Entwässerungsanlagen

Entwässerungsanlagen

Entwässerungsanlagen in Siedlungen. Wenn es sich darum handelt, die Entwässerungsanlage einer Siedlung zu planen und auszuführen, so steht man sich durchweg vor die Aufgabe gestellt, mit möglichst geringen Mitteln unter Wahrung der gesundheitlichen [1] und technischen [3] Anforderungen die sich ergebenden Abwässer zu entfernen und unterzubringen. Hierbei sind stets folgende Fragen zu beantworten: 1. Wie hat die Ableitung der Regenwässer zu geschehen? 2. Ist für die Abführung der Brauchwässer eine einheitliche Sammelanlage notwendig und erwünscht oder kann eine besondere Gesamtentwässerungsanlage überhaupt unterbleiben?

1. Die Abführung der Regenwässer. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen wird es sich in Siedlungen wirtschaftlich rechtfertigen lassen, die Regenwässer gemischt mit den Brauchwässern durch eine unterirdische Kanalisation zu beseitigen. Die dadurch bedingte Mischkanalisation würde in der Regel wegen der durch die Regenwasserableitung bedingten großen Kanalprofile zu teuer kommen. Nur in den Fällen, in denen bei verhältnismäßig dichter Bebauung infolge vorwiegender Durchführung von Reihenhäusern besonders günstige Gefälls- und Vorflutverhältnisse in Frage stehen, kann die Durchführung einer Mischkanalisation in Siedlungen sich wirtschaftlich rechtfertigen lassen. Somit wird in den meisten Fällen für die Entwässerungsanlage einer Siedlung von vornherein nur das Trennsystem in Betracht kommen (s. Kanalisationssysteme und Kanalisation, Bd. 5, S. 336, 355), wonach Regenwässer und Brauchwässer gesondert abzuführen sind.

Es ist selbstverständlich, daß nicht daran gedacht werden kann, das zum Ablauf kommende Regenwässer durchaus unterirdisch abzuleiten. Es sind vielmehr die vorhandenen offenen Wasserläufe, Gräben und Rinnen möglichst auszunutzen und soweit notwendig und tunlich, durch Sohle- und Profilverbesserung leistungsfähiger zu gestalten. Die ablaufenden Regenwassermengen sind nach Möglichkeit dadurch zu beschränken, daß die auf den Grundstücken anfallenden Regenwässer auf diesen selbst in den zugehörigen Garten- und Rasenanlagen zur Versickerung kommen, und diese Versickerungen möglichst erleichtert werden, z.B. durch Anordnung von Sicherungen und Versickerungsbrunnen in weniger durchlässigem Untergrund. Von den Straßen wird das Regenwässer entweder durch besondere Gräben oder unterirdisch erst von denjenigen Stellen an abgeführt, von denen an die Straßenrinnen oder gewöhnlichen Straßengräben das Wasser oberirdisch nicht mehr anstandslos abzuführen vermögen. Dadurch ist man imstande, die unterirdische Ableitung der Regenwässer auf nur wenige Kanäle zu beschränken, die das Wasser auf möglichst kurzen Wegen der nächst gelegenen ausreichenden Vorflut zuführen. In Ermanglung einer geeigneten Vorflut sind Regenwasseraufnahmeteiche, nötigenfalls in Verbindung mit Versicherungseinrichtungen, anzuordnen. Bei durchlässigem Untergrund und durchschnittlich flachem Gelände und ausreichend tiefem Grundwasserstande, möglichst nicht unter 2,5 m Abstand des Wassers von der Oberfläche, erscheint ausnahmsweise auch der Weg gangbar, von einer Regenwasserkanalisation für das ganze Siedlungsgebiet oder für einzelne Teile dadurch völlig abzusehen, daß das in den Straßenrinnen zum Abfluß kommende Regenwässer durch besondere Regeneinlässe (Rinneneinlässe, Straßensinkkasten), zur Versickerung in den Untergrund gebracht wird. Dabei ist es notwendig, die Regeneinlässe mit wirksamen Schlammfängen auszustatten oder den Einlässen Schlammfänge vorzuschalten. Die Versickerung kann durch Steinpackungen und kurze Dränagen gefördert werden.

Bezüglich der in Betracht kommenden Regenwassermengen ist zu beachten, daß bei Siedlungen in der Hauptsache nur die Straßenflächen und gepflasterten Zugänge zu den Häusern das Regenwässer zum Abfluß kommen lassen, sofern für die Versickerung des von den Dächern kommenden Wassers auf dem Siedlungsgrundstücke selbst ausreichend Sorge getragen wird. Die in Frage kommenden Regenwasserabflußmengen bleiben meist hinter den für Landhausgebiete üblichen Annahmen zurück [2], [3], [7].

2. Die Abführung der Brauchwässer in Siedlungen mit Vorstadtcharakter, in Landhausgebieten und in Gartenstädten ist durch unterirdische Abführung der Brauchwässer mittels einer systematischen Brauchwasserkanalisation (Sammel- oder Zentralanlage) geboten, wenn in den Wohnungen durchweg Wasserklosetts und Badegelegenheit eingeführt werden sollen, weil es mangels großer Gartenflächen nur in besonderen Ausnahmefällen möglich erscheint, die verhältnismäßig großen Mengen der durch die genannten Einrichtungen bedingten Brauchwässer auf den zugehörigen Grundstücken einem ausreichenden Reinigungs- und Versickerungsverfahren zu unterziehen [6]. Für derartige Siedlungen kommt daher in der Regel die übliche Brauchwasserkanalisation[174] in Frage. Immerhin lassen sich unter Umständen die Anlagekosten durch Anschluß an die Kanalisation unmittelbar benachbarter, bereits kanalisierter Orte, oder dadurch verringern, daß, sei es für das ganze Siedlungsgebiet oder für einzelne Teile, Klär- und Versicherungseinrichtungen für die Abwässer in den zur Siedlung gehörigen Grün- und Wiesenflächen angeordnet werden und dadurch längere Sammelkanäle erspart bleiben.

Bei Siedlungen, in welchen jedes Haus über größere Gartenflächen verfügt, erscheint die Unterbringung der sämtlichen Brauchwässer bei geeignetem durchlässigem Untergrund auf den eigenen Grundstücken auch beim Vorhandensein von Wasserklosetts und Badegelegenheit ausführbar, so daß, namentlich in ländlichen Siedlungen, in denen diese Bedingungen zutreffen, auch die Brauchwasserkanalisation und damit eine besondere unterirdische Entwässerung überhaupt unausgeführt bleiben kann [4]–[7]. Voraussetzung ist gesundheitlich gesicherte Wasserversorgung. Die Brauchwässer werden hierbei zweckmäßig durch eine nicht zu nahe dem Hause gelegene Entschlammungs- und Klärgrube, nötigenfalls durch eine nachgeschaltete biologische Reinigungsanlage geführt, ehe sie zur Versickerung gelangen. In ländlichen Siedlungen wird von der Einrichtung der Wasserklosetts schon aus dem Grunde zweckmäßig Abstand genommen und statt ihrer werden Erd- oder Torfmullklosetts, verwendet, um die in den menschlichen Abgängen enthaltenen Pflanzennährstoffe für die Gartenbewirtschaftung nutzbar zu machen. Mit den übrigen Abfällen werden diese Stoffe zweckmäßig dem Komposthaufen der Gartenanlage zugeführt.


Literatur: [1] Salomon, Die hygienischen Vorbedingungen für die Ortsansiedlungen, Städtebauliche Vorträge, Bd. III, Heft 3, Berlin 1911. – [2] Frühling, Die Entwässerung der Städte, Handb. d. Ing.-Wiss., Leipzig 1903. – [3] Brix, Beseitigung der Abfallstoffe, Abel, Handb. d. prakt. Hygiene, Jena 1913. – [4] Thumm, Ueber Anstalts- u. Hauskläranlagen, Berlin 1913. – [5] Bredtschneider u. Thumm, Leitsätze betr. die Frage, unter welchen Voraussetzungen auf die Einführung einer allgemeinen Kanalisation verzeichnet werden kann. Im 2. Tätigkeitsbericht d. Architektenvereins, Groß-Berlin 1918, Burgverlag. – [6] Thumm, Abwasserbeseitigung bei Gartenstädten, bei ländlichen oder städtischen Siedlungen, Berlin 1913. – [7] Gutkind, Neues Bauen, Kapitel Be- und Entwässerung des Geländes und der Häuser von J. Brix, Berlin 1919.

T. Brix.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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