Brocotsche Tafeln

Brocotsche Tafeln

Brocotsche Tafeln für Radzähnezahlen. Ist das Uebersetzungsverhältnis bei einem Räderwerk oder Vorgelege durch einen großzahligen oder primzahligen Bruch gegeben, so daß es ohne Anwendung von Umlaufgetrieben nicht möglich ist, durch Zähnezahlen der Räder dieses Uebersetzungsverhältnis genau zu bewirken, dann kann man diese Uebersetzung möglichst angenähert vermitteln der Brocotschen Tafeln [1] erlangen.

Wenn der Zähler a und der Nenner b des reduzierten Bruches a/b eines Uebersetzungsverhältnisses so groß sind, daß diese als Zähnezahlen bei zwei Zahnrädern, die das Uebersetzungsverhältnis a : b bewirken sollen, nicht verwendbar werden, wenn es also nicht zulässig ist, diese Räder mit so großen Anzahlen von Zähnen zu versehen, weil die Zähne zu schwach werden, so ist der Bruch a/b durch einen möglichst angenähert gleichen reduzierten Bruch zu ersetzen, dessen Zähler und Nenner kleinere Zahlen sind und als Zähnezahlen verwendet werden können. – Soll das Uebersetzungsverhältnis a : b durch mehrere Zahnräder bewirkt werden und ist die eine oder jede der Zahlen a, b eine Primzahl oder sind diese Zahlen nicht in solche Faktoren zerlegbar, die sich zu Bestimmung der Zähnezahlen dieser Räder eignen, dann muß ein angenähert gleicher Bruch ermittelt werden, dessen Zähler und Nenner eine zweckmäßige Zerlegung in Faktoren ermöglichen. Um zu erkennen, in welche Faktoren eine Zahl zerlegbar oder ob diese eine Primzahl ist, dient die Faktorentafel und Primzahlentafel [2]. In den Brocotschen Tafeln sind die Werte der echten Brüche, deren Nenner kleiner als 100 ist, bis auf zehn Dezimalstellen berechnet. Es ist die Differenz je zweier aufeinander folgenden Brüche gleich eins, dividiert durch das Produkt der beiden Nenner, und ferner ist jeder Bruch gleich dem Quotienten aus der Summe der Zähler des vorhergehenden und des nachfolgenden Bruches, dividiert durch die Summen beider Nenner [3]. – Ist z.B. das großzahlige Uebersetzungsverhältnis 877 : 1121 = 0,782337, so findet man in der Brocotschen Tafel den nächstkleineren Bruch 61 : 78 = 0,782051 und der Fehler beträgt –0,000286. Hiernach kann jenes großzahlige Uebersetzungsverhältnis, angenähert durch zwei Räder mit den Zähnezahlen 61 und 78 bewirkt werden. Soll jenes großzahlige Uebersetzungsverhältnis, in dem der Zähler eine Primzahl ist, durch zwei einfache Räder und ein Doppelrad vermittelt werden, dann kann man dem obigen angenäherten Bruch die folgende Form geben: 1 · 61/2 · 39 = 10 · 61/20 · 39. Die Vergrößerung der Faktoren 1, 2 durch Multiplikation mit der Zahl 10, die beispielsweise gewählt wurde, kann auch durch Multiplikation mit einer andern passenden Zahl geschehen. Für die beiden Zähnezahlen des Doppelrades kann man resp. einen Zählerfaktor und einen Nennerfaktor nehmen, und die beiden andern Faktoren geben dann die Zähnezahlen der beiden einfachen Räder. Andre Beispiele befinden sich in dem zitierten Brocotschen Büchlein und in der deutschen Ausgabe desselben. Es können auch durch eine einfache Rechnung mehrere Brüche ermittelt werden, die einem gegebenen Bruche angenähert gleich sind und zwischen zwei gegebenen Brüchen liegen. – Zuerst wurden von Huygens [4] vermitteln Kettenbrüchen die Zähnezahlen für großzahlige Uebersetzungsverhältnisse angenähert berechnet und ferner auch von Allexandre [5]. Daß es möglich ist, jedes großzahlige und primzahlige Uebersetzungsverhältnis durch Räderwerke absolut genau zu erhalten, hat Fr. David in S. Cajetano [6] durch Anwendung von Umlaufgetrieben (s.d.) in geistreicher Weise zuerst gezeigt; aber diese theoretisch sehr interessanten Räderwerke bestehen aus vielen Rädern und sind praktisch schwer ausführbar. Vermittelst der Brocotschen Tafeln kann man, wenn auch nicht absolut genau, doch durch viel einfachere Räderkombinationen hinreichend genaue Uebersetzungen erlangen.


Literatur: [1] Brocot, Calcul des rouages par approximation 1862; deutsche Ausgabe: Berechnungen der Räderübersetzungen, von dem Verein »Hütte«, 1870, 2. Aufl. – [2] Hülße, Sammlung mathematischer Tafeln, 1862, Taf. V. – [3] Vgl. Burmester, Lehrbuch der Kinematik, Leipzig 1888, 1. Bd., S. 485 und [2]. – [4] Huygens, Opuscula posthuma. Descriptio automati planetarii, 1728, Taf. II, S. 151. – [5] Allexandre, Traité géneral des horloges, 1734, 5. Kap. –[309] [6] David, Fr., à S. Cajetano, »Neues Rädergebäude«, 1791; Dasselbe mit Verbesserungen, 1793; ferner dessen Praktische Anleitung für Künstler, alle astronomischen Perioden durch brauchbare, bisher noch nie gesehene ganz neue Räderwerke mit Leichtigkeit vom Himmel unabweichlich genau auszuführen u.s.w., 1793.

Burmester.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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