Roheisen, Roheisenerzeugung

Roheisen, Roheisenerzeugung

Roheisen, Roheisenerzeugung (s. Bd. 7, S. 451 ff.). Um die Beheizungsdauer der Winderhitzer (Cowper) abzukürzen und damit eventuell auch die Zahl der Winderhitzer zu vermindern, wird nach dem Vorgang von Pfoser-Strack-Stumm [1] das Gichtgas der Verbrennungsluft unter Druck in die Winderhitzer[640] eingeführt und mit erhöhter Geschwindigkeit durch die Kanäle hindurchgetrieben. Ein weiterer Vorteil besteht in der Vermeidung des Ansatzes von Gichtstaub an den Steinen der Winderhitzer und der dadurch bedingten Verringerung der Querschnitte der Kanäle.

Um den Brennstoffverbrauch der Hochöfen zu vermindern, die Erzeugung zu steigern und ein an Beimengungen reineres Eisen zu erhalten, werden zurzeit Versuche mit Zusatz von Sauerstoff zum Gebläsewind und mit reinem Sauerstoff angestellt [2].

Die in Bd. 7, S. 457 erwähnte Trocknung des Gebläsewinds nach dem Gayleyschen Verfahren hat bei amerikanischen Hochöfen [3] Brennstoffersparnisse bis zu 21% und eine Steigerung der Erzeugung bis zu 23% bei einer Abnahme des Feuchtigkeitsgehalts des Windes von 9 auf 5,5 g/cbm, und bei englischen Hochöfen eine Brennstoffersparnis bis zu 18,4% und eine Produktionssteigerung bis zu 26,4% im Gefolge gehabt. In Deutschland hat sich das Gayleysche Verfahren (Hochofenwerk: Gewerkschaft Deutscher Kaiser bei Bruckhausen) nicht bewährt. Eine Trocknung des Gebläsewindes mit Chlorcalcium nach Daubiné und Roy [13] wird auf dem Differdinger Hüttenwerk mit gutem Erfolg angewendet.

Die Begichtung der Hochöfen erfolgt immer mehr mit Hilfe von Gichtkübeln, die – ohne Umladen des Materials auf der Gicht – das Beschickungsmaterial aus dem Gichtkübel unmittelbar in den Ofen entleeren, Fig. 1 (Gutehoffnungshütte, Oberhausen), oder mit Hilfe von Elektrohängebahnen, Fig. 24 (A. Bleichert & Co. in Leipzig-Gohlis). Bei letzterer Anordnung ist jeder Wagen mit einem Elektromotor ausgestattet; auf der Schrägbahn werden die Wagen durch ein Zugseil bewegt, wobei Kupplung und Entkupplung[641] selbsttätig durch Kurvenschienen erfolgt. Fig. 4 zeigt das Auskippen der Wagen in den Trichter [4].

Die Mischer (Fig. 57), deren Fassungsvermögen auf 1200 t [5] gestiegen ist, werden jetzt vielfach bei Verwendung des Roheisens für den Siemens-Martin-Prozeß zum Vorfrischen des Roheisens (unter Zusatz von Eisenerz) benutzt, wodurch für den Siemens-Martin-Prozeß entsprechende Vorteile (kürzere Chargendauer u.s.w.) erzielt werden.

Von großer Bedeutung ist die Anreicherung, Brikettierung und Agglomerierung seiner Erze und des Gichtstaubs geworden. Ueber die einzelnen Verfahren vgl. [6].

Das Gichtgas (vgl. Bd. 7, S. 462) wird neben der Verwendung in den Winderhitzern, Gasmaschinen und Dampfkesseln vielfach auch für andre Zwecke, z.B. zur Beheizung von Oefen aller Art (z.B. Koksöfen, Siemens-Martin-Oefen), für Trockenzwecke u.s.w. verwendet [7].

Die Reinigung des Gichtgases, insbesondere für Gasmotoren, geschieht mit Hilfe von Ventilatoren, Zentrifugalwaschern und Filtern [8].

Die Zerkleinerung der Roheisenmasseln nach dem Gießen erfolgt entweder mit Hilfe von mechanisch betriebenen, fahrbar angeordneten Hämmern oder mit Hilfe von Masselbrechern (Pressen), denen die von einem Magnetkran in ihrer ganzen Länge erfaßte Massel ruckweise zugeführt wird (Ausführung der Badishen Maschinenfabrik in Durlach).

Das Körnen (Granulieren) der Hochofenschlacke wird nach einem auf den Buderusschen Werken in Wetzlar angewandten Verfahren (D.R.P. Nr. 249129) mit Hilfe eines Luftstroms in einer umlaufenden Trommel vorgenommen,[642] der zur Vermeidung der Bildung von Schlackenwolle je nach Bedarf angefeuchtet wird. Das Volumen der so gekörnten Schlacke ist geringer als bei wassergranulierter Schlacke, und bei Weiterverwendung der Schlacke werden die Trocknungskosten erspart [9].

Die elektrische Roheisenerzeugung ist bis jetzt in Schweden und Kalifornien zur Anwendung gekommen. Die verwendeten Ofensysteme besitzen entweder die Form eines Schachtofens oder zur Erzielung größerer Leistung die Form eines Martinofens. Sie sind mit Elektroden versehen [10].


Literatur: [1] »Stahl u. Eisen« 1914, 14. Febr. – [2] Ebd. 1913, 29. Aug. – [3] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1913, S. 922. – [4] Lilge, Fr., Hochofenbegichtungsanlagen mit besonderer Berücksichtigung ihrer Wirtschaftlichkeit, Berlin 1913. – [5] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1914, S. 46 ff. (Ueber neuere Roheisenmischer). – [6] Ebd. 1913, S. 144; »Stahl u. Eisen«. – [7] Buck, R., Beiträge zur Ausnutzung der Hochofengase, Düsseldorf 1911. – [8] Berichte für prakt. Hüttenwesen des Intern. Kongresses für Bergbau, Hüttenwesen u.s.w., Düsseldorf 1910. – [9] »Stahl u. Eisen« 1910, 18. Mai; Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1910, S. 994. – [10] »Stahl u. Eisen« 1913, 20. März, 20. Febr.; Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1913, Nr. 16; 1912, Nr. 39; 1909, Nr. 48. – [11] Taschenbuch für Eisenhüttenleute, herausgeg. vom Akad. Verein »Hütte«, Berlin 1910. – [12] Mitteilungen aus dem eisenhüttenmännischen Institut der Kgl. Techn. Hochschule Aachen, Bd. I–V, Halle. – [13] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1911, S. 911.

A. Widmaier.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2 und 3.
Fig. 2 und 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5 und 6.
Fig. 5 und 6.
Fig. 7.
Fig. 7.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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