Blaudruck

Blaudruck

Blaudruck ist der älteste Zweig der abendländischen Leinwand- und Baumwolldruckerei, die sich anfänglich auf den von den Indiern entlehnten, nicht besonders reinen oder scharfen Wachs- oder Porzellandruck beschränkte (s. Reservage). Das Gewebe wurde stellenweise mit geschmolzenem Wachs getränkt und dann in der Waidküpe blau gefärbt, die höchstens 63° C. warm (Schmelzpunkt des Bienenwachses) gehalten werden durfte. Das Wachs bildete hierbei eine Schutzdecke, durch die das Anfallen des Indigo an das Gewebe örtlich verhindert wurde. An die Stelle dieses nur mechanisch und unvollkommen schützenden Wachsdrucks trat später der heute noch verwendete Weißpapp, der, von Hand oder Perrotine auf das Gewebe gedruckt, die betreffenden Stellen durch seine Verdickung sowie durch seinen Gehalt an löslichem Kupfersalz halb mechanisch, halb chemisch gegen das Einfärben in der Blauküpe schützt.

Das Auftreten dieser Reservage dürfte in die Mitte des 18. Jahrhunderts zu verlegen sein. Nachdem 1812 das Bleichromat durch die Untersuchungen Dulongs bekannt geworden war, konnte man nach dem Vorgehen Walter Crums (1826) dieselbe weiße Reserve auch als gelbe oder orangefarbige Reserve verwenden, indem man ihr einfach neben dem Kupfersalz einen Zusatz von Bleisalzen gab und die damit vorgedruckten und nachher blaugeküpten Stücke in lauwarmer Chromkalilösung gelb oder in heißer Calciumchromatlösung orange färbte. Wird die weiße oder gelbe Reserve auf vorgefärbtes Hellindigoblau gedruckt und dann die Ware in der Küpe dunkelblau ausgefärbt, so erhält man mit dem Weißpapp hellblaue Figuren auf dunkelblauem Grund, mit der gelben Reserve nach dem Chromfärben eine grüne Zeichnung auf blauem Grund, da das unverändert gebliebene Hellblau mit dem aufgefärbten Chromgelb sich zu einem Mischgrün addiert. Wird obigem Weißpapp nicht ein Bleisalz, sondern ein Tonerde- oder Eisenmordant neben dem Kupfersalz einverleibt, so werden die Basen dieser zwei Beizen durch den Kalk der Vitriolküpe auf der Baumwolle fixiert und lassen sich nach dem Blaufärben in einem Krapp- oder Farbholzbad ausfärben, so daß rote, braune, gelbe, schwarze u.s.w. Effekte auf blauem Grund entstehen. Dies Verhalten wurde zuerst in England, dann seit 1811 mit besserem Erfolg im Elsaß für die Zusammenstellung des komplizierten, aber wirkungsvollen Lapisartikels benutzt, bei dem mit Hilfe einer besonderen, arsensaures Kali und Sublimat enthaltenden Reserve Weiß in Blau, Weiß in Rot, Schwarz u.s.w. neben Blau auf einen Schlag erhalten und die kalte Vitriolküpe mit der Krappfärberei kombiniert wird. Im Jahre 1826, als man mit dem Gebrauche des Chromkalis schon vertraut war, fing man alsdann an, das vorgefärbte Küpenblau weiß und bunt zu ätzen (s. Aetzfarben), um nicht bloß gröbere Zeichnungen, wie mit dem Reservagedruck, sondern auch zarte Figuren auf blauem Grund ausführen zu können, und dies ganz dem Rouleauxdruck angehörende Verfahren hat den Reservagedruck der Hand- und Perrotinedrucker seit dieser Zeit weit überholt. Wie wir gesehen haben, spielt der Indigo selbst, sowohl beim Reservage- als auch beim Aetzverfahren, nur eine leitende Rolle, sofern er beim ersteren stellenweise von der Vereinigung mit der Faser abgehalten, beim letzteren gänzlich zerstört wird. Gleichwohl rechnet man sie gerade so gut zum Blaudruck wie die Verfahren, bei welchen mit rohem oder mit reduziertem Indigo zartere blaue Zeichnungen auf weiße Baumwolle gedruckt werden, während bei den Reservage-, namentlich aber bei den Aetzartikeln das Blau dem Umfang nach im Muster vorwiegt. Dieser Indigodruck oder Blaudruck im eigentlichen Sinn des Wortes ist mit dem Wachsdruck aus Indien zu uns gekommen in Form des Pinsel-, Schilder- oder Kastenblaus, einer in Gummi verdickten, konzentrierten Opermentküpe, die wegen ihrer Giftigkeit gefährliche und wegen ihrer leichten Oxydierbarkeit unbeständige Farbe anfangs der 90er Jahre vorigen Jahrhunderts von dem Fayenceblau abgelöst wurde. Diese Blaudruckfarbe ist feinzerriebener, in Gummi verdickter Indigo mit einem[44] Zusatz von Eisenvitriollösung, und das mit ihr bedruckte Gewebe wurde abwechselnd durch warme Kalk- und Eisenvitriolbäder genommen und zwischenhinein der Luft ausgesetzt, damit der in den Bädern reduzierte Indigo auf dem Stoff vergrünen konnte. Fayenceblau und Fayencegrün (letzteres erhalten durch Zusatz von Alaun und schwefelsaurem Zinn zu ersterem mit nachfolgendem Ausfärben in der Küpe und im Wauabsud) hielten sich bis 1834, nachdem ihnen Bancrofts Solidblau und Solidgrün schon seit 1826 Konkurrenz gemacht hatten. Das erste Solidblau war ein aus Indigo mittels Zinnoxydulhydrats, Zucker und kaustischer Lauge reduziertes und mit Gummi verdicktes Indigweiß, dem für die Herstellung von Fayencegrün ein Bleisalz zugefügt wurde, um schließlich dem Fayenceblau im Chrombad ein gelbes Pigment beizumengen. Die Solidblauvorschrift hat mehrere Wandlungen durchgemacht, bis sie schließlich in nächster Nähe der Vitriolküpe flehen geblieben ist, sofern nach der letzten Vorschrift der gemahlene Indigo mit Kalk und Eisenvitriol reduziert, gelöst, mit Zinnsalz das Indigweiß ausgefällt, der entstandene Niederschlag mit Gummiwasser verdickt und auf die weiße Baumwolle gedruckt wird. Vor dem Oxydieren des Indigweiß auf dem Stoff wird letzteres in einem Kalkbad halb gelöst, worauf das Indigoblau beim Einhängen der Ware in den Fluß durch Sauerstoffaufnahme wieder zum Vorschein kommt. – Das jüngste Blaudruckverfahren beruht auf der von Fritzsche schon 1863 beobachteten Reduktion des Indigos durch Traubenzucker und Natronlauge; es ist unter dem Namen Glykoseprozeß bekannt und wird von der Schlieper-Baumschen Kattundruckerei in Elberfeld seit den 70er Jahren für ihre Rot-Blau-Artikel (s. Indigodruck) in großem Maßstab ausgeführt.


Literatur: Möhlau, Organische Farbstoffe, Dresden 1890; v. Georgievics, Der Indigo, Leipzig Und Wien 1892.

(Kielmeyer.) R. Möhlau.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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