Bauarbeiter [1]

Bauarbeiter [1]

Bauarbeiter, die bei der Ausführung von Bauarbeiten als Arbeiter beschäftigten Personen. Ihre Tätigkeit ist mit besonderen Gefahren für Leben und Gesundheit verbunden, weshalb zu ihrem Schütze besondere Bestimmungen erforderlich sind.

Für Deutschland kommen, abgesehen von den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Schadensersatzpflicht beim Einsturz u.s.w. eines Gebäudes oder eines andern mit einem Grundstücke verbundenen Werkes und über die Haftung des Dienstherrn für Einrichtungen zur Verrichtung der Dienste beim Dienstvertrag (§§ 836 ff., 618, 619), insbesondere folgende Bestimmungen in Betracht: § 120a der Reichsgewerbeordnung bestimmt allgemein: »Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, die Arbeitsräume, Betriebsvorrichtungen, Maschinen und Gerätschaften so einzurichten und zu unterhalten und den Betrieb so zu regeln, daß die Arbeiter gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt sind, wie es die Natur des Betriebs gestattet. Insbesondere ist für genügendes Licht, ausreichenden Luftraum und Luftwechsel, Beseitigung des bei dem Betrieb entstehenden Staubes, der dabei entwickelten Dünste und Gase, sowie der dabei entstehenden Abfälle Sorge zu tragen. Ebenso sind diejenigen Vorrichtungen herzustellen, welche zum Schütze der Arbeiter gegen gefährliche Berührungen mit Maschinen oder Maschinenteilen oder gegen andre in der Natur der Betriebsstätte oder des Betriebs liegende Gefahren, namentlich auch gegen die Gefahren, welche aus Fabrikbränden erwachsen können, erforderlich sind. Endlich sind diejenigen Vorschriften über die Ordnung des Betriebs und das Verhalten der Arbeiter zu erlassen, welche zur Sicherung eines gefahrlosen Betriebs erforderlich sind.« Nach § 120b der Gewerbeordnung sind die Gewerbeunternehmer verpflichtet, diejenigen Einrichtungen zu treffen und zu unterhalten und diejenigen Vorschriften über das Verhalten der Arbeiter im Betriebe zu erlassen, die erforderlich sind, um die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes zu sichern. Insbesondere müssen auch die Bedürfnisanstalten so eingerichtet sein, daß sie für die Zahl der Arbeiter ausreichen, daß den Anforderungen der Gesundheitspflege entsprochen wird und daß ihre Benutzung ohne Verletzung von Sitte und Anstand erfolgen kann. Nach § 120 c der Gewerbeordnung endlich sind Gewerbeunternehmer, die Arbeiter unter 18 Jahren beschäftigen, verpflichtet, bei der Einrichtung der Betriebsstätte und bei der Regelung des Betriebs diejenigen besonderen Rücksichten auf Gesundheit und Sittlichkeit zu nehmen, die durch das Alter dieser Arbeiter geboten sind. – Als Gewerbeunternehmer im Sinne der Gewerbeordnung gelten übrigens nur diejenigen Gewerbetreibenden, auf welche die Gewerbeordnung Anwendung findet, während diejenigen Personen, die Bauarbeiten in eigner Regie (im Eigenbetrieb) oder nicht gewerbsmäßig als Unternehmer ausführen, diesen Bestimmungen der Gewerbeordnung nicht unterstehen. – Nach näherer Maßgabe des § 120e der Gewerbeordnung können durch Beschluß des Bundesrats Vorschriften darüber erlassen werden, welchen Anforderungen in bestimmten Arten von Anlagen zur Durchführung der in den §§ 120 a bis 120 c enthaltenen Grundsätze zu genügen ist. Soweit solche Vorschriften durch Beschluß des Bundesrats nicht erlassen sind, können dieselben durch Anordnung der Landeszentralbehörden oder durch Polizeiverordnungen der zum Erlasse solcher berechtigten Behörden erlassen werden. Auf Grund des § 120 e hat der Bundesrat unter dem 20. März 1902 die Bekanntmachung, betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Steinbrüchen und Steinhauereien[569] (Steinmetzbetrieben), Reichsgesetzblatt S. 78, erlassen, die zum Teil auch für die auf Bauten beschäftigten Steinhauer Anwendung findet. – Wegen der Strafbestimmungen bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der Gewerbeordnung (§ 147 Abs. 1 Ziff. 4 und Abs. 4, § 151) sowie wegen der Strafbestimmungen des Reichsstrafgesetzbuchs (§ 330, § 367 Ziff. 14) vgl. Strafrecht. – Nach § 112 des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes vom 30. Juni 1900 (Reichsgesetzblatt S. 347), das nach näherer Maßgabe dieses Gesetzes auf die Bauarbeiter Anwendung findet, sind die Berufsgenossenschaften befugt und können im Aufsichtsweg angehalten werden, Vorschriften zu erlassen: 1. über die von den Mitgliedern zur Verhütung von Unfällen in ihren Betrieben zu treffenden Einrichtungen und Anordnungen unter Bedrohung der Zuwiderhandelnden mit Geldstrafen bis zu 1000 ℳ. oder mit der Einschätzung ihrer Betriebe in eine höhere Gefahrenklasse oder, falls sich die letzteren bereits in der höchsten Gefahrenklasse befinden, mit Zuschlägen bis zum doppelten Betrag ihrer Beiträge; 2. über das in den Betrieben von den Versicherten zur Verhütung von Unfällen zu beobachtende Verhalten unter Bedrohung der Zuwiderhandelnden mit Geldstrafen bis zu 6 ℳ. Bei der Beratung und Beschlußfassung über diese Vorschriften sind Vertreter der Arbeiter zuzuziehen (§ 113). – Nach § 119 sind die Genossenschaften verpflichtet, für die Durchführung der gemäß § 112 erlassenen Unfallverhütungsvorschriften Sorge zu tragen. Sie sind befugt, durch technische Aufsichtsbeamte die Befolgung der zur Verhütung von Unfällen erlassenen Vorschriften zu überwachen, und die einer Genossenschaft angehörenden Betriebsunternehmer sind verpflichtet und können unter Umständen (vgl. § 120) durch Geldstrafen hierzu angehalten werden, den als solchen legitimierten technischen Aufsichtsbeamten der beteiligten Genossenschaft auf Erfordern den Zutritt zu ihren Betriebsstätten während der Arbeitszeit zu gestatten (vgl. a. §§ 40, 43, 44 des Bauunfallversicherungsgesetzes). – Demgemäß enthalten die Unfallverhütungsvorschriften der in Betracht kommenden Berufsgenossenschaften eingehende Einzelbestimmungen, die dem Schütze der Bauarbeiter dienen, und deren Befolgung strenger Kontrolle durch die Organe der Berufsgenossenschaft unterstellt ist. – Auch die Bestimmungen über die Haftung der Betriebsunternehmer und Betriebsbeamten sowie Dritter (§§ 135–141 des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes, §§ 45–48 des Bauunfallversicherungsgesetzes) kommen hier in Betracht. – Landesrechtlich geben die Bauordnungen teils allgemeine Bestimmungen dafür, daß bei den Bauausführungen und bei dem Abbruch von Bauten die nötigen Vorkehrungen gegen Unglücksfälle zu treffen sind, teils enthalten sie noch besondere Vorschriften zum Schütze der Bauarbeiter. Daneben beschäftigen sich insbesondere neuerdings, nicht zum wenigsten infolge der starken Zunahme der Bautätigkeit, des Hereindrängens unzuverlässiger Personen in das Baugewerbe und der vielen Unfälle in Baubetrieben, zahlreiche, zum Teil auf Grund des § 120e der Gewerbeordnung erlassene Einzelverfügungen mit den Maßnahmen zum Schütze der Bauarbeiter gegen die mit ihrem Beruf verbundenen Gefahren und Unzuträglichkeiten. Hierher gehören neben Vorschriften über die Sicherheit (Konstruktionsfestigkeit) der Bauten und Baugerüste u.s.w. solche über Beschaffung von geeigneten Unterkunftsräumen (Bauhütten) für die Bauarbeiter zur Benutzung während der Arbeitspausen und zum Schütze gegen die Unbilden der Witterung, über die Anlegung und Reinhaltung von Bedürfnisanstalten, über die Verschließung von Tür- und Lichtöffnungen der einzelnen Räume während der Ausführung von Arbeiten im Inneren von Bauten bei kalter Witterung, über das Verbot des Aufstellens offener Koksfeuer in den Arbeitsräumen u. dergl. Besondere Bestimmungen sind ferner der Durchführung einer geeigneten Baukontrolle gewidmet, die sich auch auf die Beobachtung der zum Schutz von Leben, Gesundheit und Sittlichkeit der Bauarbeiter erlassenen Vorschriften erstreckt. Dabei können dem Bauarbeiterstande angehörende Personen zu Bauaufsehern bestellt werden, so in Bayern, Württemberg und Baden, wo übrigens zur Voraussetzung gemacht ist, daß die dem Arbeiterstande angehörenden Personen aus ihrem Arbeitsverhältnis ausscheiden, damit ihre Unabhängigkeit gesichert bleibt. – Für die beim Eisenbahnbau beschäftigten Arbeiter sind, sofern sie nicht im unmittelbaren Dienst der Eisenbahnverwaltungen, sondern in demjenigen von Unternehmern flehen, die allgemeinen Grundsätze maßgebend. Auf die im Regiebetrieb der Eisenbahnverwaltungen beschäftigten Bauarbeiter findet stets das Gewerbeunfallversicherungsgesetz (§ 1 Abs. I Ziff. 3), dagegen niemals die Gewerbeordnung Anwendung, da es, soweit Eisenbahnneubauten in Betracht kommen, an einem gewerblichen Unternehmen überhaupt fehlt, während die Eisenbahnunterhaltungsarbeiten, zu denen auch kleinere bauliche Aenderungen und Ergänzungen zu rechnen sind, als Teile des Eisenbahnbetriebs durch § 6 der Gewerbeordnung der Anwendbarkeit dieses Gesetzes ausdrücklich entzogen sind.

Ueber die Krankenversicherung der Bauarbeiter und die Baukrankenkassen s. Krankenversicherung, über die Unfallversicherung der Bauarbeiter s. Unfallversicherung, wegen des Verbots der Sonntagsarbeit im Baugewerbe (§ 105b der Gewerbeordnung) s. Sonntagsruhe. Vgl. a. Arbeiter, jugendliche, Arbeiterschutz, Kinderschutz u.s.w.


Literatur: Die Kommentare zur Reichsgewerbeordnung und die unter »Baupolizei« angegebenen Handausgaben der Bauordnungen u.s.w. Ferner »Landesbehördliche Arbeiterschutzvorschriften«, zusammengestellt im Reichsamt des Innern, Nachweisung der auf Grund des § 120 e Abs. 2 (bezw. der entsprechenden Vorschriften der älteren Fassungen) der Gewerbeordnung oder auf Grund des Landesrechtes durch Anordnung der Landeszentralbehörden oder durch Polizeiverordnungen zum Schütze gewerblicher Arbeiter erlassenen Vorschriften, Berlin 1897, mit einem Nachtrag, Berlin 1901. Sodann für Bayern: Der Bauarbeiterschutz in Bayern, Taschenausgabe für jeden bayrischen Bauarbeiter, herausgegeben von der bayrischen Landesbauarbeiterschutzkommission, Nürnberg 1901. Für Württemberg: die Vorschriften zum Schütze der Bauarbeiter in Württemberg. Zum Gebrauch für die Bauarbeiter und die weiteren Kreise der Interessenten, Stuttgart 1902 (im Auftrag des Ministeriums des Innern herausgegeben). Für Baden: Verordnung, den Schutz der bei Bauten beschäftigten Personen gegen Berufsgefahren betreffend, vom 29. Februar 1904, Gesetz- und Verordnungsblatt S. 15 ff.

Köhler.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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