Drainageeinrichtung [2]

Drainageeinrichtung [2]

Drainageeinrichtung des Schiffes umfaßt alle Vorrichtungen zur Aufrechterhaltung der Schwimmfähigkeit des Schiffsrumpfes bei Havarien durch Verletzung der Außenhaut, zur Sicherung der Stabilität und Manövrierfähigkeit des Schiffes bei gefährlichen Krängungen sowie zur Beseitigung von Bränden an Bord und zum Schutz gegen Explosion der Munitionskammern.

Die Drainageeinrichtung ist für Kriegsschiffe von besonderer Bedeutung, da Kriegschiffe im Kampf Beschädigungen des Schiffsrumpfes in der Wasserlinie durch Geschosse sowie unter Wasser durch Torpedos und Minen sowie durch die Ramme des feindlichen Schiffes in erhöhtem Maße ausgesetzt sind. Aber auch für Handelsschiffe hat durch den Untergang des transatlantischen Schnelldampfers »Titanic« nach Kollision mit einem Eisberg die Sicherstellung der Schwimmfähigkeit erhöhte Bedeutung gewonnen. Wenngleich die Schwimmfähigkeit der Schiffe in erster Linie durch die weitestgehende Gliederung des Schiffsrumpfes in wasserdichte Abteilungen gesichert werden muß, wie dies im Kriegsschiffbau seit Jahren durchgeführt ist, um die durch eine Beschädigung der Außenhaut eindringenden Wassermassen nach Möglichkeit einzuschränken, so kann dieselbe jedoch weiter gefördert werden durch eine sachgemäße Anordnung der Drainageeinrichtung zur Beseitigung oder Einschränkung des eingedrungenen Wassers sowie[180] zur Durchführung einer zweckentsprechenden Gegenflutung, um gefährliche Krängungen des Schiffes zu beseitigen.

Im allgemeinen wird es kaum durchführbar sein, bei Beschädigung der Außenhaut unter Wasser durch ein großes und tiefgehendes Loch das eingedrungene Wasser durch Pumpen zu beseitigen, da die Leistungsfähigkeit der Pumpen sonst ins Unermeßliche gesteigert werden müßte. Ist F die Querschnittsfläche des Loches in der Schiffswand in Quadratmetern und h die Entfernung desselben unter der Wasserlinie, so ist die anfängliche Einströmungsgeschwindigkeit des Wassers in Meter/Sekunden v = √2gh und die minutlich eintretende Wassermenge annähernd = 60 · F · 2gh. Bei einem Loch von 4 m unter Wasser – Torpedotreffer – werden demnach 530 cbm Wasser in der Minute für jeden Quadratmeter Lochquerschnitt eindringen können. Da bei wasserdichten Abteilungen das eindringende Wasser die Luft in denselben allmählich komprimiert, so werden sich dieselben nicht vollkommen füllen, doch wird beim Lenzen dieser Luftdruck beseitigt und kann das Wasser frei nachströmen, wenn das Loch nicht vorher durch Lecksegel und andre Leckstopfmittel im Querschnitt verkleinert ist. Vor dem Lenzen einer vollgelaufenen Abteilung wird man daher stets Leckstopfmittel verwenden müssen, andernfalls ist es zweckmäßiger, von einem Lenzen der Abteilung überhaupt abzusehen und sich nur darauf zu beschränken, die benachbarten Räume vom Leckwasser zu befreien [1], [2].

Die Drainageeinrichtungen sind auf den Hauptkampfschiffen – Linienschiffe, große Kreuzer – im weitesten Maße durchgeführt, bei den kleinen Kreuzern, Torpedofahrzeugen sowie den Handelsdampfern beschränkt man sich auf die Bewältigung kleinerer Wassermassen. Sie bestehen in der Hauptsache aus den Lenzpumpen und den zugehörigen Rohrleitungen und Ventilen u.s.w. Bei der zentralen Aufteilung der Lenzpumpen in den Maschinenräumen – als Hauptlenzpumpen verwendet man die Zirkulationskreiselpumpen der Kondensatoren – ist ein Netz von Rohrleitungen erforderlich, welches dies Lenzwasser aus den Hauptschiffsräumen zu diesen Pumpen führt. Die Rohrleitung umfaßt das Hauptlenzrohr von 400 bis 500 mm Durchmesser, welches vorwiegend im Doppelboden, d.h. zwischen Außenhaut und Innenboden, gelagert ist und mit den Hauptschiffsräumen (Maschinenräume, Kesselräume, Torpedoräume) durch die sogenannten Hauptlenzrohrstützen mit Rückschlagklappen und Niederschraubventil in Verbindung gesetzt werden kann. Die Schieber oder Ventile an den Enden der Hauptlenzrohre gestatten ferner, die Schiffsräume vor und hinter den Maschinen- und Kesselräumen zu lenzen [2]. Während bis vor kurzem die beiden Hauptlenzrohre in der Nähe des Mittelkiels und parallel zu demselben auf etwa zwei Drittel der Schiffslänge geführt waren und durch Schieber in einzelne Stränge geteilt werden konnten, falls durch Beschädigung eines Rohres bei Grundberührungen dieses stellenweise ausgeschaltet werden mußte, wobei dann meist im Vorschiff noch eine besondere, elektrisch angetriebene Lenzpumpe aufgestellt und an die Hauptlenzrohre angeschlossen war, wird das Hauptlenzrohr in dem mittleren Teil neuerdings als Ringleitung verlegt (vgl. nachgehende Figuren). An diese Ringleitung werden dann die Zirkulationskreiselpumpen in den Maschinenräumen, die vordere Lenzpumpe und etliche Dampflenzpumpen in den Kesselräumen angeschlossen, ferner die Abzweigrohre nach den Wallgängen, Torpedoräumen u.s.w. unter Einschaltung von Absperrventilen [2].

Zur Beseitigung geringerer Wassermassen dient die Hilfslenzeinrichtung. Das Hilfslenzrohr von etwa einem Drittel des Durchmessers der Hauptlenzrohre ist auf dem Innenboden angeordnet und dient zur Beseitigung des Tageswassers aus allen Schiffsräumen und zum Lenzen der Doppelbodenzellen. Aus demselben saugen nur kleinere Dampf- oder elektrische Lenzpumpen, da die Verwendung von Handpumpen – Downtown- oder Stones-Pumpen – wegen ihrer geringen Leistungsfähigkeit aufgegeben ist [2].

Auf den englischen Kriegsschiffen besteht die Lenzeinrichtung zwar auch aus Haupt- und Hilfslenzeinrichtung, doch ist die Ausdehnung der ersteren wesentlich eingeschränkt. Das Hauptlenzrohr, es gibt nur ein Rohr, reicht von den Maschinenräumen bis zum vorderen Kesselraum. Es ist über dem Innenboden gelagert und steht hinten mit den beiden Maschinenräumen, vorne mit dem vordersten Kesselraum durch Schleusenventile mit Rückschlagklappen in Verbindung, so daß das Wasser durch Durchschleusen zu den im Maschinenraum hoch aufgestellten Zirkulationskreiselpumpen geleitet werden kann. Für die vorderen und hinteren Schiffsräume sind je zwei Entwässerungsrohre vorgesehen, welche nach dem vordersten Heizraum bezw. nach den Maschinenräumen entleert werden können. Neuerdings ist in der englischen Kriegsmarine das russische Lenzsystem eingeführt, bei welchem jede Hauptabteilung des Schiffes mit eigner Lenzeinrichtung[181] versehen ist, so daß eine Durchbrechung der wasserdichten Schotte durch Lenzrohre vermieden wird. In jeder Abteilung ist eine leistungsfähige Kreisellenzpumpe mit elektrischem Antrieb nach Art der Lenzpumpen der Schwimmdocks aufgestellt. Die in der Bilge gelagerte Kreiselpumpe wird mit vertikaler Welle durch einen Elektromotor angetrieben, welcher unterhalb des Panzerdecks geschützt gelagert ist und zur Erhöhung der Sicherheit an zwei verschiedene Stromkreise der elektrischen Schiffszentrale angeschlossen werden kann. Dieses Lenzsystem hat außerdem den großen Vorzug einer günstigeren Lenzkapazität, d.h. Verhältnis der Gesamtleistung der Pumpen in Tonnen zum Deplacement in Tonnen. Seine Lenzkapazität schwankt zwischen 1,0 und 1,4, während das System mit Lenzzentrale nur eine solche von 0,1 bis 0,4 erreicht [1], [2].

Die Fluteinrichtungen zum Unterwassersetzen von Schiffsräumen bei Feuers- und Explosionsgefahr sowie zum Gegenfluten bei gekrängtem Schiff stützen sich im allgemeinen auf die vorhandenen Lenzeinrichtungen. Zum Fluten der Munitionskammern werden jedoch besondere Fluteinrichtungen erforderlich, da sie an die Lenzrohre nicht angeschlossen sind. Die Flutung erfolgt auf natürlichem Wege, wenn die Munitionskammer unterhalb der Wasserlinie liegt, so daß das Seewasser durch Oeffnen eines Kingston-Ventils selbsttätig in die Kammer laufen kann. Liegt dieselbe in der Wasserlinie oder oberhalb derselben, so muß das Flutwasser durch eine Pumpe in die Kammer gefördert werden. Hierbei ist Vorsorge zu treffen, daß die in der Kammer befindliche Luft entweichen kann [1], [2].

Zum Löschen von Bränden dient die Feuerlöschleitung, welche von der Spülpumpe oder einer Dampfpumpe mit Seewasser gespeist und unter einen Druck von 6 Atm. gesetzt wird. Die Feuerlöschleitung läuft unterhalb des Panzerdecks entlang – meist im Mittelgang – und erhält eine Anzahl Steigerohre mit Absperrventilen nach oben und in den einzelnen Decks Anschlüsse für Feuerlöschschläuche, welche zugleich zum Spülen und Deckwaschen Verwendung finden sowie zum Fluten der Munitionskammern, wenn das Schilf im Dock liegt. Für diesen Fall erhält die Feuerlöschleitung Anschluß an die Werftwasserleitung [1], [2].

Auf den Handelsschiffen ist die Einführung einer zweckentsprechenden Drainageeinrichtung, verbunden mit reichlicher Unterteilung der Schiffsräume, lange Zeit vernachlässigt worden. Der Untergang der »Titanic« hat dann dazu geführt, den bei Kriegsschiffen durchgeführten Grundsatz, Durchbrechungen der wasserdichten Querschotte unterhalb der Wasserlinie peinlichst zu vermeiden, wenigstens für die transatlantischen Passagierdampfer durchzuführen. Auch hat man sich dazu entschlossen, neben den Maschinen- und Heizräumen Wallgangsschotte vorzusehen, um die Gefahr der Ueberflutung dieser Räume infolge von Kollisionen abzuschwächen. Durch Aufstellung einer größeren Zahl von elektrisch betriebenen Lenzpumpen wird ferner die Unsinkbarkeit der Ozeanriesen sicherzustellen sein.


Literatur: [1] Edw. L. Attwood, Warships, London 1912. – [2] Lenz- und Fluteinrichtungen der Kriegsschiffe, Nautilus, Berlin 1912.

T. Schwarz.

Drainageeinrichtung [2]

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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