Leinöl [2]

Leinöl [2]

Leinöl. Das frischgeschlagene Leinöl hat in einzelnen Gegenden Deutschlands, z.B. in Berlin, schon immer als Speiseöl gedient; das abgelagerte Oel fand nur zu technischen Zwecken, namentlich in der Seifenfabrikation, in der Lack- und Firnisfabrikation und in der Linoleumfabrikation Verwendung. Bei dem großen Mangel an Fetten und Oelen für Ernährungszwecke ist man in der Kriegszeit daran gegangen, das Leinöl auch für diese Zwecke tauglich zu machen.

Nach A. Weis [1] verfährt man dabei wie folgt: Das rohe Leinöl läßt man in den Vorratsbehältern bei möglichst niedriger Temperatur lagern. Dabei scheidet es einen Teil der suspendierten Schleim- und Eiweißstoffe als Schlammsatz ab. Bei der dann zu erfolgenden Filtration ist möglichst darauf zu achten, daß dieser Schlamm nicht in die Filterpressen gelangt. Die gallertartigen Schleimstoffe verschließen hartnäckig die Poren der Filtertücher, so daß die Filtration erheblich verzögert wird. Als weitere unangenehme Erscheinung tritt bisweilen eine merkliche Erwärmung in den Filterkammern der Presse ein, die. soweit gehen kann, daß das Filtertuch zermürbt und unbrauchbar wird. Zur Abscheidung des im Schlamm befindlichen[385] Oels empfiehlt sich die Anwendung eines Nutschfilters oder ein Aufkochen des Schlammes, wobei sich das klare Oel an der Oberfläche absetzt, während die koagulierten Eiweißstoffe und die sonstigen Schmutzteile im abgesetzten Wasser abgeleitet werden können. Nach dieser Vorbereitung wird das Oel zum Neutralisieren der freien Fettsäuren, die in Mengen von 1 bis 3% vorhanden sind, mit Lösungen von kalzinierter oder kaustischer Soda behandelt, am besten in Konzentration von 25 bis 30%, da zu verdünnte Laugen leicht Emulsionen hervorrufen, deren Trennung erhebliche Umstände verursacht.

Bei Verwendung von kalzinierter Soda entwickelt sich bei der Sättigung der freien Fettsäuren Kohlensäure, was mit einer Hörenden Schaumschicht verbunden ist. Zweckmäßiger sind deshalb Lösungen von Aetznatron oder Aetzkali. Gewöhnlich verwendet man erstere, da sie billiger sind. Wenn die Fettsäuren neutralisiert sind, was eine Probeentnahme nach Filtration in wenigen Augenblicken anzeigt, gelangt das mit Seifenflocken durchsetzte Oel zur weiteren Behandlung entweder in die hohen Absatzgefäße oder mitsamt den Seifenflocken in besondere Vakuumkocher. Im ersteren Falle erfolgt nach dem Absetzen der Seife eine Filtration des vorsichtig ablaufenden Oels, damit es auf den Filterpressen von den Seitenteilen befreit wird. Der als Satz zurückbleibende Seifenschlamm, der noch beträchtliche Anteile neutralen Oels enthält, wird entweder abgenutscht oder mit heißem Wasser aufgekocht. In der Ruhe scheidet sich dann das klare Oel an der Oberfläche ab, während die milchige Seifenflüssigkeit mittels Hebevorrichtung nach einem mit Blei ausgeschlagenen Bottich geleitet wird, wo die Seife durch Mineralsäure zersetzt wird. Das sich dann abscheidende Oel- und Fettsäuregemisch muß zur völligen Reinigung noch einem Waschprozeß unterworfen werden.

Wird die Neutralisationsmasse im Vakuum gekocht, bis die Seifenflocken vom Laugenwasser befreit sind, so entsteht ein kompakter Soapstock, der eine leichtere Filtration ermöglicht. In der Filterpresse findet sich ein ziemlich trockener Seifenkuchen vor, der ungefähr zu gleichen Teilen aus Seife und Oel besteht. In diesem Soapstock wie auch im Seifenschlamm sind außer den Schleim- und Eiweißstoffen wesentliche Anteile des Farbstoffes. Das Oel ist erheblich heller geworden und genügt schon für die meisten Zwecke. Werden noch größere Anforderungen gestellt, so wird es noch einem Entfärbungsprozeß unterworfen. Es wird in zylindrischen Rührgefäßen bei Temperaturen zwischen 50 und 65° C mit dem Entfärbungspulver versetzt und ca. 1 Stunde tüchtig durchgerührt. Ist der gewünschte Bleicheffekt erzielt, was durch eine kleine Filtrationsprobe festgestellt wird, so gelangt das Oel wieder in ca. 3 m hohe Absatzgefäße zur Absetzung des Pulverschlamms. Nach einiger Ruhelagerung wird das über dem Schlamm stehende ziemlich klare Oel vorsichtig abgelassen und in die Filtrierpresse gepumpt. Der zurückbleibende Satz wird auf Seife verarbeitet. Als Bleichmittel werden meist Tonerdesilikate angewandt, die je nach der Farbe des Rohöls und deren gewünschten Bleicheffekt 2 bis 8% betragen.

Zum Abschluß des Verfahrens muß das Oel noch einer Dampfbehandlung unterworfen werden, welche die sorgfältigste Ueberwachung erfordert. Leinöl verträgt hohe Temperaturen nicht, und vor allem muß der Luftsauerstoff abgehalten werden. Die Dampfbehandlung erfolgt deshalb im Vakuum. Ueber die Dauer des Kochprozesses lassen sich nicht für alle Fälle gleiche Normen festsetzen. Ein Oel kann in sechs Stunden fertig sein, während ein anderes in zwölf Stunden noch nicht so weit auf Geschmack gekocht sein kann, daß der Kochprozeß als beendet angesehen werden kann. Zweckmäßig ist es, stündlich eine Kostprobe vorzunehmen.

Nach Beendigung des Kochprozesses muß das Oel rasch abgekühlt werden. Es empfiehlt sich, statt Luft Kohlensäure in, die Apparate eintreten zu lassen, da immerhin einige Zeit vergeht, bis das Oel durch die Kühler abgelaufen ist.


Literatur: [1] Seifenfabrikant 1916, S. 617.

Deite.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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