartierung der bergbaulichen Aufschlüsse und Identifizierung der Lagerstätten; die markscheiderischen Angaben für Gegenortsbetriebe in Strecken und Schächten; die geometrischen Vorarbeiten für Zechenanschlußbahnen, Förderbahnen, Straßenbau, Wasserleitungen; die Berechnung bewegter Erdmassen in Tagebauen und andern Erdbauten; die Aufstellung von Vorschlägen für Schürfarbeiten einschließlich Tiefbohrungen, für Aufschluß und Ausrichtung der Lagerstätten; die Berechnung der Mineralmengen in betriebenen und die Schätzung derselben in noch nicht betriebenen Bergwerken; die Herstellung von Wetterriffen; die Feststellung, Kartierung und Verwaltung des Grundbesitzes der Bergwerke; die Ausarbeitung von Bebauungsplänen; magnetische und seismische Arbeiten; Feststellung von Bodenverschiebungen und von Wasserentziehungen; Regelung von Bergschäden.


Literatur: [1] Uhlich, Lehrbuch der Markscheidekunde, Freiberg 1901. – [2] Brathuhn, Lehrbuch der Markscheidekunst, 3. Aufl., Leipzig 1902. – [3] Bauernfeind, Elem. d. Vermessungskunde, Bd. 2, 5. Abschn., Die Grubenmessungen von M. Schmidt, 7. Aufl., Stuttgart 1890. – [4] Brough, Mine Surveying, 12. Aufl., London 1906. – [5] v. Miller-Hauenfels, Höhere Markscheidekunst, Wien 1868. – [6] Borchers, Die praktische Markscheidekunst, 2. Ausgabe, Leipzig 1882. – [7] Weisbach, Die neue Markscheidekunst, Braunschweig 1851. – [8] Hecht, Lehrbuch der Markscheidekunst, Freiberg 1829. – [9] Agricola (Georg Bauer aus Glauchau), De re metallica, libri duodecim, 1556, deutsche Ausgabe Vom Bergkwerck, Basel 1557. – [10] Löhneyß, Vom Bergkwerck, Zellerfeld 1617. – [11] Mitteilungen aus dem Markscheidervereins, Zeitschr. d. Deutsch. Markscheidervereins, Freiberg. – [12] Jahrbuch f. Berg- u. Hüttenwesen im Königreich Sachsen, Freiberg. – [13] Uhlich, Beiträge zur Aufsuchung magnetischer Erzlagerstätten, Jahrbuch f. Berg- u. Hüttenwesen in Sachsen 1902. – [14] Haußmann, Die Erdbebenstation der Technischen Hochschule in Aachen, ihre Einrichtung, ihr Zweck und ihre Bedeutung für den Bergbau, Zeitschr. Glückauf, Essen 1907; Oberschl. Berg- u. Hüttenm. Zeitschr., Kattowitz 1907. – [15] Deutscher Markscheiderverein, Denkschrift über Verbesserungen im preuß. Markscheiderwesen, Mitteil. a. d. Markscheiderwesen, Heft 9, 1907.

Haußmann.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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