Stützmauern [1]

Stützmauern [1]

Stützmauern haben den Zweck, Erdmassen möglichst lotrecht zu begrenzen; sie heißen in bestimmten Fällen wohl auch Futtermauern (s.d.) und Böschungsmauern. Zu unterscheiden davon sind die Verkleidungsmauern, welche verwitterbarem, sonst aber tragfähigem Gestein vorgesetzt werden.

Stützmauern kommen hauptsächlich bei Dämmen und Einschnitten von Straßen und Eisenbahnen, als Begrenzung von Wasserläufen (Ufer- und Kaimauern), im Festungsbau und bei städtischen Straßenanlagen, wohl auch bei Hochbauanlagen, vor. – Das Querprofil der Stützmauern ist in sehr verschiedener Form ausgeführt worden: 1. Mauern mit lotrechter Vorder- und Hinterfläche; wenig vorteilhaft, weil viel Material erfordernd. 2. Mauern mit lotrechter Vorder- und geböschter Hinterfläche (Fig. 1); vorteilhaft, sobald man auf eine lotrechte Vorderfläche Wert zu legen hat. 3. Mauern mit geböschter Vorder- und lotrechter Hinterfläche (Fig. 2) erfordern weniger Material als die vorhergehenden. 4. Mauern mit geböschter Vorder- und Hinterfläche (Fig. 3); bei günstiger Wahl der Mauerböschungen in bezug auf Materialaufwand vorteilhaft. 5. Mauern mit Unterschneidungen an der Rückseite (Fig. 4); Hinterfläche alsdann gebrochen; bei zweckmäßiger Wahl der Profilform sehr materialersparend. 6. Mauern, bei denen Vorder- und Hinterfläche gebrochen sind; erfordern unter günstigen Verhältnissen sehr wenig Material, nehmen aber im Grundriß viel Raum in Anspruch. 7. Mauern mit gekrümmten Begrenzungsflächen (Fig. 5); erfordern bei vorteilhafter Wahl der Profillinien den geringsten Materialaufwand, sind aber schwieriger auszuführen. 8. Man hat die eigentliche Stützmauer nur schwach gehalten, sie aber durch an der[389] Vorder- oder an der Rückseite vorgesetzte Pfeiler verstärkt (Fig. 6); geschieht der Materialersparnis wegen. 9. Mauern mit stehenden Gewölben: man errichtet einzelne Pfeiler, zwischen denen stehende Gewölbe eingespannt werden, die ihre äußere Laibung den zu stützenden Erdmassen zuwenden. An der Rückseite der Mauern werden statt kontinuierlich verlaufender Böschungen auch Abtreppungen ausgeführt.

Die Stärke der Stützmauern ist nach dem auf sie wirkenden Erddruck (s.d.) zu ermitteln; sie müssen mit demselben im Gleichgewicht stehen.

Für erste Annahmen und näherungsweise Berechnungen kann man folgende Angaben benutzen:

1. Stützmauern vor aufgeschüttetem Bodenmaterial: a) für gut konstruierte und sorgfältig ausgeführte Mauern bei trockener, wagerecht gelagerter Hinterfüllung b = 2/7 h (b = mittlere Mauerdicke, h = Mauerhöhe); b) für Mauern gewöhnlicher Konstruktion und nicht zu nasser Hinterfüllung b = 1/3h; c) bei tonigem oder lehmigem Hinterfüllungsmaterial, das abrutschen kann, b = 3/7h; d) Intzes Formeln, die für Mauern mit geringer Neigung der Vorderfläche und bis zu 10 m Höhe Gültigkeit haben, lauten für nassen Hinterfüllungsboden x = 0,4 h + 0,016 h2 für trockenen Hinterfüllungsboden x = 0,32 h + 0,011 h2, worin x die Mauerdicke in der beliebigen Tiefe h unter der Mauerkrone bezeichnet.

2. Stützmauern vor abgegrabenen Erdmassen b = 0,29 + 0,17 h; für solche mit der Erdüberhöhung H


Stützmauern [1]

alle Maße in Metern. Trockenmauern erhalten 11/4 – 11/2 der Dicke von Mörtelmauern. Die Profile werden durch Einzeichnen der Stützlinien nachgeprüft.

Stützmauern werden meist aus Bruchsteinen, hartgebrannten Backsteinen und Hausteinen wohl auch aus gemischtem Material, seltener aus Beton hergestellt; das Mauerwerk wird hierbei entweder ohne Mörtel ausgeführt (Trockenmauern) oder unter Anwendung von Mörtel (Mörtelmauern). Oben werden die Stützmauern in der Regel mit Steinplatten abgedeckt, die, wem die Erdmassen über die Mauerkrone emporsteigen, mit Erdhaken versehen werden; sehr zweckmäßig, wenn auch teuer, ist die Abdeckung mit Quadern, die auch als Rollschicht ausgeführt werden können; Backsteinmauern erhalten in Fällen, wo Platten aus natürlichem Stein schwer zu beschaffen sind, eine Abdeckung durch Backsteinrollschichten. Für die Abführung des hinter einer Stützmauer sich ansammelnden Wassers ist Sorge zu tragen, damit der Erddruck nicht durch den Wasserdruck vergrößert wird. Meistens genügt es, das Wasser bloß an der Sohl abzuführen und dort Kanäle oder Schlitze anzuordnen; bei höheren Mauern sind solche Schlitz in verschiedener Höhe anzubringen.


Literatur: [1] Schmitt, E., Der Erdkunstbau auf Straßen und Eisenbahnen, Teil I, Leipzig 1871. – [2] Rebhann, G., Theorie des Erddruckes und der Futtermauern, Wien 1871. – [3] Baumeister, R., Allgem. Konstruktionslehre des Ingenieurs, ausgegeben von E.V. Feldegg, Teil II Karlsruhe 1878. – [4] Dubasque, J., Etudes théorétiques et pratiques sur les murs de soutenement et les ponts en maçonnerie, Paris 1881. – [5] Handbuch der Ingenieurwissenschafter Teil I, Bd. 2, 4. Aufl., Leipzig 1905.

Schmitt-Darmstadt.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 5., Fig. 6.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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