Arbeitsämter

Arbeitsämter

Arbeitsämter, 1. besondere, in der Regel staatliche Behörden, welche die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Arbeiter zu untersuchen und festzustellen, die Ergebnisse der Untersuchungen zu veröffentlichen und auf Grund derselben die Staatsgewalt, namentlich durch Gutachten und Vorschläge, bei sozialpolitischen Maßnahmen zu unterstützen haben. Der Begriff des Arbeitsamts wird übrigens in Theorie und Praxis bald weiter, bald enger gefaßt. Sonstige hier in Betracht kommende Bezeichnungen: Arbeitsstatistische Aemter und Bureaus, Zentralstellen für Arbeiterangelegenheiten; 2. Bezeichnung für die Arbeitsnachweisstellen (s. Arbeitsnachweis); 3. Internationales Arbeitsamt, Organ der internationalen Vereinigung für gesetzlichen Arbeiterschutz (s.d).

Arbeitsstatistische Bureaus wurden zuerst – und zwar schon im Jahre 1869 – in den Vereinigten Staaten von Nordamerika errichtet. Neben die einzelstaatlichen Bureaus trat später ein selbständiges Arbeitsbureau der Union (1888 ein besonderes Department of labor) in Washington. Auch in den meisten andern größeren europäischen Staaten wurden besondere staatliche Organe für die Arbeiterstatistik geschaffen, so in Belgien, England, Frankreich, Oesterreich. Die Aufgabe der in diesen Staaten errichteten Aemter geht zum Teil über den Rahmen arbeitsstatistischer Aemter hinaus. In der Schweiz wurden die Aufgaben des Arbeitsamts mit dem von der Arbeiterschaft gegründeten staatlich subventionierten Arbeitersekretariat verbunden [1]. In Deutschland wurde im Jahre 1892 die Kommission für Arbeiterstatistik errichtet »zur Mitwirkung bei den statistischen Erhebungen, die bei der Vorbereitung und Ausführung der die Verhältnisse der gewerblichen Arbeiter (Tit. VII der Gewerbeordnung) betreffenden Gesetzgebung erforderlich werden«. Die Kommission hatte die Aufgabe, »auf Anordnung des Bundesrats oder des Reichskanzlers die Vornahme statistischer Erhebungen, ihre Durchführung und Verarbeitung, sowie ihre Ergebnisse zu begutachten und dem Reichskanzler Vorschläge für die Vornahme oder Durchführung solcher Erhebungen zu unterbreiten« [2]. Im Jahre 1902 wurde durch Errichtung einer besonderen Abteilung für Arbeiterstatistik bei dem Kaiserlichen Statistischen Amt an Stelle der Kommission für Arbeiterstatistik eine neue ständige Einrichtung zur systematischen Pflege der Arbeiterstatistik geschaffen. Dieser Abteilung liegt ob [3]: 1. die Sammlung, Zusammenstellung und periodische Veröffentlichung arbeitsstatistischer Daten und sonstiger für die Arbeiterverhältnisse bedeutsamer Mitteilungen; 2. die Vornahme besonderer Untersuchungen mit Hilfe schriftlicher und mündlicher Erhebungen, sowie die Erstattung von Gutachten. Bei der Abteilung ist ein Beirat für Arbeiterstatistik gebildet, der ähnlich wie seinerzeit die Kommission für Arbeiterstatistik aus einem Vorsitzenden und 14 Mitgliedern besteht, von denen 7 der Bundesrat und 7 der Reichstag wählt. Der Beirat hat das Kaiserliche Statistische Amt bei Erfüllung der ihm auf dem Gebiete der Arbeiterstatistik zugewiesenen Aufgabe zu unterstützen. Seine Obliegenheiten sind gegenüber denen der früheren Kommission in verschiedenen Punkten erweitert. In Fällen, in denen es zur Ergänzung des statistischen Materials erforderlich erscheint, hat der Beirat Auskunftspersonen zu vernehmen,[284] auch ist er befugt, zu seinen Sitzungen Arbeitgeber und Arbeiter in gleicher Zahl als Beisitzer mit beratender Stimme zuzuziehen [4]. Seit April 1903 wird von der Abteilung für Arbeiterstatistik die allmonatlich erscheinende arbeitsstatistische Zeitschrift »Reichs-Arbeitsblatt« (Berlin, Karl Heymanns Verlag, Preis für den Jahrgang 1 ℳ.) herausgegeben. Die Errichtung eines Reichsarbeitsamts als selbständiger Behörde bezw. die Ausgestaltung der arbeiterstatistischen Abteilung des Kaiserlichen Statistischen Amts zu einer solchen wird von den Sozialpolitikern der verschiedensten Parteirichtungen im Parlament, in der Literatur und in der Presse befürwortet [5].


Literatur: [1] Schönberg, Handbuch der politischen Oekonomie, 4. Aufl., 2. Bd., 2. Halbbd., S. 63, Tübingen 1898; Ders., Artikel »Arbeitsbureaus und Arbeitsstatistische Aemter« im Handwörterbuch der Staatswissenschaften, herausgegeben von Conrad, Elster, Lexis und Loening, 2. Aufl., 1. Bd., S. 970 ff., Jena 1898, und besonders Dreydorff, Ein deutsches Reichsarbeitsamt, Geschichte und Organisation der Arbeiterstatistik im In- und Ausland, S. 12 ff., Leipzig 1902. – [2] §§ 1,4 des Regulativs für die Errichtung einer Kommission für Arbeiterstatistik vom 1. April 1892,29. Januar 1894 (Zentralblatt s.d. Deutsche Reich 1894, S. 19). – [3] Denkschrift betreffend die Errichtung einer Abteilung für Arbeiterstatistik, abgedruckt auf S. 2 der Nr. 1 des Reichs-Arbeitsblatts, Jahrg. 1903. – [4] Bestimmungen, betreffend den Beirat für Arbeiterstatistik, vom 30. April 1902, Reichs-Arbeitsblatt 1903, S. 2 ff. – [5] Vgl. Dreydorff, a.a.O., S. 148 ff.

Köhler.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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