Phototelegraphie

Phototelegraphie

Phototelegraphie (Bildtelegraphie) ist die telegraphische Uebertragung von Halbtonbildern (Photographien), und führt in weiterer Vollendung zum Probleme des elektrischen Fernsehens.

Man unterscheidet zwei Methoden der Uebertragung: 1. Nach der Reliefmethode. 2. Selenmethoden.

1. Reliefmethoden. Das Bild wird im Geber als Relief verwendet und kommt zu dessen Herstellung vor allem der Chromatgelatineprozeß zur Anwendung. Es muß ein der[607] Tönung des Bildes an jeder Stelle proportional starker Stromstoß in die Leitung entsendet werden. Das Reliefbild wird zu diesem Zwecke um eine zylindrische Walze gelegt, welche durch einen Motor in Umdrehung versetzt wird. Die Walze oder der Stift erhalten gleichzeitig eine fortschreitende Bewegung längs der Achse, so daß der Stift das Bild in seinen Schraubenlinien abtastet Die dadurch hervorgerufenen Schwankungen des Stiftes werden nun in verschiedener Weise in elektrische Stromstöße umgewandelt.

Amstutz (Fig. 1) verwendete eine größere Zahl von Kontakten eines unterteilten Widerstandes, welche jedoch in verschiedener Höhe sich befinden (c c). Der Taststift a ist als zweiarmiger Hebel ausgebildet, und dessen freies Ende trägt eine Schiene, welche je nach dem Relief höher oder tiefer ausschlägt. Durch das Schwingen der Schiene werden mehr oder weniger Kontakte bei b b abgehoben, wodurch der Widerstand in der Leitung sich ändert und Stromstöße entstehen. Bei einem andern Verfahren von Amstutz bewegt sich das freie Ende des Taststiftes parallel der Achse einer rasch rotierenden Trommel. Auf der Trommel befindet sich ein Widerstandskontakt in Form eines Dreieckes mit der Spitze nach oben. Je höher der Taststifthebel auf der Trommel steht, desto kürzere, je tiefer er steht, desto längere Stromimpulse werden in die Leitung entsendet. Als Empfänger verwendet Amstutz einen Elektromagneten, der mit Hilfe eines Stichels in eine weiche Masse graviert.

Bei Belin (Fig. 2) ist die Taststiftbewegung im Geber a identisch der früheren. Das freie Ende des Hebels, welches durch verschieden lange Hebelarme verhältnismäßig große Elongation besitzt (ca. 3,5 mm), bewegt sich mit einem seinen Röllchen über einen Widerstandskontakt b. Dieser besteht aus Glimmerplättchen mit dazwischen befindlichen seinen Silberlamellen. Das Ganze ist stark zusammengepreßt und oben abgeschliffen. Zwischen den Silberlamellen sind die Widerstandsdrähte geschaltet. Belin verwendete auch die Stromschwankungen des Mikrophons, indem dessen mit einem Stifte versehene Membrane direkt das Relief abtastete. Der Empfänger Belins arbeitet optisch. Die ankommenden Stromimpulse betätigen einen Oszillographen c, dessen Spiegel entsprechende Ablenkungen zeigt und dadurch das auf ihn geworfene Licht einer Bogenlampe nach verschiedenen Richtungen reflektiert. Das reflektierte Licht wird mit Hilfe einer Linse auf einen photographischen Film konzentriert, muß aber zuvor das Lichtfilter d passieren, welches von oben nach unten transparenter wird, so daß durch eine starke Spiegelablenkung ein schwächerer Lichteindruck auf dem Film hervorgerufen wird.

Bei allen Empfangsstationen ist es Grundbedingung, daß die ankommenden Zeichen in derselben Reihenfolge aneinandergereiht werden, wie sie abgesendet werden. Zur Herstellung dieses Synchronismus kommt ein von D'Arlincourt 1868 erfundenes Verfahren meist in der von Korn verbesserten Form zur Anwendung (Fig. 3). Es werden Gebe- und Empfangsfolie auf zwei vollkommen kongruenten Zylindern beteiligt Die beiden Zylinder werden durch Gleichstrom-Nebenschluß-Elektromotoren [608] M so angetrieben, daß der Empfangszylinder etwas schneller läuft als der Gebezylinder. Die Bestimmung der Tourenzahl auf beiden Stationen erfolgt mittels Resonanztourenzählern, welche eine Genauigkeit bis zu 1/4% besitzen. Der Empfangszylinder i wird nun nach jeder Umdrehung durch einen Hebel d aufgehalten. Die Freigabe erfolgt erst, wenn der Gebezylinder nachgekommen ist, indem dieser nach vollendeter Tour den Umschalter g umlegt und einen Stromstoß entgegengesetzter Richtung in die Leitung sendet. Gleichzeitig mit dem Stillstand hat der Empfangszylinder mit Hilfe des Exzenters die Leitung vom Empfänger ab- und auf das Relais R umgeschaltet. Das polarisierte Relais betätigt die Lokalbatterie L und Magnet h, wodurch der Hebel d zurückgezogen und der Zylinder freigegeben wird. Es beginnen also beide Zylinder gleichzeitig die Umdrehung. Bei der Weiterdrehung des Empfangszylinders erfolgt wieder Umschaltung der Leitung auf das Empfangsgalvanometer. Wie man steht, darf der Empfangszylinder vom Motor nur durch Friktion mitgenommen werden. Die drehende Bewegung erhält er durch Mitnehmer k, während die Spindel l ihm die Längsverschiebung erteilt.

2. Selenmethoden. Die besten Erfolge wurden durch Verwendung lichtempfindlicher Selenzellen (s.d.) zur Bildübertragung erzielt, und wurde die Methode durch Korn ausgebildet. Im Geber (Fig. 3) befindet sich in einem lichtdichten Kalten a das zu übertragende Bild als Dispositivfolie auf dem gläsernen, senkrecht angeordneten Gebezylinder b aufgezogen, der die bekannte Dreh- und Längsbewegung macht. Im Innern des Zylinders befindet sich die Selenzelle z1; durch ein Linsensystem o1 wird ein starkes Lichtstrahlenbündel auf einem kleinen Punkte des Filmbildes konzentriert und das Licht mittels Prisma auf die Selenzelle geworfen, welche infolge der verschiedenen Tönung des Bildes verschiedene Widerstände annimmt. Die ankommenden Stromimpulse dienen in der Empfangsstation zur Betätigung des Empfangsapparates, dessen Aufgabe es ist, den ankommenden Stromstößen proportionale Lichtmengen auf den photographischen Empfangsfilm gelangen zu lassen. Korn benützt für diesen Zweck das Lichtrelais, eine Art Saitengalvanometer (Fig. 4). Zwischen den Schenkeln eines sehr starken Elektromagneten M befinden sich zwei bifilare Drähte gespannt, welche mit den Stromzuleitungen versehen werden. In der Mitte sind die Magnete durchbohrt, so daß das Licht einer starken Lichtquelle durchtreten kann; die Drähte tragen ein dünnes Aluminiumblättchen a, welches die Oeffnung bei Stromlosigkeit gerade verdeckt. Trifft ein Stromimpuls ein, so werden die Drähte gehoben und die Blende gibt die Oeffnung für das Licht mehr oder weniger frei. Da jedoch die Größe der Ablenkung der Größe des Stromimpulses nicht proportional ist, muß diese Proportionalität durch eine geeignete Form der Blendenöffnung herbeigeführt werden. Diese erhält die Form nach Fig. 5.

Eine große Schwierigkeit für dieses Verfahren lag in der Trägheit des Selens, welche darin besteht, daß eine Zelle nach erfolgter Verdunkelung nicht sofort, sondern erst nach längerer Zeit den Dunkelwiderstand annimmt. Fig. 6 zeigt die Trägheitskurve einer Selenzelle nach einer oszillographischen Aufnahme von Bruno Glatzel. Durch die Kornsche Kompensationsschaltung gelang es, die Trägheit der Zellen praktisch vollkommen aufzuheben. Es werden hierbei (Fig. 7) im Geber die eigentliche Geberzelle S1 und die Kompensationszelle S2 verwendet. In den Brückendraht ist die Fernleitung mit dem Empfänger b2, außerdem aber auch im Geber ein Saitengalvanometer b1 geschaltet, welches mit Hilfe der Lichtquelle c die Kompensationszelle beeinflußt. Bei Belichtung der Geberzelle S1 tritt ein Stromstoß im Brückendrahte, d.h. in der Fernleitung ein, der Empfänger b2 spricht an, gleichzeitig belichtet aber Saitengalvanometer b1 die Zelle S2, weshalb der Strom im Brückendraht, d.h. in der Fernleitung, sofort verschwindet. Fig. 8 zeigt eine oszillographische Aufnahme einer kompensierten Trägheitskurve nach Glatzel. Fig. 9 zeigt eine phototelegraphische Uebertragung von Korn zwischen München und Berlin. Uebertragungszeit 12 Minuten.

L. Tschörner, Wien, verwendet im Geber eine ähnliche Methode wie Amstutz. Es kommt eine Selenzelle b und Dispositiv zur Anwendung. Die Stromstöße beeinflussen einen Elektromagneten c, welcher den auf der rotierenden Kontakttrommel d schleifenden Stift a höher oder tiefer einstellt. Auf der Empfangsstation betätigen die Stromstöße einen Lichtschieber e. Das Licht einer Lichtquelle f trifft nun den photographischen Empfangsfilm durch eine kleine und eine größere Blende, welche nach der Rastengleichung abgestimmt sind, so daß[609] eigentlich die ganze Vorrichtung eine kleine Rasterkamera vorstellt. Man erhält daher auf der Empfangsstation ein autotypisch zerlegtes Bild, welches kopiert und druckfertig geätzt werden kann.

Fernseher, elektrischer. Wenn man die Bildübertragung so rasch vornehmen könnte, daß das Auge den ersten und letzten übertragenen Bildpunkt infolge der Nachbildwirkung gleichzeitig wahrnimmt, also unter 1/10'', so könnte man mit Hilfe des elektrischen Stromes in die Ferne sehen. Die Schwierigkeiten liegen hier nicht in der Bildzerlegung, sondern vielmehr in der synchronen Zusammensetzung.

Die Bildzerlegung kann mittels rotierender Spiegelprismen, schwingender Spiegelscheiben mit spiralig angeordneten Lochreihen u.s.w. erfolgen. Die Umwandlung könnte mit Hilfe von Selenzellen, Thermosäulen, Bolometern erfolgen, obwohl schon hier die Trägheit dieser Transformatoren ein Hindernis bieten dürfte.

Unüberwindlich sind zurzeit noch die Schwierigkeiten im Empfangsapparat. Für Synchronisierung ist eigentlich noch keine brauchbare Idee aufgetaucht, aber schon die Umsetzung der elektrischen in Lichtimpulse ist wegen der hohen Schwingungszahl, die der Apparat notwendig besitzen müßte, kaum aussichtsreich. Den besten Erfolg versprechen die trägheitslosen Transformatoren, wie z.B. Rosing nach dem Vorschlage von Dieckmann und Glage die Ablenkung der Kathodenstrahlen in einem Magnetfelde verwendete.

Bei andern Methoden verzichtet man auf die sukzessive Uebertragung der Punkte. Man zerlegt vielmehr das Bild mosaikartig durch eine große Zahl kleiner Selenzellen. Die hohen Kosten der Vielfachleitungen lassen jedoch auch von dieser Methode wenig erhoffen.


Literatur: [1] A. Korn und B. Glatzel, Handbuch der Phototelegraphie und Telautographie, Leipzig 1911. – [2] Eders Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik, Halle a. S. 1898–1913. – [3] E. Ruhmer, Das Selen und seine Bedeutung für die Elektrotechnik, Berlin 1902. – [4] B. Schöffler, Die Photographie und das elektrische Fernsehen, Wien 1898. – [5] F. Paul Liesegang, Die Fernphotographie, Düsseldorf 1897. – [6] R.E. Liesegang, Beiträge zum Probleme des elektrischen Fernsehens, 2. Aufl., Düsseldorf 1899.

v. Schott.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
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Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
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Fig. 6., Fig. 7.
Fig. 6., Fig. 7.
Fig. 8.
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Fig. 9., Fig. 10.
Fig. 9., Fig. 10.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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