Frachtdampfer [3]

Frachtdampfer [3]

Frachtdampfer. – Die Ausgestaltung der Frachtdampfer zu bestimmten Normaltypen hat durch die plötzlich sich bahnbrechende Vereinheitlichung im Schiffbau und durch die Einführung von Handelsschiffsnormalien zugunsten eines beschleunigten Wiederaufbaus der Handelsflotten wesentliche Fortschritte gemacht. Begünstigt wurden diese Bestrebungen durch die schon weiter zurückliegenden Maßnahmen der Schiffsklassifikationsgesellschaften sowie der den Handelsschiffbau überwachenden Behörden zur Verbesserung und Vereinheitlichung der Bauvorschriften für den Bau und die Ausrüstung von Seeschiffen sowie für die Vermessung und Freibordfestsetzung der Schiffe. Durch Verlegung der starken Gurtung in das oberste Deck und Verringerung der Materialstärken im Boden hat das Volldeckschiff endlich die berechtigte Würdigung erfahren und gehören nunmehr die Spardeckschiffe sowie die Stromdeck- und Welldeckschiffe der Vergangenheit an. Während für die transatlantische Fahrt Frachtdampfer von 8000 t Tragfähigkeit an mit einer Geschwindigkeit von 10 bis 121/2 Knoten bevorzugt werden, begnügt man sich für die europäische Fahrt mit einer Tragfähigkeit von 2000 bis 3000 t und einer Geschwindigkeit von 9 bis 11 Knoten. Für Frachtdampfer von 1000 t Tragfähigkeit und darunter gibt man ein durchlaufendes Hauptdeck auf und wählt hinten ein Quarterdeck, das sich nach vorne an das Brückenhaus anschließt. Der hintere Laderaum, der[242] durch den Wellentunnel beengt ist, wird hierdurch größer, damit die Ladefähigkeit der Räume vorne und hinten sich ausgleicht. Für die großen Frachtdampfer ist ein durchlaufendes Zwischendeck im Gebrauch mit Vermessungsluke im Oberdeck und provisorisch dicht zumachenden Oeffnungen in den Querschotten in Höhe des Zwischendecks, wodurch bei der Schiffsvermessung die Zwischendecksräume von dem Bruttoraumgehalt mit in Abzug gebracht werden entsprechend den früheren Vergünstigungen der Schutzdeckschiffe. Auf dem Oberdeck werden meist folgende Aufbauten vorgesehen: Vorne eine Back zur Unterbringung der Mannschaft, mittschiffs eine längere Hütte zur Aufnahme der Maschinen- und Kesselraumschächte sowie des Schornsteins mit Wohnräumen für die Schiffsoffiziere und das Maschinenpersonal sowie etliche Passagiere, zuweilen wird dann noch eine zweite kurze Hütte für die Offiziere und Passagiere vorgesehen. Das Hinterschiff erhält entweder ein glattes Oberdeck oder eine Poop als Aufbau zur Unterbringung des Rudergeschirrs, von Proviant und eventuell Lazarett. Die Frachtdampfer führen zwei Masten mit je vier Ladebäumen und vier Ladewinden für die vier Hauptluken. Die vier Laderäume verteilen sich zu zweien im Vor- und Hinterschiff. Dazwischen liegt Maschinen- und Kesselraum. Die Anordnung dieser Räume im Achterschiff zur Erzielung großer und bequemer Laderäume hat sich im praktischen Betrieb nicht bewährt, da derartig gebaute Frachtdampfer bei geringer Beladung in See schwer arbeiten und leicht leck springen. Für Tankdampfer wird diese Raumeinteilung weiter bevorzugt. Zur Erzielung einer günstigen Stauung erhalten die Laderäume keine Seitenstringer und nur wenige Deckstützen mit entsprechenden Decksunterzügen. Durch Einführung der Hochspanten in vergrößerter Spantentfernung sind dann schließlich die Bauvorschriften derart verbessert, daß bei erhöhten Widerstandsmomenten erhebliche Gewichtsersparnisse erzielt werden konnten. Die Vorzüge der auf Erhöhung der Fertigkeit des Schiffsrumpfes hinzielenden Bau weise nach dem Längsspantensystem (System Isherwood) sind hierdurch wieder ausgeglichen worden. Die sonst gebräuchlichen Frachtdampfertypen für Einheitsladungen und zum Selbsttrimmen, wie die Turmdeck- und Kofferdeckschiffe, haben sich überlebt, nachdem ihr Vorsprung bezüglich günstigeren Freibords und günstigerer Vermessung durch eine Aenderung dieser Vorschriften zugunsten der Volldecker wieder eingeholt war. Während des Krieges haben sich Bestrebungen geltend gemacht auf Vereinfachung der Schiffsformen, um den Schiffsrumpf in eine große Zahl gleicher Bauelemente zu gliedern und diese fabrikmäßig herzurichten (fabricated ships). Zu diesem Zweck hat man ein paralleles Mittelschiff mit Geradspanten und sprunglosen Decks vorgesehen so daß die Außenkantplatten rechteckige Form erhalten können.

Als Antriebsmaschine behauptet zwar die Kolbenmaschine und zwar die dreifache oder die vierfache Expansionsmaschine mit Dampfüberhitzung und Howdens Gebläse – s. Schiffsmaschinenbau – noch immer die erste Stelle, eine Verdrängung derselben durch die Dieselmaschine und im besonderen durch die Dampfturbine mit Zahnräderübersetzung zugunsten einer besseren Wirtschaftlichkeit des Betriebes kommt jedoch mehr und mehr in Frage.


Literatur: [1] Nauticus, Der moderne Frachtdampfer in Konstruktion und Betrieb, Berlin 1911. – [2] Ders., Die Entwicklung der Fahrgeschwindigkeiten in der Handelsmarine, ebend. 1908. – [3] J.W. Isherwood, A new System of ship construction, Engineering 1908, S. 830. – [4] Kielhorn, Die neuen Freibordvorschriften der Seeberufsgenossenschaft und die modernen Frachtdampfertypen, Schiffbau, Jahrg. X, S. 231. – [5] Ders., Die neuen Richtungen im Handelsschiffbau, Schiffbau, Jahrg. XII, S. 611. – [6] Hevner, Entwurf und Einrichtungen von Handelsschiffen, Hannover 1909. – [7] H.J. Haarmann, Die ökonomische Bedeutung der Technik in der Seeschiffahrt, Leipzig 1909. – [8] Commentz, Die Grundlage der Rentabilität von Frachtschiffen und ihre Beeinflussung auf die moderne Technik, Charlottenburg 1912. – [9] A. Wiehl, Frachtdampferbau, »Ueberall«, Okt. 1919.

T. Schwarz.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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