Schubelastizität

Schubelastizität

Schubelastizität, die Elastizität (s.d.) der Körper gegen Beanspruchungen, die zwei einander anliegende oder sehr nahe liegende Flächen längs einander zu verschieben suchen (vgl. Abscherung, Druck, Spannungen, Schubspannungen, Schubfestigkeit). Bezeichnet f die fragliche Verschiebung für die anfänglich um die kleine Größe l entfernten ebenen Flächen F durch eine gleichmäßig auf dieselben verteilte ruhende Kraft P = F τ in der Richtung von f und es erzeugt eine Aenderung d P von P eine Aenderung d f von f, so heißt in

[819] d P = G F · df/l, d f = l/GF · d P = l/G · d τ

1.


G der Schubelastizitätsmodul, mitunter kurz Schubmodul, für die Richtung von f (vgl. Elastizitätsmodul, Bd. 3, S. 393).

Derselbe bedeutet hiernach das Verhältnis der Spannungsänderung d τ zur Gleitungsänderung df/l, unter Gleitung die Längsbewegung pro Entfernungseinheit der verschobenen Flächen, f/l = tg γ (s. die Figur) oder bei den gewöhnlichen kleinen f den Winkel γ als Bogen vom Radius 1 verbanden. Ist G konstant oder wird anstatt des variabeln G ein konstanter Mittelwert eingeführt, der von P = 0 bis P = P das gleiche schließliche f bedingt, dann folgen aus 1.:

P = G F · f/l, f = Pl/GF = l/G · τ,

2.


so daß in diesem Falle G die gedachte Spannung τ für die Gleitung f/l = 1 und umgekehrt 1/G die Gleitung f/l für die Spannung τ = 1 darstellt. Angesichts der Schwierigkeit, G aus Schubversuchen zu bestimmen, wird sein Wert meist durch Torsionsversuche erhalten oder aus der für isotrope Körper bestehenden Beziehung zwischen G und dem Zugelastizitätsmodul E (vgl. Elastizitätsquotient, Bd. 3, S. 393, 395). Doch ist besonders bei faserigen Materialien eine Veränderlichkeit von G mit der Beanspruchungsrichtung zu erwarten. Ueber den Einfluß der Schubelastizität bei der Biegung s.d. (Bd. 1, S. 797) und Biegungsarbeit, Biegungselastizität, Balken (einfache, Bd. 1, S. 520), Elastische Linie (Bd. 3, S. 375), Elastizitätsmodul (Bd. 3, S. 394) u.s.w.; Allgemeines über ihren Einfluß s. Elastizitätslehre, allgemeine (Bd. 3, S. 389). Zu beachten ist, daß in 1., 2. f nur von den erwähnten gleichmäßig verteilten Schubkräften, nicht etwa zu einem in Betracht kommenden Teile von Biegungsspannungen herrühren darf. Für den in obiger Figur angedeuteten Fall hätte man nach der Biegungstheorie mit Rücksicht auf den Einfluß der Schubkräfte (Bd. 1, S. 521; Bd. 2, S. 3):


Schubelastizität

was nur dann mit 2. übereinstimmt, wenn das zweite Glied in der Klammer verschwindet, wie bei genügend kleinem l, und zugleich k = 1 ist, wie bei gleichmäßig auf den Querschnitt F verteiltem P, während die von der Biegung herrührenden Schubspannungen nicht gleichmäßig verteilt sind (s. Schubspannungen und Bd. 1, S. 792). Bezüglich des Ueberschreitens der Elastizitätsgrenze (s.d.) bei Schub bestehen ähnliche Verhältnisse wie im entsprechenden Falle bei Zug (Bd. 3, S. 386) und Druck (Bd. 3, S. 116), indem erhebliche bleibende Deformationen und je nach Umständen Einschnitte, Risse u.s.w. und schließlich der Bruch eintreten (vgl. Fließgrenze, Schubfestigkeit).


Literatur: [1] Navier, Résumé des leçons etc. sur l'application de la mécanique, avec des notes et des appendices de Saint-Venant, Paris 1864, S. CXXV, 36, 185, 329 u.s.w. – [2] Winkler, Die Lehre von der Elastizität und Fertigkeit, Prag 1867, S. 20, 45 u.s.w. – [3] Grashof, Theorie der Elastizität und Festigkeit, Berlin 1878, S. 123, 199, 203, 283. – [4] Weyrauch, Theorie elastischer Körper, Leipzig 1884, S. 6, 32, 43, 123, 124 u.s.w. – [5] Foeppl, Vorlesungen über technische Mechanik, III, Festigkeitslehre, Leipzig 1900, S. 59, 74, 128. – [6] v. Tetmajer, Die angewandte Elastizitäts- und Festigkeitslehre, Leipzig und Wien 1904, S. 294. – [7] Bach, Elastizität und Fertigkeit, Leipzig 1905, S. 288, 357, 395, 424. – [8] Keck-Hotop, Vorträge über Elastizitätslehre, I, Hannover 1905, S. 69, 89, 225.

Weyrauch.

Schubelastizität

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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