Obstwein [1]

Obstwein [1]

Obstwein, ein aus allerlei Obstsorten, besonders aus Aepfeln (Apfelwein) und Birnen (Birnenwein) hergestelltes weinähnliches Getränk.

Die Früchte werden zunächst gewaschen, alsdann zerkleinert (zerquetscht oder gemahlen), auf einer Kelter abgepreßt und der Saft dann bei 15–20° C. der Selbstgärung überlassen. Zur Obstweinbereitung soll nur gutes, ausgereiftes, gesundes Obst verwendet werden. In bezug auf seine chemische Zusammensetzung unterscheidet sich der Obstwein vom Traubenwein nur durch das Fehlen der Weinsteinsäure. Für die Obstweinbereitung eignen sich am besten saure Herbst- und Winteräpfel, besonders Borsdorfer und Reinetten. Der Zuckergehalt des Apfel- und Birnenmostes ist in der Regel genügend für die Herstellung eines trinkbaren Weines; ein Zuckerzusatz ist nur dann nötig, wenn man ein alkoholreicheres, besser haltbares Getränk erzielen will. Der Säuregehalt des natürlichen Apfelsaftes liegt im allgemeinen innerhalb der Grenzen, die für ein weiniges Getränk als angenehm zu bezeichnen sind, daher ein Wasserzusatz für gewöhnlich überflüssig ist. Der Saft der Birnen dagegen enthält meist weniger Säure, so daß öfters eine Vermehrung derselben im Interesse des Geschmackes und der Haltbarkeit des Getränkes notwendig erscheint. Der Extraktgehalt des Mostes beträgt bei Apfelmost 13,5–15, bei Birnenmost 15–16%, der Säuregehalt bei Apfelmost im Mittel 0,8, bei Birnenmost 0,3% als Apfelsäure ausgedrückt. 9–10 Ztr. Obst geben ca. 300 l reinen Saft von 50–60° Oechsle. Da auf 100 kg Obst bis zu 67 l Wasser bei der gewöhnlichen Bereitung des Obstweines zugesetzt werden, so liefern 100 kg Obst bis zu 130 l Most. Obstwein wird namentlich in Nordamerika, England, Nordfrankreich, der Schweiz und Süddeutschland, speziell Württemberg, erzeugt.

Surrogate: Mostsubstanzen (Obstweinsubstanzen) dienen insbesondere in Süddeutschland in obstarmen Jahren zur Bereitung eines Ersatzes für Obstwein (Apfel- oder Birnenwein). Sie bestehen in der Hauptsache aus getrockneten Früchten, insbesondere Tamarinden, Trauben und Aepfeln, oder einem bald dickflüssigen, bald festen Extrakt aus diesen Ingredienzien. In der Regel ist den Früchten bezw. dem Extrakt noch Weinstein oder Weinsteinsäure beigemischt und eine kleine Menge Apfeläther beigegeben. Die hauptsächlichsten, zurzeit in Süddeutschland im Handel befindlichen derartigen Produkte sind: 1. Etters Fruchtsaft, 2. die Kunstmostsubstanzen von Schweitzer, 3. diejenigen von Schrader, 4. die von Weiß & Cie. und 5. diejenigen von Oesterlin. Die Bereitung des Haustrunkes aus den genannten Präparaten geschieht nach den Gebrauchsanweisungen in der Regel in der Weise, daß die betreffenden Substanzen mit lauwarmem Wasser, der entsprechenden Menge Zucker und Preßhefe angesetzt und bis zur Beendigung der Gärung bei Kellertemperatur sich selbst überlassen bleiben. Häufig wird auch noch ein Zusatz von Rosinen oder Korinthen gemacht, welcher einerseits den Zweck hat, dem Mostansatz ein etwas weinähnliches Aroma zu verleihen, anderseits die Wirkung der Preßhefe durch die an den genannten Früchten haftenden Weinhefepilze zu unterstützen; überdies wird der Gehalt an Zucker und Extraktivstoffen hierdurch um ein geringes vermehrt. In der Regel gibt man zu dem Ansatz auch noch geringe Mengen von Ammonsalzen, welche der Hefe stickstoffhaltige Nahrung zuführen und damit die Gärung unterstützen. Der Preis eines so hergestellten Haustrunkes schwankt zwischen 6 und 8 Pfennigen pro Liter. Qualitativ kann er höchstens mit einem ganz ungewöhnlich dünnen Apfel- oder Birnenmost konkurrieren.


Literatur: Lukas, Der Obstwein, 7. Aufl., Stuttgart 1881; Böttner, Die Obstweinbereitung, 3. Aufl., Frankfurt a. O. 1886; Barth, M., Die Obstweinbereitung, 5. Aufl., Stuttgart 1890; Hotter, Beiträge z. Obstweinbereitung, Zeitschr. landw. Versuchsstationen Oesterreichs 1902, Bd. 5, S. 333; Zeitschr. f. Untersuchungen von Nahrungs- und Genußmitteln 1906, Bd. 11, 542; Behrend, P., Beiträge zur Chemie der Obstweine, Stuttgart 1892; Bujard, A., Ueber die Schraderschen und andre Mostsubstanzen, Blätter für Obstbaukunde 1897; Meißner, Ueber die aus Mostsubstanzen hergestellten Moste, Zeitschr. »Der Weinbau« 1905, S. 175.

Mezger.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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