Drachenblut

Drachenblut

Drachenblut (Sanguis draconis, Resina draconis, Sang-Dragon, Dragons Blood) ist ein rotes harzartiges Produkt von verschiedener Abstammung und sehr verschiedenem Werte.

I. Das für den europäischen Handel wichtigste Drachenblut stammt von den Früchten der Drachenrotangpalme (Daemonorops draco Mart., Calamus draco Willd.), die auf den Inseln des südostasiatischen Archipels (Sumatra, Borneo, Penang) einheimisch ist. Es heißt daher indisches oder Palmendrachenblut [1]–[4]. Zwischen den dachziegelförmig aneinander liegenden, fast viereckigen Schuppen der nußgroßen Früchte dieser Palme scheidet sich das Harz ab und wird durch Abklopfen gewonnen. Früher ließ man diese Harzpartikel mittels Sonnenwärme oder Wasserdampf zu pfefferkorn- bis haselnußgroßen Körnern zusammenschmelzen und erhielt auf diese Weise die Körnersorte »Drachenblut in Körnern« (in granis, en olives) als reinste und teuerste Sorte. Gegenwärtig schmilzt man mittels Wasserdampfs das Harz aus den Früchten heraus und formt es zu zylindrischen oder etwas flachgedrückten, spitz zulaufenden, 2–5 dm langen, 1–3 cm dicken Stangen (Stangendrachenblut, Sanguis draconis in baculis, en baguettes), die in das Blatt einer Palme (Licuala) gehüllt sind [2], [3]. Die Stangen sind hart, spröde, an der Oberfläche schwarzbraun, an der Bruchfläche dunkelrotbraun, sehr dicht und gleichmäßig, mitunter mit Fruchtschuppenresten versehen, undurchsichtig, ohne Geruch und Geschmack. Das Pulver ist hochrot bis ziegelrot, klebt nicht zwischen den Fingern und ist in Alkohol, konzentrierter Essigsäure, Benzol, Schwefelkohlenstoff, Petroleum und Chloroform mit 20% Rückstand löslich [5]. Es schmilzt bei 70° und besteht nach Tschirch und K. Dieterich [6] aus rotem Harz, das ein Gemisch des Benzoesäuredracoresinotannolesters C6H5COO C8H9O und des Benzoylessigsäuredracoresinotannolesters C6H5COCH2COO C8H9O darstellt, ferner aus Dracoalban (C20H40O4), Dracoresen (C26H44O2), aus ätherunlöslichem Harz und Mineralteilen. Die[15] alkoholische Lösung gibt nach Zusatz von Eisenchlorid eine gelbbraune Lösung. – Eine andre, weniger reine Sorte dieser Drachenblutart ist das Kuchen- oder Massendrachenblut, formlose Massen von rotbrauner oder ziegelroter Farbe und grobkörnigem Bruche, durch Zerstampfen der Früchte gewonnen. (Vgl. die verschiedenen Gewinnungsmethoden in [1] und [2].)

II. Westindisches, mexikanisches und südamerikanisches Drachenblut wird von Pterocarpus draco L. (Papilionaceae), von Croton draco Schlechtend. (Mexiko), Dalbergia monetaria L. (Surinam) und Croton gossypifolium HBK (Venezuela) abgeleitet. Es kommt in unserm Handel nicht vor [2].

III. Kanarisches Drachenblut (Madeira-Drachenblut), unregelmäßige Stücke von dunkelroter Farbe, stammt von Dracaena draco L. (Liliaceae).

IV. Somali- und Socotora-Drachenblut von Dracaena cinnabari Balfour ist mit der vorigen Sorte das Drachenblut der Alten (Kinnabari, Alachmen oder »Blut der fünf Brüder«) [1], [2]. – Von dem indischen Drachenblut ist es durch chemische Reaktionen leicht zu unterscheiden (s. Tabelle). Gefälschtes Drachenblut wird aus Kolophonium, Mastix, Ladanum und Sandelholz erzeugt. Es ist mikroskopisch leicht nachweisbar. Als Zusätze sollen mit Fernambuk gefärbtes Gummi, Dammar und Wachs in Verwendung kommen [1], [2]. In der Technik dient das Drachenblut zur Lackfabrikation, zu rotem photographischen Pigmentpapier, als Aetzgrund bei der sogenannten amerikanischen Zinkätzung [7]; der rote Weingeistfirnis (die Tischlerpolitur) enthält Drachenblut. Nach Flückigers Untersuchungen [4] hat Prollius die Reaktionen, mittels denen man das Palmendrachenblut vom Socotora-Drachenblut unterscheiden kann, in folgender Tabelle zusammengestellt.


Drachenblut

Literatur: [1] Martiny, E., Encyklopädie der med.-pharm. Naturalien- und Rohwarenkunde, Bd. 2, Leipzig 1854, S. 693. – [2] Wiesner, Die Rohstoffe des Pflanzenreiches, 2. Aufl., Leipzig 1900, Bd. 1, S. 338–346. – [3] Vogl, A., Kommentar z. 7. Ausg. d. österr. Pharmak., Wien 1892, Bd. 2, S. 452. – [4] Flückiger, Pharmakognosie des Pflanzenreiches, 2. Aufl., Berlin 1883, S. 97. – [5] Hirschsohn, Beitr. z. Chem. d. wichtigsten Harze, Gummiharze und Balsame, Archiv der Pharm. 1877, Bd. 210, und Inauguraldissert, Petersburg 1877. – [6] Archiv der Pharm. 1896, Bd. 237, S. 401. – [7] Fleck, C., Eders Jahrb. f. Photogr., 1895, S. 143, u. 1896, S. 563.

T.F. Hanausek.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Drachenblut — steht für: Drachenblut (Harz), ein Baumharz als Heilmittel, Firnis und Naturfarbstoff Drachenblut oder Kleiner Wiesenknopf, eine Pflanzen Art aus der Familie der Rosengewächse Drachenblut, das Blut von Fabelwesen, siehe Drache (Mythologie)… …   Deutsch Wikipedia

  • Drachenblut — Drachenblut, 1) (Sanguis draconis), ein braunrothes, undurchsichtiges, sprödes Harz ohne Geruch u. Geschmack, welches freiwillig od. aus gemachten Einschnitten aus verschiedenen Pflanzen ausfließt; es gibt zerstoßen ein blutrothes Pulver, ist in… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Drachenblut — Drachenblut, Rotwein von Drachenfels (s. d. 1) …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Drachenblut — Drachenblut, dunkelrotes, sprödes Harz von verschiedenen Bäumen, bes. Calamus draco W. (s. Calamus), Dracaena draco L. und Croton draco Schlechtd.; früher Heilmittel, jetzt zur Färbung von Firnissen und Tischlerpolitur verwendet. – D., roter… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Drachenblut — Drạ|chen|blut 〈n.; (e)s; unz.〉 1. blutfarbenes Harz der südostasiat. Rohrpalme (Calamus), zur Herstellung farbiger Lacke u. als chem. Indikator verwendet 2. 〈Myth.〉 Blut eines Drachens (eines Fabeltiers), das als kräftebringend galt 3. am… …   Universal-Lexikon

  • Drachenblut (Farbstoff) — Drachenblut ist ein rotbraunes Naturharz verschiedener Pflanzen, das als Phytopharmakon (pflanzliches Heilmittel) und als Beschichtungswerkstoff und Farbstoff verwendet wird. Inhaltsverzeichnis 1 Zum Namen 2 Beschaffenheit und Zusammensetzung 3… …   Deutsch Wikipedia

  • Drachenblut (Harz) — Drachenblut gemahlen und als Räuchermittel Drachenblut ist ein rotbraunes Naturharz verschiedener Pflanzen, das als Phytopharmakon (pflanzliches Heilmittel) und als Beschichtungswerkstoff und Farbstoff verwendet wird. I …   Deutsch Wikipedia

  • Drachenblut, das — Das Drachenblut, des es, plur. car. 1) Ein natürliches harziges dunkelrothes Gummi, welches sich leicht zerreiben, aber nur allein im Weingeiste auflösen lässet. Es hat keinen besondern Geruch und Geschmack, und wird theils in kleinen runden… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Dracorubinpapier — Drachenblut ist ein rotbraunes Naturharz verschiedener Pflanzen, das als Phytopharmakon (pflanzliches Heilmittel) und als Beschichtungswerkstoff und Farbstoff verwendet wird. Inhaltsverzeichnis 1 Zum Namen 2 Beschaffenheit und Zusammensetzung 3… …   Deutsch Wikipedia

  • Der fremde Freund — ist eine Novelle von Christoph Hein, die 1982 in der DDR veröffentlicht wurde und in der Bundesrepublik 1983 aufgrund des Titelschutzes als Drachenblut erschien. Inhalt Die Novelle ist eine Ich Erzählung. Sie handelt von der alleinstehenden… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”