Lumineszenz

Lumineszenz

Lumineszenz bezeichnet eine Gruppe von Erscheinungen des Leuchtens, die aus den allgemeinen zwischen Temperatur und Lichtemission der Körper bestehenden Gesetzen sich nicht erklären lassen.

Das Licht glühender Körper läßt für gewöhnlich aus seiner Farbe, aus der Wellenlänge der darin vertretenen Spektralfarben die Temperatur der Körper erkennen (s. Emission). Durch Wärmezufuhr, auch bloß in Form dunkler, strahlender Wärme, wird die Temperatur der Körper gesteigert, so daß sie im Glühzustande Strahlen kleinerer Wellenlänge und größerer Brechbarkeit aussenden, als sie absorbiert haben. Diesen Vorgang der Umwandlung von Strahlung langer in Strahlung kurzer Wellenlänge nennt man auch Calceszenz, zum Unterschied von der umgekehrten Erscheinung, die in manchen Fällen auftritt, der Lumineszenz, bei der die Körper eine Umwandlung, sei es von chemischer oder elektrischer Energie, sei es von Strahlen kleiner in Lichtstrahlen größerer Wellenlänge, bewirken und oft weit unter Glühtemperatur Strahlen des sichtbaren und des ultravioletten Spektrums aussenden, die für gewöhnlich eine höhere Temperatur kennzeichnen. Dem Verhalten des Phosphors entsprechend, der an der Luft unter Bildung von phosphoriger Säure im Dunkeln leuchtet, nennt man alle Erscheinungen des kalten Leuchtens im Dunkeln Phosphoreszenz und die Körper, die Träger dieser Erscheinung sind, Phosphore, früher auch Lichtsauger, weil man sich vorstellte, die Körper haben das im Dunkeln ausgestrahlte Licht zuvor bei Tage eingesaugt. Dem Verhalten mancher Flußspate entsprechend, im reflektierten Tageslicht in einer von der des durchgehenden Lichtes verschiedenen Farbe der Oberflächenschichten zu strahlen, heißen ähnliche Erscheinungen eigner Lichtentwicklung bestrahlter Körper Fluoreszenz. Nach dem Vorschlage von E. Wiedemann [1] faßt man beiderlei Erscheinungen, die Phosphoreszenz und die Fluoreszenz (in manchen Fällen ist die Wahl der Bezeichnung zweifelhaft), unter dem Namen Lumineszenz zusammen[265] und unterscheidet je nach der Ursache, welche die Körper zur Lumineszenz erregt, Photo-, Elektro-, Kathodo-, Chemi-, Thermo-, Tribo-, Kristallolumineszenz, je nachdem Belichtung, elektrische Entladungen, Kathodenstrahlen, chemische Umsetzungen, Erwärmung, Reibung, Kristallisation die erregende Ursache bilden. Die Bezeichnungen Phosphoreszenz und Fluoreszenz bilden dann im engeren Sinn die Unterabteilungen der Photolumineszenz, je nachdem die Erscheinung nachdauert oder zugleich mit der Bestrahlung aufhört. Chemilumineszenz zeigen außer dem Phosphor auch andre in rascher Oxydation befindliche Stoffe, wie faulendes Holz, Fleisch, deren Phosphoreszenz durch leuchtende Bakterien veranlaßt wird. Das Licht, der Leuchtwürmer und Leuchtkäfer, das durch einen Bazillus verursachte Meerleuchten, das Leuchten mancher Spaltpilze, mancher Pilze, wie des Agaricus olearius, mancher Tiefseeorganismen ist ebenso zur Chemilumineszenz oder freiwilligen Lumineszenz zu rechnen, wie das Phosphoreszieren ätherischer Oele (Terpentinöl), mancher Fettkörper, einiger Alkohole bei alkalischer Reaktion unter Einwirkung von Ozon. Photolumineszenz als Phosphoreszenz ist längst bei einigen nach der Bestrahlung durch Sonnenlicht im Dunkeln nachleuchtenden Mineralien bekannt, wie bei dem Schwerspat, manchen Alabastern, bei Kalkspat, Arragonit, Kreide, Strontianit, Witherit, manchen Flußspaten, unter denen der Chlorophan von Nertschinsk am berühmtesten ist, der noch zehn Tage lang nachleuchtet. Auch Stoffe wie Leim, Gummi, Papier, kannte man als phosphoreszierend. Beim Erwärmen tritt die Phosphoreszenz verstärkt hervor, um dafür in der Dauer abgekürzt zu werden. Besonders schön aber zeigen künstliche Präparate die Eigenschaft der Phosphoreszenz. Es sind hauptsächlich die Sulfide der alkalischen Erden unter Zusatz kleinster Quantitäten von Metalloxyden, wie Magnesia, Kupfer-, Mangan-, Wismut-, Uranoxyd, die je nach ihrer Zusammensetzung und Behandlung beim Glühen verschiedenfarbige Leuchtsteine liefern. Cantons Leuchtstein wurde durch Glühen von Austernschalenpulver mit Schwefel hergestellt, der Bononische oder Bologneser Leuchtstein aus dem Schwerspat von Monte Paterno bei Bologna, der beim Glühen mit dem beigemischten Tragantgummi eine Kohlereduktion erfährt, Osans Leuchtstein durch Glühen von Austernschalen mit Realgar (Schwefelarsen); Seelenhorsts Leuchtsteine sind Strontiumverbindungen verschiedener Phosphoreszenzfarben, die Balmainschen Leuchtfarben Calciumverbindungen. Diese letzteren luftbeständigeren Präparate enthalten ein Gemisch von Sulfat und Sulfid mit einem klebenden Bindemittel und werden zu Oel- und Lackfarben verarbeitet, um die damit bestrichenen Geräte im Dunkeln leuchtend zu machen. Bei der Herstellung der Leuchtfarben spielen Temperatur und Dauer des Erhitzens eine wichtige Rolle; Schwefelstrontium, unter 500° geglüht, gibt gelbes, über 500° violettes Licht, Calciumsulfid erfordert eine eineinhalbstündige Erhitzung auf etwa 900°, Bariumsulfid noch höhere Temperatur. Auch je nach der Temperatur, bei der die Belichtung erfolgt, ist die nachfolgende Phosphoreszenzfarbe verschieden. Näheres über Phosphore s. bei [2], [3], [4]. Die Dauer der Phosphoreszenz ist bei vielen Körpern so kurz, daß sie nur durch besondere Hilfsmittel erkannt werden kann. Becquerels Phosphoroskop gestattet mittels rotierender Scheiben mit Ausschnitten diese Dauer bis auf 0,0002 Sekunden herab zu erkennen und die Erscheinung bei einer großen Zahl von Körpern nachzuweisen. Wird die Dauer unmeßbar klein, so haben wir die Erscheinung der Fluoreszenz. Beiderlei Erscheinungen gemeinsam ist ein Gesetz, die Stokessche Regel, die sich aus der spektralanalytischen Prüfung des Lumineszenzlichtes ergibt: Die erregten Strahlen haben eine größere Wellenlänge als die erregenden. Dieser Regel entsprechend können rote und infrarote Strahlen keine Photolumineszenz bewirken und sind die violetten und ultravioletten die wirksamsten Erreger. Damit hängt die kräftige Lumineszenzwirkung zusammen, welche die Röntgenstrahlen (s.d.) und die Strahlen des sogenannten schwarzen Lichtes von Le Bon bewirken, in welchen man ultraviolette Strahlen sehr kleiner Wellenlänge erkannt hat (vgl. [5]). Eine Ausnahme erleidet die Stokessche Regel [6] bei lichtabsorbierenden Substanzen im Gebiete starker Absorptionsstreifen des Spektrums. Die bekanntesten fluoreszierenden Substanzen sind außer dem schon genannten Flußspat: Schwefelsaures Chinin, Uranglas, salpetersaures Uranoxyd, Fluoreszein, Eosin, Resorcinrot, Resorcinblau, Naphthalinrot, Chlorophyllösung, Kurkumafarbstoff, blauer Lackmusfarbstoff, Anthracen, Malzzucker, Wasser, in das frische Roßkastanienrinde gelegt war, Erdöl, besonders aber die verschiedenen Platincyanmetalle, teils in Kristallen, teils in Lösung, von denen das Baryumplatincyanür sich zur Erkennung der j Röntgenstrahlen empfiehlt und das prachtvolle Magnesiumplatincyanür sich nebendem durch den Dichroismus seiner Kristalle auszeichnet [7]. Ueber Thermolumineszenz und deren Beziehung zu einer von E. Wiedemann entdeckten Strahlung elektrischer Entladungen vgl. [8], über Kathodolumineszenz und Elektrolumineszenz [5] und [9] und die Art. Geißlersche Röhren, Hittorfsche Röhren, Röntgenstrahlen.


Literatur: [1] Wiedemann, E., Wied. Ann. 1888, 34, S. 446. – [2] Becquerel, Ed., La lumière, sa cause et ses effets, Paris 1867. – [3] Sagan, Corty und Pfeisfer in Dingl. Polyt. Journ. 1879, S. 303. – [4] Winkelmann, A., in dessen Handb. der Physik, 2. Aufl., Leipzig 1906, VI, 2. Heft, S. 784 ff., woselbst auch weitere Literaturangaben. – [5] Guillaume, Ch. E., Les rayons X, Paris 1896, S. 128 und 68. – [6] Stenger, Wied. Ann. 1886, 28, S. 215. – [7] Lommel, ebend. 1879, 8, S. 634. – [8] Hofmann, M.W., ebend. 1897, 60, S. 269. – [9] Wiedemann, E., in Zeitschr. für Elektrochemie 1895, 8, S. 159.

Aug. Schmidt.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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