Schiebebühnen

Schiebebühnen

Schiebebühnen (Schiebeschlitten, Gleiskarren), sehr niedere Wagen, auf welchen einzelne Eisenbahnfahrzeuge von einem Gleis in andre gleichlaufende Gleise rechtwinklig zur Richtung dieser Gleise verschoben werden. Der Wagen hat die Form einer Bühne und besteht aus Längs- und Querträgern. Letztere tragen Laufrollen, welche auf quer zu den Schienen der gleichlaufenden Fahrgleise liegenden Laufschienen rollen. Die Achsen der Rollen sind somit parallel der Längsachse des Bühnenwagens und der Achse der Fahrgleise. Zur Aufnahme der Fahrzeuge hat die Bühne ein Gleis, dessen Schienen entweder auf den Längsträgern befestigt (Fig. 1 und 2) oder, bei doppelter Anordnung der Längsträger, zwischen dieselben gelegt (Fig. 3) oder in Form von Flacheisen an die Längsträger genietet (Fig. 57) oder starke Eisen- oder Stahlbalken von quadratischem oder rechteckigem Querschnitt sind (Fig. 4). Im letzteren Fall sind die Schienen zugleich Längsträger. Die Laufschienen der Schiebebühnen sind entweder in Höhe der Schienen der Fahrgleise angeordnet oder tiefer. Hiernach unterscheidet man: Versenkte Schiebebühnen oder Schiebebühnen mit Laufgrube und nichtversenkte Schiebebühnen oder Schiebebühnen ohne Laufgrube.

Versenkte Schiebebühnen (Fig. 13) liegen in einer möglichst flachen, höchstens 50 cm tiefen Grube, welche die Fahrgleise unterbricht. Die Laufschienen sind auf der Grubensohle, gewöhnlich auf Mauerwerk befestigt. Die Oberkante der Fahrgleise und die des Gleises auf der Bühne sind genau gleich hoch, das Einfahren der Fahrzeuge auf die Schiebebühne hat keine Schwierigkeit. Die Querträger können kräftig ausgebildet werden; sie werden meist doppelt angeordnet und fassen zwischen sich die Laufrollen, welchen ein ziemlich großer Durchmesser gegeben werden kann, so daß der Bewegungswiderstand verhältnismäßig gering wird. Diese Art von Schiebebühnen wird dort angewendet, wo eine Unterbrechung der Fahrgleise statthaft ist und wo es sich um das Verschieben sehr schwerer Wagen oder dienstbereiter Lokomotiven handelt, also in Werkstätten und besonders vor und in großen Lokomotivschuppen[616] (s. Bd. 6, S. 218, Fig. 5, 6 und 7). In Hauptgleisen sind sie nur an stumpfen Enden zulässig (s. Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung [B.O.] § 20).

Nichtversenkte Schiebebühnen werden auf Bahnhöfen nur zum Verschieben von Wagen, in Werkstätten auch zum Verschieben leerer Lokomotiven ohne Tender verwendet. Die Fahrgleise sind nicht unterbrochen. Die Oberkante der Schienen der Fahrgleise und die der Laufschienen der Bühne liegen entweder genau gleich hoch oder letztere liegen um die Höhe der Spurkränze der Laufrollen höher als die der Fahrschienen. In beiden Fällen liegt das Gleis auf der Bühne über den Fahrgleisen, die Fahrzeuge müssen beim Einfahren auf die Bühne etwas gehoben werden. Bei der ersten Anordnung müssen sowohl die Laufschienen als auch die Schienen der Fahrgleise ausgeschnitten werden, um die Spurkränze durchzulassen; sie eignet sich daher nur für Nebengleise. Bei der zweiten bleiben die Schienen der Fahrgleise unberührt, es müssen nur die Laufschienen der fahrzeuge. Die zweite Anordnung eignet sich daher auch für Hauptgleise. Um den Uebergang der Laufrollen über die großen Lücken der Laufschienen an den Fahrschienen zu erleichtern, ordnet man an jedem Querträgerende mindestens zwei Laufrollen an, die sich beim Uebergang Bühne ausgeschnitten werden; und zwar innerhalb der Fahrgleise für die Spurkränze, außerhalb (auf Schienenoberkante) für die Radreifen der Eisenbahn-[617] über die Lücken gegenseitig unterstützen. Die Spurkränze der auf der Bühne stehenden Fahrzeuge dürfen bei der Querverschiebung an den Fahrschienen nicht streifen, mit Rücksicht auf einen kleinen Spielraum erhält man somit als Mindesthöhe zwischen Oberkante Fahrgleis und Oberkante der Schienen auf der Schiebebühne 45 mm. Nach oben dürfen Längsträger und Laufrollen nicht in die Linie für die Umgrenzung der Fahrzeuge (B.O. § 28) eingreifen. Diese liegt bei Lokomotiven 100 mm, bei Wagen 130 mm über Schienenoberkante. Das Minimalmaß für die Durchmesser der Laufrollen und die Gesamthöhe für Längsträger samt Querträger, welche über die Fahrgleise weggehen müssen, ergibt sich somit zu 145 mm bezw. 175 mm. Schiebebühnen mit solch kleinen Rollen gehen sehr schwer. Um leichteren Gang zu erhalten, vergrößert man die Rollendurchmesser auf etwa 220–280 mm. Hierdurch kommen aber die Schienen auf der Bühne höher zu liegen und müssen die Fahrzeuge beim Aufschieben auf die Schiebebühne höher gehoben werden. Bei der geringen verfügbaren Höhe ist es schwer, genügend tragfähige Längsträger von rationellem Querschnitt zu erhalten. Vielfach verwendet man massive quadratische oder rechteckige Stahlbalken. Noch schwieriger ist die Ausbildung der unter den Längsträgern liegenden Querträger. Diese sind oft nur breite, 30–40 mm dicke Flacheisen, die dann zu beiden Seiten der Längsträger, also innen und außen, durch Laufrollen gestützt werden. Bei erhöhten Laufschienen wird neben jeder äußeren Rolle, damit diese leichter über die großen Lücken in den Laufschienen hinüberkommt (s. oben), oft noch eine dritte Rolle angeordnet (s. Fig. 4, 4a und 4b). Um die Fahrzeuge auf die Bühne herausbringen zu können, werden an den Enden derselben bewegliche Auflauframpen angebracht. Der Bewegungswiderstand dieser Schiebebühnen ist wegen der kleinen Laufrollen ein sehr großer. Um ihn zu verringern, wendet man größere Laufrollen an, diese müssen aber außerhalb von der Umgrenzung der Fahrzeuge angeordnet werden. Hierdurch werden die Querträger viel länger und so stark beansprucht, daß man ihnen T-förmigen Querschnitt mit hohem Siebblech geben muß, das nach unten geht und in einen schmalen Schlitz eingreift, der in den Fahrschienen und in der Bühnenbettung ausgespart ist (s. Fig. 5). Um das Aufbringen der Wagen auf die Schiebebühne zu erleichtern, hat man bei der letzteren Konstruktion, die sich überhaupt nur für Werkstätten eignet, die Fahrgleise auf die Länge der Bühne um etwa 35 mm versenkt und die Enden der Längsträger etwas abgebogen, so daß die Wagen ohne weiteres auf die nur wenig erhöhte Bühnenbahn geschoben werden können (s. Fig. 6). Sollen mit einer Schiebebühne nur einzelne Achsen oder Güterwagen ohne Bremsgestänge verschoben werden, bei denen der Raum zwischen den Rädern unterhalb der Achse vollständig frei ist, so können die inneren Rollen und die Längsträger wesentlich höher gemacht werden, da die »Umgrenzung für die Fahrzeuge« nicht eingehalten werden muß (s. Fig. 7). Derartige Schiebebühnen sind aber nur für Handbetrieb, also für leichte Fahrzeuge.

Die Länge der Schiebebühnen richtet sich nach dem Radstand der auf ihnen zu verschiebenden Fahrzeuge, sie soll auf jeder Seite den Radstand um 40–50 cm überragen, also 80–100 cm länger als der Radstand sein. Hiernach soll die Länge der Schiebebühnen für zweiachsige Güterwagen mindestens 5,0 m, für mehrachsige Güterwagen sowie für zwei- und mehrachsige Personenwagen 7,5–10 m, für Tenderlokomotiven und Lokomotiven ohne Tender 7,5–8,0 m, für Lokomotiven mit Tender und vierachsige Wagen 15 m und mehr betragen.

Die Zahl der Laufschienen beträgt drei bis sechs. Vielfach werden die Laufschienen, besonders die stärker belasteten mittleren, aus zwei Schienen gebildet. Die Laufrollen sind[618] zylindrisch, nicht konisch; zur Führung der Bühne erhalten einige derselben Spurkränze, und zwar entweder einseitig oder beidseitig, oder bei doppelten Laufschienen in der Mitte, oder es werden an den Querträgern besondere wagerechte Führungsrollen gegen die Laufschienen angebracht. Um guten Gang zu sichern, sind Längs- und Querträger wagerecht gegeneinander abzusteifen.

Die Bewegung der Schiebebühnen geschieht bei solchen für leichtere Lasten von Hand. Die Arbeiter stemmen sich gegen das auf der Bühne stehende Fahrzeug und verschieben es mit der Bühne, manchmal sind aber auch an der Bühne besondere Griffe angebracht, an[619] welchen die Arbeiter anfassen. Bei schwereren Latten geschieht die Bewegung durch Handkurbel mit Zahnradvorgelege, durch welches ein Teil der Laufrollen bewegt wird. Die Belastung dieser Rollen muß so groß sein, daß ihre Reibung auf der Schiene genügt, um die Schiebebühne samt Last weiterzubewegen. Bei lebhafter Benutzung, z.B. vor Lokomotivschuppen, auf Personenbahnhöfen (zum Einstellen von Pott- und Eilgutwagen in die Züge), auf Güterbahnhöfen geschieht der Antrieb mechanisch, durch eine aufgesetzte oder angehängte Dampfmaschine oder gegenwärtig, wo eine Stromquelle vorhanden ist, meist elektrisch. Bei mechanischem Antrieb ist aber stets noch eine Handwinde für den Notfall vorhanden. Auch Druckwasserantrieb wird angewendet, hierbei wird die Schiebebühne mittels Seilen oder Ketten hin und her gezogen.

Die Bewegungsgeschwindigkeit der Wagenschiebebühnen beträgt: Bei Handbetrieb 0,2 bis 0,5 m/sec, bei mechanischem Betrieb 1,0–1,5 m/sec, je nachdem belastet oder leer, die der Lokomotivschiebebühnen bei Handbetrieb leer mit vier Arbeitern etwa 0,16 m/sec, belastet mit acht Arbeitern etwa 0,08 m/sec, bei mechanischem Antrieb leer 0,5–1,0 m/sec, belastet 0,3 bis 0,5 m/sec. Um die Wagen leicht auf die Bühne stellen zu können, werden auf der Bühne, besonders bei nichtversenkten, wo die Wagen gehoben werden müssen, Seilwinden oder Spille angebracht, die von Hand oder bei mechanischem Antrieb der Bühne ebenfalls mechanisch angetrieben werden.

Eine Verbindung von Schiebebühne und Drehscheibe ist auf dem Bahnhof St. Lazare in Paris am Ende zweier Personengleise ausgeführt, um die kurzen Lokomotiven der angekommenen Vorortzüge während des Umsetzens auf das nebenliegende Gleis zugleich drehen zu können. Die Drehscheibe von 5,25 m Durchmesser ist mit ihrem Mittelzapfen und Umfangsring auf der Schiebebühne gelagert. Diese ist dreigleisig, so daß bei jeder Endstellung der Schiebebühne die beiden Gleise durchgehen, sie läuft mit 24 Rollen auf vier versenkten Laufschienen und ist nur 6 m lang. Der Betrieb ist hydraulisch [6], 1888, S. 206.


Literatur: [1] Röll, Encyklopädie des Eisenbahnwesens, Bd. 6, Wien 1894. – [2] Meyer, G., Grundzüge des Eisenbahnmaschinenbaus, Bd. 3, Berlin 1886. – [3] Fränkel, Schiebebühnen und Drehscheiben, 2. Aufl., Prag 1876. – [4] Heusinger v. Waldegg, Spez. Eisenbahntechnik, Bd. 1, Leipzig 1877. – [5] Revue générale des chemins de fer 1884, 1889, 1891, 1904. – [6] Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens 1879, 1883, 1888, 1889, 1890, 1905. – [7] Glasers Annalen 1888, II, 1898, I. – [8] Musterzeichnungen der preußischen Staatsbahn 1894 (nicht käuflich). – [9] Eisenbahntechnik der Gegenwart, 3. Abschn., Bahnhofsanlagen, Wiesbaden 1899. – [10] Handbuch der Ingenieurwissensch., Bd. 5, Der Eisenbahnbau, 3. Abt., Leipzig 1898.

H. Kübler.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
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Fig. 3.
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Fig. 4., Fig. 4a., Fig. 4b.
Fig. 4., Fig. 4a., Fig. 4b.
Fig. 5.
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Fig. 6.
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Fig. 7.
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http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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