Stöcke

Stöcke

Stöcke. Als Spazier- Reit-, Peitschen- und Schirmstöcke verwendet man verschiedene Materialien aus dem Tier- und Pflanzenreich. Das erstere liefert in der Nashorn- und Flußpferdhaut, im Fischbein und Horn die zu Stöcken brauchbaren Stoffe; das Pflanzenreich bietet als besonders geeignete Stockmaterialien die langen, dünnen Schöße oder Triebe der Holzpflanzen, seltener das Stammholz selbst. Im allgemeinen verlangt man von einem Stocke hohe Fertigkeit, Elastizität und Leichtigkeit; bei Spazierstöcken ist auch die Farbe und die äußere Kannelierung (Narbenbildung durch die Blattansatzstellen, Astknoten, oder im Gegensatz besondere Glätte) maßgebend und sehr der Mode unterworfen. Die erstgenannten Eigenschaften sind insbesondere den Bambus- und Rottangstöcken eigen, die, obwohl exotischer Abstammung, sich des umfangreichsten Gebrauches erfreuen.

Bambusrohr, der holzharte Halm von Bambusa vulgaris Wendland, B. Balcava Roxb. und B. Tulda Roxb. (Bambusa arundinacea Retz. ist dornig), von Phyllostachys- und Dendrocalamusarten, erreicht eine Länge von 18 m und wird in den riesigen Rohrdickichten des tropischen Asiens sowie auch durch Kultur gewonnen. Wie alle echten Halme, sind Bambusrohre hohl und durch Ringelknoten und Querscheidewände gegliedert. Nach der Farbe und Herkunft unterscheidet man: Pfefferrohr mit sehr verkürzten und flachknotigen Gliedern (von Phyllostachys); andre Sorten sind Tonking, Whampoa, Carolina, Jambee, Wild Bamboo, Blackroot u.a. Der geschätzte Perlbambus (Whangee) besitzt 2–3, seltener 6 cm lange Glieder und mit Narben der Adventivwurzeln perlschnurartig besetzte Knoten; jeder Knoten zeigt nur eine Blattspur, welche das Glied nach oben eine Strecke weit furcht oder abflacht [1]. Bambus dient als Bauholz, zu Masten, Hängebrücken, Gestängen, Wasserröhren, Flößen, Dachziegeln, Spazierstöcken, Flöten, zum Anzünden der Straßenlaternen [4].

Spanisches Rohr, Stuhlrohr, Rottang, Rotang, Rattan, die schlanken, zylindrischen Stammabschnitte verschiedener Arten der Palmengattung Calamus, kommen von dem südostasiatischen Archipel in den Handel. Die echten Rohrstöcke flammen von Calamus Scipionum aus Cochinchina, wo die Palme Heotau genannt wird. Als Stuhlrohr oder Sesselrohr dienen die geraden, bis fingerdicken, etwa 1,8–2,4 m langen Stäbe, die nach Semler [2] folgendermaßen gewonnen werden: In den Stamm des Baumes, an welchem sich eine Rottangpalme hinaufrankt, haut der Malaye, einige Fuß über der Erde, eine schmale Kerbe ein. Dann schneidet er die Palme ab, schält die Rinde über der Schnittfläche einige Zoll weit ab, steckt den entblößten Stammteil in die Kerbe und zieht die Palme durch, solange sie von gleicher Dicke ist; dann wird sie abgeschnitten. Je hundert werden einmal oder doppelt zusammengebogen und in ein Bündel gebunden. Die Stäbe sind außen fahlgelb oder bräunlich, zart längsstreifig oder glatt, besitzen einen hohen Grad von Fertigkeit und Elastizität und dienen, in dünne Streifen zerspalten, als ausgezeichnetes Flechtmaterial. Die Streifen der Peripherie mit der glatten Außenfläche werden zu Geflechten für Rohrsessel, Korbwaren, Korbwagen u.s.w. verwendet, die glanzlosen Streifen aus dem Innern der Stäbe zum Ueberflechten von Gefäßen, zu Sieben, Körben, Matten, Tauen, Luxusartikeln. Das echte spanische Rohr, Malaccarohr, ist langschüssig, d.h. ein Stock besteht nur aus einem Glied (Schuß) und darf keine Knoten besitzen.[324] Kurzschüssige, schwarz geringelte Rohrstöcke heißen fälschlich Zuckerrohr. Eine Nachahmung des schwarzen Fischbeins, das sogenannte Wallosin, ist mit Kautschuk imprägniertes dünnes Stuhlrohr [3].

Auch von andern Palmen werden Spazierstöcke erzeugt; sie sind braun, schwarz gestreift (von den Gefäßbündeln) und auffallend schwer. Zu diesen gehören Rafah und Penang Lawyer (von Raphia). Einheimische Stöcke flammen von Birken, Weiß- und Rotbuchen, Haselstrauch (besonders zu Bergstöcken), Eichen (englische Eichenstöcke, stark knotig, fest und billig), Zürgeln (Peitschenstiele, s. Bd. 6, Nutzhölzer, 45.), Eschen, Reben (höchst zähe, mit naturgebogenem Griffe, gestreift, die amerikanischen oder Cubareben gegenwärtig sehr beliebt), Kornelkirschen (Cornus mas), Hartriegel (dieser und der vorige als der Ziegenhainer des deutschen Wanderburschen bekannt), Linden, Ahorn, Pfeifenstrauch (falscher Jasmin, leicht, mit lichtgrauer Rinde), Weißdorn (sehr knotig), Mispel (Néflier, Medlar), Weichsel. Weichselstöcke von Prunus Mahaleb, infolge des Kumaringehaltes wohlriechend, sind auch als Pfeifenröhren, Zigarrenspitzen viel verwendet. Hohe, krautige Königskerzen (Himmelbrand, Verbascum) liefern die leichtesten und doch ziemlich festen, durch zierliche Narbenbildung ausgezeichneten Stöcke, die als assyrische Disteln in den Handel kommen. Als Teestaude kommen stumpf gehöckerte Stöcke von China und Indien in den Handel, die von Xanthoxylon flammen. Die Höcker sind Korkbildungen und lassen sich leicht absprengen. Gegenwärtig sind schöngezeichnete Stöcke von südeuropäischen und exotischen Hölzern beliebt, und zwar: Pferdefleischholz (Bolletrie, Swartzia tomentosa DC), Letternholz (Buchstaben-, Schlangen-, Tigerholz), Rebhuhn-, Vacapouholz (von Andira sp.), schwarzes Ebenholz, Marraesche (Südeuropa), Olivenholz.


Literatur: [1] Möller, Die Rohstoffe des Tischler- und Drechslergewerbes, II, Cassel 1884. – [2] Semler, Tropische Agrikultur, I, Wismar 1886, S. 676. – [3] Geißler-Möller, Realencyklopädie der ges. Pharmacie, 2. Aufl., X, Wien 1890, S. 689. – [4] Schröter, Der Bambus und seine Bedeutung als Nutzpflanze, Basel 1886.

T.F. Hanausek.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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