Acetaldehyd

Acetaldehyd

Acetaldehyd (Aldehyd, Aethylaldehyd, Aethylidenoxyd) hat die empirische Zusammensetzung C2H4O und die Konstitution CH3CHO (über letztere s. Aldehyde).

Vorkommen: Der Aldehyd findet sich im Vorlauf bei der Spiritusfabrikation [2], im rohen Holzgeiste [3], und entsteht bei der Oxydation des Aethylalkohols, sowie mancher organischer Körper, wie Eiweißstoffe, Milchsäure u.s.f. Darstellung des Acetaldehyds durch Oxydation des Aethylalkohols mit Chromsäure: In einem mit Rückflußkühler versehenen geräumigen Kolben werden 3 Teile Kaliumbichromat mit 12 Teilen Wasser übergossen und allmählich ein Gemisch von 4 Teilen konzentrierter Schwefelsäure und 3 Teilen Aethylalkohol unter Abkühlen hinzugefügt. Nach beendeter Reaktion wird destilliert, das Destillat rektifiziert und durch Einleiten in ammoniakhaltigen Aether behufs Reinigung in das untenbeschriebene Aldehydammoniak übergeführt. Aus dieser Verbindung wird dann der reine Aldehyd durch Erwärmen mit verdünnter Schwefelsäure abgeschieden [1]. Ein Teil des Aldehyds des Handels wird auch aus dem Vorlauf der Spritfabrikation gewonnen.

[53] Eigenschaften: Der Acetaldehyd ist eine leichtbewegliche, farblose brennbare Flüssigkeit von sehr niedrigem Siedepunkt (21°) und dem spezifischen Gewicht 0,801 bei 0°, mit Wasser, Alkohol und Aether ist er in jedem Verhältnis mischbar. In diesen Verdünnungen ist er von angenehmem und erfrischendem Geruch; sein Dampf, von erstickendem Geruch, erzeugt beim Einatmen eine Art von Brustkrampf. Er oxydiert sich sehr leicht – schon an der Luft – zu Essigsäure und scheidet daher aus einer ammoniakalischen Silberlösung einen Silberspiegel ab. Mit Alkalibisulfit und Ammoniak verbindet sich der Acetaldehyd zu kristallinischen Additionsprodukten. Mit Hydroxylamin bildet der Aldehyd unter Wasseraustritt das Acetaldoxim (oder schlechthin Aldoxim) CH3CH = N ∙ OH. Bei der Behandlung mit Alkalien entsteht das Aldehydharz, das wohl zu den aromatischen Verbindungen zu zählen ist [5]. Digeriert man den Aldehyd mit Barytwasser, so erhält man neben dem Aldehydharz noch den Aldehydgummi [6]. Der Acetaldehyd zeigt große Neigung, in polymere Verbindungen überzugehen, so daß man nur ein ganz reines Präparat als solches aufbewahren kann [7]. So entsteht – in einigen Fällen unter explosionsartigen Erscheinungen – durch geringe Mengen (wenige Tropfen) konzentrierter Schwefelsäure, Salzsäure, Chlorzink u.s.f. unter Wärmeentwicklung und Volumverminderung der sogenannte Paraaldehyd, eine wasserhelle Flüssigkeit vom Siedepunkt 124º und dem spez. Gew. 0,998 bei 15° C, die in einer Kältemischung seit wird, bei 10,5° wieder schmilzt und in Wasser ziemlich löslich ist. Er hat die Molekulargröße (C2H4O)3, zeigt aber nicht mehr die für die Aldehyde charakteristischen Reaktionen, enthält also nicht mehr die Aldehydgruppe CHO. Er wird jedoch durch eine Reihe von Substanzen, z.B. durch Destillieren mit verdünnter Schwefelsäure, mit großer Leichtigkeit wieder in die monomolekulare Form zurückgeführt. Bei der Einwirkung derselben Reagentien, die den Aldehyd in die Paramodifikation umwandeln, entsteht bei Anwendung der Kältetemperaturen eine andre polymere Form, der ebenfalls die Molekulargröße (C2F4O)3 zuzukommen scheint und die sich in gleicher Weise leicht in den Monoaldehyd zurückverwandelt, der Metaldehyd [7]. Dieser kristallisiert in Nadeln, die beim Erhitzen zum Teil sublimieren, zum Teil in den gewöhnlichen Aldehyd zerfallen. Er ist unlöslich in Wasser und zeigt ebenfalls nicht die charakteristischen Aldehydreaktionen. Außer diesen ist noch eine polymere Modifikation des Acetaldehydes bekannt, das Aldol [8].

Anwendung des Aldehyds: In der Farbenindustrie zur Darstellung des Chinaldins, dem Ausgangsmaterial für die Gewinnung des Chinolingelbs [4]; in Form von Paraaldehyd als Schlafmittel in der Medizin.


Literatur: [1] Städeler, Journal s. prakt. Chemie, 76, 54. – [2] Krämer und Pinner, Berichte d. deutschen ehem. Gesellsch., 2, 401; 3, 75; 4, 787; Kekulé Berichte d. deutschen ehem. Gesellsch., 4, 718; Pierre und Puchot, Annalen d. Chemie, 163, 258. – [3] Krämer und Grodzki, Berichte d. deutschen ehem. Gesellsch., 9, 1820; Mabery, Jahresber. d. Chemie, 1883, 1774. – [4] O. Döbner und W. v. Miller, Berichte d. deutschen ehem. Gesellsch., 16, 2465. – [5] Ciamician, Jahresber. d. Chemie 1880, 695. – [6] Tollens, Berichte d. deutschen ehem. Gesellsch., 17, 660. – [7] Kekulé und Zincke, Ann. d. Chemie, 162,143. – [8] Wurtz, Compt. rendus, 74,1361.

Bujard.

Zum Nachweis von Aldehyd, namentlich im Spiritus, dienen folgende Reaktionen: 1. Schwarzfärbung beim Kochen mit ammoniakalischer Silberlösung. 2. Eine durch überschüssige schweflige Säure (SO2) entfärbte Fuchsinlösung färbt sich beim Schütteln mit Aldehyd in der Kälte rotviolett. 3. Mit salzsaurem Metaphenylendiamin gibt Aldehyd gelbe bis gelbrote Färbung. Nach einigem Stehen tritt starke grüne Fluoreszenz ein, die sich dauernd erhält. Zur quantitativen Bestimmung von Aldehyd im Spiritus lassen sich die unter 2. und 3. angeführten Reaktionen benutzen, indem man die Färbungen mit denen vergleicht, die bei bekanntem Aldehydgehalt eintreten. (Vgl. Compt. rend. 112, 53, und Zeitschrift für Spiritusindustrie 1891, S. 218.) Zu beachten ist, daß die Reaktion mit Fuchsin und Metaphenylendiamin auch andre Aldehyde, die Reaktion mit Silberlösung Furfurol anzeigt.

H. Herzfeld.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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