Farbstofftheorie

Farbstofftheorie

Farbstofftheorie. Farbstoffe sind solche Körper, die ein stark auswählendes Lichtabsorptionsvermögen besitzen, so daß sie den mit ihnen imprägnierten Stoffen die Fähigkeit verleihen, aus dem auf sie fallenden weißen Licht gewisse Farben zu absorbieren und so das Gemisch der übrigen Farben zu reflektieren, dessen komplementäre Farbe für die Farbstoffe charakteristisch ist (vgl. Farben, S. 604).

Die komplementären Farbenpaare, von denen bei Absorption der einen die andre (reflektiert oder durchgehend) zum Vorschein kommt und die sich gegenseitig zu Weiß ergänzen, sind: Violett – Grüngelb, IndigoGelb, Cyanblau – Orange, Blaugrün – Rot, Grün – Purpur. Bei sukzessiver Verschiebung einer Absorptionsbande vom Violett bis zum Rot im Spektrum werden demnach die Farben vom Grüngelb an sich zunächst nach Rot hin ändern, dann in Violett, Blau und endlich Grün übergehen. Beim Vorhandensein mehrerer Banden kompliziert sich die Farbänderung entsprechend. Derartige Verschiebungen der Farben werden häufig beobachtet, wenn man in die Molekel organischer Farbstoffe sogenannte »bathochrome« Gruppen einführt, deren Anhäufung ein sukzessives Vorrücken der Absorptionsstreifen in der Richtung Violett-Rot verursachen; solche Gruppen sind: Hydroxyl, Methyl, Oxymethyl, Karboxyl, Phenyl und die Halogene. Im umgekehrten Sinne Rot-Violett verschiebend wirken die »hypsochromen« Gruppen: Nitro, Amido und addierter Wasserstoff. Die Stärke dieser verschiebenden, also farbändernden Wirkung der Gruppen hängt einerseits von ihrem Molekulargewicht ab, insofern, als die schwersten Gruppen am stärksten wirken; anderseits ist ihre Stellung innerhalb der Farbstoffmolekel von Bedeutung. Die meisten organischen Farbstoffe besitzen nämlich bestimmte Atomgruppen, denen sie, aus chemischen Gründen zu schließen, ihren Farbstoffcharakter verdanken, die also wohl den speziellen Sitz der Lichtabsorption darstellen und von Witt als »Chromophore« bezeichnet werden. Je näher substituierende Gruppen nun in der Molekel dem Chromophor stehen, um so größer wird offenbar auch ihr Einfluß auf die Farbe bezw. deren Aenderung sein. Der Mechanismus des Färbeprozesses, d.h. der Bindung der Farbstoffe an die Faser, ist noch nicht sicher erkannt. Daß er in einer festen Lösung von Farbstoff in Faser besteht, ist durch nähere Untersuchung unwahrscheinlich geworden. Es scheint, als wenn der kolloidale Zustand der Farbstoffe und die gegenseitige Bindung des Farbstoffkolloids an das amorphe Gewebe für die Annahme einer Adsorption spricht. – Vgl. a. Färben, S. 570.


Literatur: Schütze, M., Zeitschr. physik. Chem., 9, 109 (1892); Nietzki, Organ. Farbstoffe, Breslau 1888; Witt, Otto N., Ber. der Deutschen ehem. Gesellschaft, 9, 522 (1876); Biltz, W., Gott. Nachr. 1904, Heft 1.

Abegg.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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