Schwefel [2]

Schwefel [2]

Schwefel S, Atomgew. 32,07, spez. Gew. 1,96–2,06, bei gewöhnlicher Temperatur fetter, gelber, pulverisierbarer Körper, Nichtleiter der Elektrizität, schmilzt bei 113° zu einer dünnflüssigen, hellgelben Flüssigkeit, wird bei 160° dickflüssiger, bei 220° zähe und rötlich, zwischen 240° bis 260° sehr zähe und rotbraun, über 340° wieder dünnflüssig, ohne die dunkle Farbe zu ändern, und siedet bei 448,4° unter Entwicklung rotbrauner Dämpfe, die sich unter 110° zu einem seinen kristallinischen gelben Pulver, den sogenannten Schwefelblumen, verdichten. An der Luft auf 250° erhitzt, verbrennt er zu Schwefeldioxyd, Schwefligsäureanhydrid. Schwefel ist polymorph; der in der Natur vorkommende kristallisiert rhombisch (vgl. den vorhergehenden Artikel); die bei raschem Erstarren aus flüssigem Schwefel entstehenden Kristalle bilden lange, biegsame, durchsichtige, monokline Nadeln, die nach einiger Zeit unter Bildung rhombischer Kristalle hart und undurchsichtig werden; außerdem gibt es noch triklinen und amorphen Schwefel; letzterer entsteht als milchweißer, sein verteilter Niederschlag (Schwefelmilch) durch Zersetzung von Lösungen der Alkalisulfide durch Säuren.

Schwefel ist unlöslich in Wasser, wenig löslich in Alkohol und Aether, leicht löslich in Chlorschwefel, Schwefelkohlenstoff, Chloroform; auch Benzol, Stein- und Terpentinöl lösen Schwefel. Ueber die einzelnen Modifikationen des Schwefels, über die verschiedene Löslichkeit bezw. Unlöslichkeit in Schwefelkohlenstoff u.s.w. s. [1]. Der Schwefel kommt in der Natur gediegen (Sizilien, Louisiana und Texas) vor, ferner in Verbindung mit Metallen, wie Schwefel-, Kupfer-, Arsenikkies u.s.w., in den schwefelsauren Salzen, wie Gips, Schwerspat u.s.w., gasförmig als Schwefelwasserstoff (s.d.) in den sogenannten Schwefelquellen und, neben schwefliger Säure, bei Vulkanen. Endlich kommt auch Schwefel in vielen organischen Verbindungen, so in den Eiweißstoffen vor.

[844] Schwefel wird in Sizilien durch Ausschmelzen der meistens 20–40% Schwefel haltenden Gesteine, Gemenge von gediegenem Schwefel, Gips-, Kalkstein, Ton u.s.w., in den sogenannten Calcaronen gewonnen. Die Calcaronen sind an Abhängen angelegte, ausgemauerte Gruben, welche mit den Schwefelerzen, die unter Aussparen einiger Luftkanäle übereinander geschichtet sind, gefüllt und mit einer Decke von ausgebranntem Erz versehen sind. Die zum Ausschmelzen des Schwefels erforderliche Wärme wird durch Verbrennen eines Teils des Schwefels gewonnen, da andres Brennmaterial in Sizilien zu teuer ist. Der ausgeschmolzene Schwefel wird in nassen Holzformen erstarren gelassen. Das Ausschmelzen eines Calcarones dauert 1–3 Monate und liefert etwa 50, seiten bis 70% des in den Erzen enthaltenen Schwefels. Um aus dem gewonnenen Rohschwefel reinen Schwefel darzustellen, wird er in gußeisernen Zylindern, welche mit einer großen Kammer in Verbindung stehen, der Destillation unterworfen, wobei, je nachdem kleinere oder größere Mengen Schwefel raffiniert werden und die Temperatur in der Kammer unter oder über 110° beträgt, Schwefelblumen oder flüssiger Schwefel erhalten werden. Den flüssigen Schwefel läßt man in schwach konischen Formen zu dem sogenannten Stangenschwefel erstarren. Verfahren, den Schwefel aus dem Schwefelgestein durch Extraktion mit Schwefelkohlenstoff zu gewinnen, finden kaum Anwendung. – In Louisiana und Texas gewinnt man den tiefliegenden Schwefel, indem man durch hineingetriebene Rohrleitungen überhitztes Wasser zuführt und den geschmolzenen Schwefel mittels daneben zugeleiteter gepreßter Luft herausfördert. – Sonst wird Schwefel durch Rotten von Eisenkies oder Kupferkies gewonnen. Als Ergänzung zu den unter Schwefelsäure beschriebenen Kiesröstöfen mögen hier die Röstöfen von Herreshoff und von Kauffmann kurz beschrieben werden. Beide sind mechanisch betriebene Etagenöfen. – Der vielverbreitete Herreshoff-Ofen (Metallurgische Gesellschaft, A.-G., Frankfurt a. M.) ist folgender: In einem zylindrischen Schacht sind in Abständen übereinander fünf in der Mitte durchbohrte Schamottplatten befestigt, durch welche eine Hohlwelle hindurchgesteckt ist, die dicht über jeder Schamottplatte auswechselbare Rührarme trägt. Die Hohlwelle wird mit Luft gekühlt und durch ein unten befindliches Vorgelege angetrieben. Das selbsttätig oben eingeworfene Erzklein bewegt sich, durch die Rührarme, geführt, von Platte zu Platte, abwechselnd durch Umfangsöffnungen und durch die erweiterte mittlere Oeffnung fallend. Der von unten durch die Entleerungstüren entgegensteigende Luftstrom führt die Röstgase oben in eine Sammelleitung [2]. – Der Kauffmann-Ofen (Cölner Erzröstgesellschaft) unterscheidet sich vom vorbeschriebenen hauptsächlich dadurch, daß die Hohlwelle mit Preßluft gekühlt und oben angetrieben wird und daß die Rührarme anders befestigt sind [3]. Der arsenhaltige Schwefel aus Eisenkies wird durch Destillation vom Arsen getrennt, der arsenhaltige Rückstand heißt Roßschwefel und wird in der Tierheilkunde benutzt. Der (früher im Harz) bei dem Rösten des Kupferkieses aus den Rösthaufen heraustropfende Schwefel führt den Namen Jungfernschwefel. – Aus der bis 40% Schwefel enthaltenden Gasreinigungsmasse läßt sich Schwefel durch Extraktion mit Schwefelkohlenstoff gewinnen; meistens aber wird die Masse durch Abrösten regeneriert, wobei die entstehende schweflige Säure zur Darstellung von Schwefelsäure dient. Endlich werden noch aus den Sodarückständen beträchtliche Schwefelmengen gewonnen, doch meistens auch nicht auf Schwefel, sondern auf schweflige Säure verarbeitet. – Ueber die Verwendung vgl. den vorhergehenden Artikel. Näheres über die Gewinnung s. [4] und [5].


Literatur: [1] Roscoe und Classen, Lehrbuch der anorg. Chemie, Braunschweig 1895, Bd. 1, S. 340. – [2] Dingl. Polyt. Journ. 1902. – [3] Winteler, Chemiker-Ztg., Cöthen 1906, S. 467. – [4] Dammer, Handbuch der ehem. Technologie, Stuttgart 1895, Bd. 1, S. 79. – [5] Fischer, Handbuch der ehem. Technologie, Leipzig 1893, S. 367.

(Rathgen) Moye.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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