Trägheitsmoment [2]

Trägheitsmoment [2]

Trägheitsmoment, graphische Berechnung.

Während das Trägheitsmoment bei einfachen oder rechtwinklig begrenzten Figuren mittels Formeln berechnet wird, empfiehlt sich bei unregelmäßigen Figuren das graphische Verfahren. Soll z.B. das Trägheitsmoment eines Schienenprofils bestimmt werden, so teilt man es, durch wagerechte Linien in eine Anzahl gleich breiter Streifen (Fig. 1), betrachtet deren Flächeninhalte als Kräfte, läßt sie in wagerechter Richtung wirken und setzt sie durch ein Seilpolygon S1 (s.d.) zusammen. Die Flächeninhalte der Streifen werden hierbei unter Einhaltung eines bestimmten Flächenmaßstabes als Strecken ΔF einem Kräftepolygon K zusammengetragen, dessen Gesamtlänge F = Σ (ΔF) ist. Die erste und letzte Seite des Seilecks S1 bestimmen den Schwerpunkt (s.d.) der Figur, und die einzelnen Seilabschnitte Δs auf der Schwerlinie[596] stellen mit der Polweite b multipliziert die statischen Momente der Flächenstreifen dar (vgl. Parallelkräfte). Betrachtet man jetzt diese Abschnitte wiederum als Kräfte und setzt sie durch ein zweites Seilpolygon So zusammen, so bekommt man die Trägheitsmomente der Flächenstreifen bezogen auf die horizontale Schwerpunktsachse des Schienenprofils als die einzelnen Seilabschnitte von S2 auf jener Schwerlinie. Diese Abschnitte sind aber noch mit der Polweite c des zweiten Kräftepolygons zu multiplizieren. Es ist also das Trägheitsmoment:

J = Σ ΔF · y · y = t · b · c.

Hierbei sind die Größen t und c im Längenmaßstab, b im Flächenmaßstab abzumessen.

Will man die senkrechte Halbachse i der Trägheitsellipse (s.d.) bestimmen, so setzt man J = F · i2 und bekommt


Trägheitsmoment [2]

Macht man, was stets ratsam ist, b = 1/2 F, so wird einfacher


Trägheitsmoment [2]

Man findet daher i, indem man c und 1/2 t nebeneinander aufträgt und über der Summe einen Halbkreis zeichnet (Fig. 1 unten). – Handelt es sich darum, das Widerstandsmoment W (s.d.) des Schienenquerschnitts zu finden, so macht man c gleich der Entfernung der äußersten Faser und hat dann W = b · t. – Ferner wird mit b = F/2 der Kernradius k (s. Kern), da W = F · k ist, gleich 1/2 t.

Die zwischen dem Seileck S1 und seinen Endtangenten eingeschlossene Fläche ist, wie man leicht erkennt, F1 = Σ (1/2 Δs · y), oder, da b · Δs = ΔF · y, ist F1 = Σ 1/2 · ΔF · y2/b oder J = ΣΔF · y = 2 F1 · b. Macht man b = 1/2 F, so wird J = F · F1. Die Fläche F1 wird »Trägheitsfläche« genannt; wenn man in großem Maßstabe zeichnet, so kann der Inhalt von F1 genau genug mit dem Planimeter (s.d.) gemessen werden; das zweite Seileck fällt hierbei weg.

Soll das Trägheitsmoment auch für die senkrechte Achse der Schiene bestimmt werden, so läßt man die Kräfte ΔF lotrecht wirken und zwar tangential an die Trägheitsellipsen der einzelnen Flächenstreifen (Fig. 2). Die Ellipsen selbst brauchen nicht gezeichnet zu werden; es genügt, deren wagerechte Halbachsen zu bestimmen. Meißens verfährt man genau genug, wenn man die wagerechte Halbachse gleich der Streifenlänge mal


Trägheitsmoment [2]

macht. Man zeichnet nun wie oben ein erstes Seileck S1 betrachtet dessen Abschnitte auf der Schienenachse als Kräfte und zeichnet hierauf das zweite Seileck S2. Dann ist wie oben J = b · c · t und


Trägheitsmoment [2]

Auch die Wiederholung des in Fig. 1 gezeigten Verfahrens mit lotrechter Streifeneinteilung führt zum Ziel. Andre Verfahren zur graphischen Berechnung von Trägheitsmomenten haben Vojacek, Nehls u.a. angegeben.


Literatur: Culmann, Graphische Statik, Zürich 1866, 2. Aufl. 1875; Bauschinger, Elemente der graphischen Statik, München 1880; v. Ott, K., Das graphische Rechnen und die graphische. Statik, Prag 1884–85; Vojacek, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1869, S. 182; Mohr, Zeitschr. d. hann. Arch.- u. Ing.-Ver. 1870, S. 41; Nehls, Zivilingen. 1874, S. 295; Müller-Breslau, Graphische Statik der Baukonstruktionen, Stuttgart 1905; Lauenstein, Graphische Statik, Stuttgart 1898; zahlreiche andre Werke über graphische Statik.

Mörsch.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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