Kompaß [1]

Kompaß [1]

Kompaß (Schiffskompaß), dient zur Bestimmung des zu Heuernden Kurses mit Hilfe der Richtkraft der Magnetnadel. Er besteht in der Hauptsache aus einem Gehäuse von Kupfer oder Messing (Kompaßkessel), der unten[573] mit Blei beschwert ist und in dessen Mitte sich ein Stift, Pinne genannt, zum Tragen der Magnetnadel befindet. Die Magnetnadel, welche in der Mitte ein Messinghütchen mit Stein, Saphir, Beryll oder Rubin (zur Lagerung auf der Pinne) trägt, ist an der unteren Seite der Rose von Karton oder Marienglas befestigt; die Oberseite der Rose enthält die Einteilung in 32 Steuerstriche und geben die in der Mittellinie der Magnetnadel liegenden Striche die Nordsüdlinie an. An der Innenseite des Kompaßgehäuses sind in schwarzen Strichen die Steuerstriche angegeben, welche in der Vertikalebene durch die Pinne und in der Längsachse des Schiffes liegen. Das Gehäuse ist oben mit einer plangeschliffenen Glasplatte bedeckt, auf welcher bei Azimut- und Peilkompassen die Peilvorrichtung aufgeteilt wird. Das Kompaßgehäuse ist mittels cardanischer Aufhängevorrichtung an dem Kompaßständer befestigt. Derselbe, ein messingener, mit verschließbarer Tür versehener Hohlzylinder, ist im Innern mit Vorrichtungen zum Einstellen der Korrektionsmagnete versehen und trägt an dem oberen Ende zwei Halter für die Kugelkorrektoren. Für die Nacht erhält das Kompaßgehäuse ein mit Scheiben und Lampenbeleuchtung versehenes Nachthaus aus Blech.

Für die Konstruktion des Schiffskompasses sind in der Hauptsache folgende Bedingungen zu erfüllen: 1. Der Reibungswiderstand bei Bewegung der Magnetnadel muß möglichst klein sein, damit die Nadel der magnetischen Richtkraft Folge leisten und leicht wieder zurückschwingen kann. Diese »Empfindlichkeit« des Kompasses erreicht man durch geringes Gewicht der Rose und glatte, harte Hütchen auf spitzen Pinnen. 2. Der Widerstand gegen eine Ablenkung der Rose aus ihrer magnetischen Gleichgewichtslage beim Schlingern, Stampfen und Vibrieren des Schiffes muß möglichst groß sein. Diese sogenannte Ruhe des Kompasses wird ohne Gewichtsvermehrung der Rose am besten dadurch erreicht, daß man das Trägheitsmoment der Rose im Verhältnis zum Gewicht möglichst groß und gleich mit Bezug auf jede Drehachse macht, was die Verwendung mehrerer Magnetnadeln bedingt. 3. Der Schwerpunkt der Rose muß unter dem Aufhängepunkt liegen, um die Stabilität der Rose zu sichern. 4. Die Magnetnadeln müssen so klein sein, daß man ihre Länge im Verhältnis zur Entfernung von den nächstliegenden Eisenteilen vernachlässigen kann. Diese Bedingung ist für eine genaue Kompensation des Kompasses von Wichtigkeit.

Die an Bord der Schiffe gebräuchlichen Kompasse sind folgende:

1. Der Normalkompaß zeigt im allgemeinen die eingangs beschriebene Form. Die Rose trägt vier Doppellamellenmagnete, welche auf einem dünnen Messingring parallel zur N.S.-Linie derart befestigt sind, daß die Verbindungslinie der Polenden der inneren Doppellamellen mit dem Mittelpunkt der Rose mit der N.S.-Linie einen Winkel von 15°, die der äußeren Magnete einen Winkel von 45° einschließen (s. Fig. 1). Die Rose ist zur Bestimmung der Kollimation der magnetischen Achse zum Umlegen eingerichtet. Der Peilapparat ist auf dem Glasdeckel angebracht und besteht aus einem Alhidadenkreis mit Diopter und Nonien. Das Okulardiopter mit Prisma ist auf dem Alhidadenkreis fest, das Objektivdiopter mit Ausschnitt und vertikalem Roßhaar zum Niederklappen eingerichtet [5], [6], [13].

2. Der Fluidkompaß (Fig. 2) besteht aus einem mit verdünntem Alkohol gefüllten Kompaßkessel, in welchem die aus dünnem emaillierten Kupferblech bestehende Rose mit Hilfe eines Schwimmers auf der Pinne schwebt. Die starke Ausdehnung des Alkohols bei Temperaturzunahmen bedingt einen elastischen Boden aus gewelltem Metallblech. Oben wird die Kompaßbüchse durch einen Glasdeckel mit Gummiring abgeschlossen. – Da die Schwimmdose den größten Teil des Gewichts der Rose aufhebt, so kann man an ihr schwere und daher kräftige Magnete befestigen, welche durch ihr großes magnetisches Moment die Widerstände der Rose beim Drehen leicht überwinden. Die Fluidkompasse zeichnen sich durch große Ruhe aus und eignen sich daher besonders für Steuerkompasse. Bei schnellen Drehungen des Schiffes zeigt sich ein Nachschleppen der Rose [5], [6].

3. Der Kompaß von Thomsen, auf englischen Schiffen allgemein in Anwendung, zeichnet sich durch eine wohldurchdachte Konstruktion aus. Die cardanischen Ringe lagern auf Schneiden. Der Kompaßkessel hat einen doppelten Boden, dessen luftdicht geschlossener Zwischenraum[574] teilweise mit Rizinusöl gefüllt ist, um die Schwingungen des Kessels abzuschwächen. Die Rose besteht aus einem Aluminiumring, mit welchem die Aluminiumbüchse mit dem Hütchen durch seidene oder kupferne Fäden verbunden ist, und einem äußeren Papierring, welcher die Stricheinteilung trägt (Fig. 3). Die acht aus Stahldraht gefertigten Magnete sind parallel zueinander mittels seidener Fäden unter der Rose aufgehängt. Das Gesamtgewicht der Rose, rund 12 g, ist etwa zehnmal geringer als das der gewöhnlichen. Die Rose zeichnet sich ferner durch ein sehr kleines magnetisches Moment (etwa einem Zwölftel des gewöhnlichen) aus, wodurch die Schwingungsperiode derselben fast dreimal so groß wird wie die der gewöhnlichen Rose; auch wird hierdurch die gegenseitige Induktion zwischen den Korrektoren von weichem Eisen und den Magneten aufgehoben. Die leichte Rose und elastische Lagerung der Magnete macht den Kompaß gegen heftige Erschütterung beim Schießen u.s.w. widerstandsfähig. Der zum Peilen dienende Azimutspiegel ist auf dem Glasdeckel aufgesetzt und nach dem Prinzip der Camera lucida eingerichtet, weil bei Anwendung gewöhnlicher Visiere die zur Beseitigung der quadrantalen Deviation dienenden Kugelkorrektoren niedrige Objekte in der Querschiffsrichtung verdecken würden [3], [5], [6], [10], [13].

4. Die Rose von Hechelmann steht gleichfalls Magnetnadeln vor, welche an der Aluminiumplatte der Rose mit je sechs Seidenfäden aufgehängt sind; sie verwendet vier durchbrochene Nadeln, welche das Gewicht der Rose mehr an den Rand verlegen und dadurch das Trägheitsmoment des Systems vergrößern. Die Verbindungslinien der äußeren Pole mit dem Mittelpunkt der Rose schließen mit der Mittellinie Winkel von 19° und 51° ein [6].

Die Benutzung des Kompasses an Bord der Schiffe bietet durch die störenden Einflüsse des Schiffsmagnetismus auf die Kompaßnadel mannigfache Schwierigkeiten. Die in einem Schiffe enthaltenen Eisenmassen nehmen infolge Induktion durch den Erdmagnetismus ebenfalls magnetische Eigenschaften an, und zwar erhalten die nach Norden gerichteten Enden der Eisenteile Nordpolarität, die nach Süden zeigenden Südpolarität, entsprechend dem an den Erdpolen vorhandenen Magnetismus. Da beim Bau eines Schiffes alle einzelnen Eisenteile miteinander verbunden werden, so kann man das Schiff als einen einzigen Eisenkörper auffassen, dessen magnetische Achse je nach dem Kurs eine verschiedene Lage zur Kielrichtung haben wird. Liegt das Schiff Nord an, so erhält das vordere Ende des Schiffes Nord-, das hintere Südpolarität; bei Ostkurs hat das Schiff an Backbord Nord-, an Steuerbord Südpolarität. Da sich hiernach die Lage der Pole im Schiff während der Drehung augenblicklich und stetig ändert, so nennt man diese Art des Magnetismus flüchtigen oder transienten Magnetismus. Beim Bau eines eisernen Schiffes wird der von dem Erdmagnetismus induzierte Magnetismus bei der lange andauernden gleichen Lage des Schiffes sowie durch die Erschütterungen beim Nieten verstärkt. Dieser Magnetismus ändert aber seine Lage nicht mehr augenblicklich, wenn das Schiff nach dem Stapellauf in eine andre Richtung gebracht, wird, er haftet um so länger, je stärker und je länger dauernd die Erschütterungen beim Bau gewesen waren. Ein großer Teil dieses Magnetismus bleibt in Verbindung mit den beim Einbau schon magnetischen Schiffsteilen aus Stahl oder härterem Eisen dauernd in unveränderter Richtung im Schiff. Man bezeichnet deshalb diese Art des Magnetismus als dauernden oder permanenten Magnetismus. Hinsichtlich der Wirkung desselben kann man das Schiff als einen Stahlmagneten betrachten, dessen magnetische Achse in der Ebene liegt, welche beim Bau des Schiffes mit dem magnetischen Meridian zusammenfiel [3], [6], [11].

Ein auf nördlicher Halbkugel mit dem Bug nach magnetisch Norden gebautes Schiff wird daher seine magnetische Achse in der Längsachse haben, und zwar den Nordpol (Südmagnetismus) oder roten Pol Bug unten, den Südpol (Nordmagnetismus) oder blauen Pol Heck oben, während der Baukurs mit dem Bug nach Osten die magnetische Achse querschiffs und den Nordpol B.B. unten, den Südpol St. B. oben angibt.

Ein andrer Teil des durch die Erschütterungen hervorgerufenen Magnetismus verliert sich allmählich wieder, wenn das Schiff eine andre Richtung annimmt. Da ferner das Schiff in Fahrt mehr oder weniger heftigen Erschütterungen ausgesetzt ist, so wird in der augenblicklichen Richtung zu dem von der Erdkraft induzierten Magnetismus ein Pol hinzukommen, welcher nicht sofort verschwindet, sondern welcher erst allmählich wieder eine andre Richtung bei einer Kursänderung annimmt. Diesen Teil bezeichnet man mit halbfettem oder remanentem Magnetismus [6]. Auf den Kompaß an Bord eines Schiffes wirkt daher außer der magnetischen Erdkraft T der von dieser Kraft in den Eisenteilen des Schiffes induzierte flüchtige und der in ihnen enthaltene feste Magnetismus ein und lenken die Magnetnadel desselben aus der Richtung des magnetischen Meridians ab. Die Winkelabweichung in horizontaler Ebene nennt man Deviation (δ). Ebenso wie nun die magnetische Erdkraft T in eine senkrechte Z und eine horizontale Teilkraft H zerlegt werden kann, wobei Z = T sin Θ und H = T cos Θ ist, worin Θ den Inklinationswinkel darstellt, so kann man die Mittelkraft aus der Erdkraft und der Schiffskraft in Längsschiffskräfte, Querschiffskräfte und senkrechte Teilkräfte zerlegen [3], [6], [7], [11].

Um den Einfluß des Schiffsmagnetismus auf den Kompaß näher zu ergründen und durch andre Hilfsmittel zu beseitigen, haben die Engländer F.J. Evans und Archibald Smith eine Deviationstheorie ausgebildet, die jetzt allgemein für die Regulierung und Kompensierung der Kompasse benutzt wird. Die von denselben eingeführten Koeffizienten sind folgende: ζ magnetischer Kurs, d.h. Winkel zwischen Kiel und magnetischem Meridian; ζ' Kompaßkurs, d.h. Winkel zwischen Kiel und abgelenkter Nadel; δ Deviation, d.h. Winkel zwischen magnetischem Kurs und Kompaßkurs; Θ Inklination; λ das Mittel der horizontalen Richtkraft der Nadel an Bord des Schiffes H1 im Verhältnis zu der am Lande H, letztere gleich 1 gesetzt;[575] μ das Mittel der vertikalen Richtkraft an Bord im Verhältnis zu der am Lande; J Krängungskoeffizient. – Für die Theorie gelten folgende Voraussetzungen: 1. daß die Länge der Nadel sehr klein ist, so daß sie mit Bezug auf die Entfernung derselben von den nächsten Eisenteilen vernachlässigt werden kann; 2. daß der Schiffsmagnetismus nur aus festem und induziertem flüchtigen Magnetismus besteht; 3. daß der induzierte Magnetismus proportional der Intensität der induzierenden Kraft ist; 4. daß der Magnetismus der Nadel konstant ist. – Es kommen nur die Wirkungen des Schiffsmagnetismus auf den Nordpol der Nadel (roter Pol) in Frage. Wählt man den Mittelpunkt der Kompaßrose zum O-Punkt eines Koordinatensystems und ist O X in der Horizontalebene der Rose parallel dem Kiel, O Y desgleichen querschiffs nach Steuerbord und O Z vertikal zur Rose nach unten gerichtet, so kann man alle magnetischen Kräfte nach diesen Achsen zerlegen, und zwar mit + oder – Zeichen, je nach der Ablenkung der Nadel nach den positiven oder negativen Achsen (Fig. 4).

Der permanente Magnetismus des Schiffskörpers kann durch drei Magnete ersetzt werden. Von jedem derselben gehen Kräfte aus, die nur in den Richtungen der Magnete wirken, und zwar P horizontal in der Richtung des magnetischen Meridians, Q horizontal, aber senkrecht zu P und R vertikal zur Rose. Liegt die Kompaßrose horizontal bezw. das Schiff aufrecht, so kommen für die Deviation der Rose nur P und Q in Frage, da R vertikal zur Rose durch deren Mittelpunkt wirkt. Die Komponente R tritt in Wirkung, wenn das Schiff sich neigt, wodurch R zur Rose schräg gerichtet ist, so daß eine Horizontalkomponente sich ergibt. Die beiden Komponenten üben nun auf die Kompaßnadel eine semizirkuläre oder halbkreisartige Deviation aus. Mag der Magnet horizontal über der Rose oder in der Horizontalebene der Rose oder senkrecht zur Rose liegen, die Deviation der Nadel ist auf zwei diametral gegenüberliegenden Kursen, die in der Regel mit dem Baukurs zusammenfallen, gleich Null, dagegen auf zwei dazwischen liegenden diametral gegenüberliegenden Kursen ein Maximum (Fig. 5). Die Ablenkung der Nadel durch den selten Schiffsmagnetismus ist daher in einem Halbkreise östlich, im andern westlich; die Richtkraft wird ferner in einem Halbkreis vermehrt, in dem entgegengesetzten vermindert [3], [6], [7], [11]. Den induzierten flüchtigen Magnetismus des weichen Eisens kann man durch neun Stäbe weichen Eisens dargestellt denken, die parallel den drei Hauptachsen gerichtet sind (Fig. 4). Die einzelnen Lagen, welche die Stäbe im Schiffe einnehmen, sind durch die Figur wiedergegeben. Das + Zeichen gibt die Fälle an, in denen, der Stab auf den N-Pol der Nadel eine Kraft in der Richtung von O X, O Y oder O Z äußert, das – Zeichen die Fälle, wo die Kraft in entgegengesetzter Richtung wirkt; dabei sind die horizontalen Stäbe nur durch die Horizontalkraft des Erdmagnetismus induziert gedacht, die vertikalen nur durch die Vertikalkraft Z des Erdmagnetismus. – Dreht man die Stäbe a, b, d, e um die Kompaßrose, so entsteht eine quadrantale oder viertelkreisartige Deviation, d.h. eine Ablenkung der Kompaßnadel, die dasselbe Vorzeichen behält, wenn die Schiffsachse in demselben Quadranten verbleibt, und das Zeichen wechselt, wenn die Schiffsachse aus einem in den andern Quadranten geht (Fig. 6); die viertelkreisartige Deviation erklärt sich daraus, daß die Stäbe in der Lage Ostwest unmagnetisch sind und dann keine Wirkung auf den Kompaß ausüben, sowie daraus, daß sie beim Drehen durch die Ostwestlinie ihre Pole wechseln. a und e verstärken die mittlere Richtkraft der Nadel, wenn sie auf einer Seite der Nadel liegen, dagegen verringern sie dieselbe, wenn sie zu beiden Seiten der Nadel verteilt sind. Das horizontale weiche Eisen beeinflußt daher die Deviation in zweierlei Weise: 1. direkt durch die quadrantale Deviation, 2. indirekt durch Vermehrung oder Verminderung der Richtkraft der Nadel. Die Stäbe g, h, k üben auf die Nadel nur Vertikalkräfte aus und kommen daher nicht in Wirkung, solange das Schiff aufrecht schwimmt. Die vertikalen Stäbe c und f erzeugen eine semizirkuläre Deviation, da sie der Nadel stets die gleichen Pole auf derselben Halbkugel zuwenden und daher wie permanente Magnete wirken. Die totale semizirkuläre Deviation ist daher von zwei störenden Kräften abhängig, von dem konstanten permanenten Magnetismus und dem mit der geographischen Lage sich ändernden induzierten Magnetismus des vertikalen weichen Eisens. Der Stab a erzeugt die Deviation:


Kompaß [1]

Diese muß zu der durch P und Q verursachten Deviation hinzugefügt werden; desgleichen die[576] durch die Stäbe b, c, d, e und f verursachten Deviationen. Werden alle diese Werte vereinigt, so ergibt sich die Deviation als Funktion des magnetischen Kurses ζ


Kompaß [1]

oder


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worin


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A B C D E λ heißen die genauen Deviationskoeffizienten. Bleiben die Deviationen unter 20°, so kann man die Formel auch Schreiben: δ = A + B sin ζ' + C cos ζ' + D sin 2 ζ' + E cos 2 ζ'. In dieser Formel, in der δ als Funktion des Kompaßkurses erscheint, ist δ und somit auch A, B, C, D und E nicht in Teilen des Radius, sondern in Gradmaß ausgedrückt. Die Koeffizienten A, B, C, D und E heißen die angenäherten Koeffizienten der Deviationen [1], [2], [3], [6], [7]. Der Koeffizient A ist unabhängig vom Kompaßkurs, bezeichnet demnach die sogenannte konstante Deviation, die durch unsymmetrische Verteilung der Eisenmassen im Schiff hervorgerufen wird (d und b); er enthält zugleich die Beobachtungsfehler. Für einen zweckmäßig aufgestellten Kompaß ist A sehr klein, unter 1°. Die Koeffizienten B und C stellen in der Summe B sin ζ' + C cos ζ' die semizirkuläre Deviation dar; dieselbe übersteigt in hölzernen Schiffen selten 10°, in eisernen erreicht sie jedoch oft 20°, auf Kriegsschiffen in Panzertürmen nicht selten 100°. B ist die semizirkuläre Deviation längsschiffs, abhängig von P, C die querschiffs, abhängig von Q; da ferner B und C in Beziehung stehen zu H und tg Θ, so wechselt die semizirkuläre Deviation mit dem geographischen Ort, sie sind auch schließlich abhängig von dem induzierten Magnetismus des weichen Eisens c und f. Die beiden Koeffizienten D und E, und zwar D sin 2 ζ' + E cos 2 ζ', stellen die quadrantale Deviation dar. Da D und E von den konstanten Koeffizienten a, e, d und b und λ abhängen, so ist für einen bestimmten Schiffskurs die quadrantale Deviation konstant und daher keinem Wechsel durch Ortsveränderung unterworfen. D kann bis zu 5–10° betragen. E, von der Wirkung des unsymmetrisch verteilten weichen Eisens herrührend, ist im allgemeinen sehr klein und wird vielfach vernachlässigt. Bleibt auch A unberücksichtigt, so ist δ = B sin ζ' + C cos ζ' + D sin z ζ'.

Vorstehende Erörterungen setzen voraus, daß das Schiff aufrecht schwimmt. Neigt es sich auf die Seite, so ändern die den permanenten Magnetismus darstellenden Magnete und die den induzierten Magnetismus ersetzenden Eisenstäbe ihre Lage zur Erde und zur Kompaßrose, wodurch die Deviation eine Aenderung erfährt. Ist z.B. das Schiff mit dem Bug nach Norden gebaut, so haben die oberen Teile des Schiffes, die Decks, in der Nähe des Kompasses Nord- oder blauen Magnetismus. Beim Neigen des Schiffes ist die Symmetrie des weichen Eisens in bezug auf die Längsschiffsebene gestört, die luvwärts liegenden Teile des Schiffes zeigen stärkere Induktion und ziehen den Nordpol der Nadel (roter Pol) an. Bezeichnet i die Neigung des Schiffes in Graden, und zwar positiv nach St. B. und negativ nach B.B., ferner δ die Deviation in aufrechter Lage des Schiffes und δi bei Neigung desselben um i Grad, dann ist die Krängungsdeviation


Kompaß [1]

Da die Konstanten c und g sehr klein sind, so kann man die sie enthaltenden Glieder vernachlässigen und findet dann δi = δ + Ji cos ζ'. Der Krängungskoeffizient J kann durch Krängung aus J = δi – δ/i cos ζ' bestimmt werden; er ändert sich mit dem geographischen Ort und variiert von 0,5–0,6, seltener steigt er bis 1,0.

Um den Kompaß an Bord der Schiffe zuverlässig benutzen zu können, ist es erforderlich, vor der Ausreise des Schiffes, nachdem der magnetische Zustand desselben ins Gleichgewicht gekommen ist, die Deviation des Kompasses auf den Hauptkursen zu bestimmen und die Deviationskoeffizienten A, B, C, D und E zu berechnen. Diese Arbeit nennt man die Regulierung des Kompasses. Da die Deviation sich mit dem Kurs des Schiffes ändert, so muß man sie für alle Kurse kennen; sie wird daher bei der Deviationsbestimmung am besten durch eine ganze Rundschwingung des Schiffes auf 32 oder 16 gleich weit voneinander entfernt liegenden Punkten der Windrose bestimmt. Die Deviation δ ergibt sich dann aus dem mißweisenden Kurs ζ und dem Kompaßkurs ζ' aus der Gleichung δ = ζ – ζ', wobei die Peilungen von N. über O. bis 360° gezählt werden [6].

Die so gefundenen Deviationen werden zur besseren Uebersicht und Kontrolle mittels des Napierschen Diagramms zu einer Kurve vereinigt, aus welcher man für einen Kompaßkurs den mißweisenden Kurs oder umgekehrt aus dem mißweisenden den Kompaßkurs erhalten und auf diese Weise, da in der Regel nach magnetischen (mißweisenden) Kursen gesteuert wird, eine Deviations- und Steuertafel zusammenstellen kann [3], [6], [11].

Da sich die Deviation eines Kompasses mit der Zeit und bei Ortsveränderungen des Schiffes infolge der Aenderung der Horizontalintensität und der Inklination des Erdmagnetismus von Ort zu Ort ändert, so muß die Deviation ständig kontrolliert werden. Hierzu müssen die Deviationskoeffizienten nach jeder Deviationsbestimmung berechnet werden. In der Praxis genügt der Wert der Näherungskoeffizienten und die Ermittlung der genauen aus diesen. Da A, D und E auf allen Breiten konstant bleiben, genügt für die Verbesserung der Deviation die Berechnung von B und C. – Zur Berechnung der angenäherten Koeffizienten bedient man sich der Formel

δ = A + B sin ζ' + C cos ζ' + D sin 2 ζ' + E cos 2 ζ'.

[577] Am besten erfolgt die Berechnung, wenn die Deviationen auf 16 oder 32 gleichmäßig um die Rose verteilten Kursen bekannt sind. Näheres s. [3], [6], [11], [13].

Sobald der Schiffsmagnetismus in den Zustand der Ruhe gekommen ist, werden A und E konstant verbleiben; man bemerkt dieses, sobald zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten die durch Kompaßregulierungen gefundenen Werte von A und E wenig variieren. Für weitere Regulierungen braucht man alsdann nur B, C und D zu bestimmen. Hierzu muß man die Deviation auf zwei Kardinalstrichen und einem Quadrantalstrich beobachten; denn es ist z.B.:


Kompaß [1]

Gleichung 1 gibt C = δ0 – (A + E), Gleichung 3: B = δ8 – (A – E). Sind B und C bestimmt, so gibt Gleichung 2: D = δ4 – A – 0,7 (B + C). C ergibt sich auch aus δ16 = A – C + E, doch mit Minuszeichen und B aus δ24 = A – B – E, desgleichen negativ, d.h. B ist annähernd gleich der Deviation auf Ostkurs oder gleich der Deviation auf Westkurs, aber mit umgekehrtem eichen, C ist annähernd gleich der Deviation auf Nordkurs oder gleich derjenigen auf Südkurs, aber mit umgekehrtem Zeichen. Für die übrigen Kompaßstriche ändert sich B mit dem Sinus, C mit dem Cosinus der entsprechenden Kurse. – D, welches seinen größten Wert auf den Quadrantalstrichen hat, ändert sich wie der Sinus des doppelten Kurswinkels. Mit Hilfe der Gleichung δ = B sin ζ' + C cos ζ' + D sin 2 ζ' kann man alsdann eine Tabelle zusammenstellen, vorausgesetzt, daß das Schiff aufrecht schwimmt; bei geneigtem Schiff muß man die Korrektion der Neigung hinzufügen [3], [6], [8]. Ist außer A, E und D auch λ bekannt, so lassen sich die Koeffizienten B und C durch Deviationsbeobachtungen auf nur einem Kurse und Ermittlung von H1/H bestimmen. Es ist daher zu empfehlen, λ im Abgangshafen zu bestimmen, um so mehr, als der Wert von λ darauf schließen läßt, ob der Kompaß günstig aufgestellt ist; X sollte nicht unter 0,7 zugelassen werden.

Die genauen Deviationskoeffizienten A, B, C, D, E lassen sich mit einer für die Praxis ausreichenden Genauigkeit aus folgenden Formeln bestimmen:

A = sin A, B = sin B (1 + sin D/2); C = sin B (1 – sin D/2); D = sin D; E = sin E [6], [11].

Für das Verhalten des Kompasses, die Größe der Deviationskoeffizienten und hiermit für die Größe der Deviation ist die Beschaffenheit des Aufstellungsortes an Bord von größter Bedeutung. Der Kompaß ist von allen störenden Einwirkungen des Schiffsmagnetismus möglichst fern zu halten, und in einer Entfernung von 2 m sollten Eisenmassen jeglicher Art vermieden werden. Um die konstanten Koeffizienten A und E vernachlässigen zu können, muß der Kompaß in der Mitschiffslinie und fern von beweglichen Eisenteilen – Bootsdavits, Geschütztürme, Ventilatorköpfe – stehen, damit alle Eisenteile des Schiffes zu beiden Seiten des Kompasses gleichmäßig verteilt sind. Durch Aufstellung fern von den Enden des Schiffes wird der Kompaß der Wirkung des Schiffsmagnetismus, welcher, wie bei allen Magneten, an den Enden am stärksten ist, am meisten entrückt und zwar um so mehr, je mehr der Baukurs mit der Nord-Südrichtung übereinstimmt. Vertikal stehende Eisenmassen in Höhe des Kompasses sind zu vermeiden, da hierdurch der Koeffizient C vergrößert wird, wodurch die durch große Breitenveränderungen bedingten Aenderungen der Deviation die zulässigen Grenzen überschreiten können. Durch möglichste Erhöhung über Deck und Vermeidung der Nähe horizontaler Eisenmassen werden die quadrantale Deviation – Koeffizient D – vermindert und die Richtkraft (λ H) verstärkt, was wiederum zur Verringerung der Veränderung der Deviation und des Krängungsfehlers beiträgt [6], [11], [13]. Elektrische Scheinwerfer sollten 8 m vom Kompaß entfernt bleiben, Dynamomaschinen und elektrische Motoren mindestens 10 m, wegen der ablenkenden Wirkung des von ihnen hervorgerufenen starken magnetischen Feldes. Elektrische Leitungen können in 1 m Entfernung verlegt werden, wenn Hin- und Rückleitung in einem Kabel vereinigt sind [12], Der Regelkompaß muß ferner zum Peilen einen freien Umblick gestatten. Für die Steuerkompasse, deren Aufstellungsorte von den Steuerstellen abhängig sind, ist die Innehaltung vorstehender Grundsätze nur in beschränktem Maße möglich.

Trotz aller bei der Aufstellung der Kompasse verwendeten Sorgfalt werden sich bei eisernen Schiffen große Deviationen nicht vermeiden lassen, und hierdurch entstehen folgende Nachteile. Die Genauigkeit des Steuerns und Peilens wird beeinträchtigt, weil große Deviationen von Kurs zu Kurs sich schnell ändern; bei einer Drehung des Schiffes wird die Kompaßrose unruhig und gerät in Schwingungen, beim Schlingern desselben gerät die Rose bei großem Krängungsfehler in schwingende Bewegung; große Deviationen machen die Richtkraft ungleichmäßig und machen den Kompaß auf gewissen Kursen leicht träge. Diesen Nachteilen wird durch das Kompensieren der Kompasse entgegengewirkt, um die Deviation zu vermindern und die Richtkraft auf den verschiedenen Kursen zu verstärken und auszugleichen. Das Prinzip der Kompensation beruht darauf, die Hörende Einwirkung der magnetischen Kräfte auf die Kompaßnadel durch Erzeugung andrer im entgegengesetzten Sinne wirkender magnetischer Kräfte aufzuheben. Man wird daher den flüchtigen Magnetismus durch weiche Eisenmassen, den festen durch Stahlmagnete kompensieren können. Den halbfetten Magnetismus kann man nur teilweise kompensieren, da derselbe nach Richtung und Stärke ständigen Schwankungen unterworfen ist. Die richtige Lage[578] der Stahlmagnete ergibt sich aus der Wirkung der Magnete P, Q und R, welche die Komponenten des festen Magnetismus darstellen, die Lage des weichen Eisens nach den 9 Stäben weichen Eisens, welche den induzierten Magnetismus wiedergeben. – Ist A > 2°, so pflegt man den Kompaß entsprechend zu drehen. B = 1/λH (cZ + P) wird beseitigt: 1. Durch einen oder mehrere Magnete, welche die Wirkung von P aufheben, daher parallel zum Kiel gerichtet sind; 2. durch eine vertikale Stange weichen Eisens, um die Wirkung von c auszugleichen. C = 1/λH (fZ + Q) erfordert zum Ausgleich von Q einen oder mehrere Magnete, und zwar querschiffs gerichtet; f ist sehr klein und braucht daher nicht beseitigt zu werden. – Da P und Q mit dem geographischen Ort wechseln, so müssen die Magnete verschoben werden, wenn das Schiff den geographischen Ort wechselt. – Die quadrantale Deviation kann man beseitigen durch einen andern weichen Eisenstab in entsprechender Entfernung von der Kompaßrose, aber rechtwinklig zum ersteren. Gewöhnlich benutzt man zwei Kugelkorrektoren aus weichem Eisen zu, beiden Seiten der Rose. – Die Deviationen infolge der Krängung werden durch einen vertikalen Magneten unter der Mitte der Rose kompensiert, welcher beim Ortswechsel verschoben werden muß. Sind die Koeffizienten B, C, D und E möglichst auf Null reduziert, so ist δ = a, d.h. auf allen Strichen konstant. Die Kompensation hebt die Schwankungen der Richtkraft der Nadel auf, und letztere wird durch die Kugelkorrektoren vergrößert.

Die Schwierigkeiten, auf den neueren Kriegsschiffen günstige Aufstellungsorte namentlich für die Turmkompasse zu erhalten, haben zu verschiedenen Verbesserungen der Kompensation sowie des Baumaterials geführt. So bezweckt der holländische Turmbodenkompaß, durch einen den im Boden des Kommandoturms eingebauten Kompaß umgebenden Kranz weicher Eisenstäbe die Richtkraft zu vermehren. Als Material für die Decke der Kommandotürme verwendet man neuerdings hochprozentigen Nickelstahl, welcher unmagnetisierbar ist und diese Eigenschaft bis zu einer Temperatur von – 80° beibehält. Auch sind Einrichtungen erprobt, welche die Bewegungen der Kompaßrose eines an magnetisch günstiger Stelle stehenden Kompasses nach der Steuerstelle auf elektrischem Wege übertragen [14].


Literatur: [1] Evans, F.S., Elementary manual for the deviations of the compass in iron ships, London 1903. – [2] Evans u. A. Smith, Admiralty manual for the deviations of the compass, London 1882. – [3] Collet, A., Traité de la régulation et de la compensation des compas, Paris 1902. – [4] Handbuch der Navigation, Berlin 1901. – [5] Handbuch der nautischen Instrumente, Berlin 1890. – [6] Der Kompaß an Bord, Hamburg 1906. – [7] Rottok, Die Deviationstheorie und ihre Anwendung in der Praxis, Berlin 1903. – [8] Der Schiffskompaß, Oldenburg. – [9] Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, Pola 1888, S. 271. – [10] Ebend. 1890, S. 1. – [11] Johows Hilfsbuch für den Schiffbau, Berlin 1902. – [12] Jungclaus, Ueber die Einwirkung der elektrischen Licht- und Kraftübertragungsanlagen in Schiffen auf den Kompaß Geestemünde 1897. – [13] Schilling, C., Der Kompaß an Bord eiserner Schiffe, Leipzig 1904. – [14] Rottok, E., Kompaßversuche und Verbesserungen in der Kaiserlichen Marine, Marine-Rundschau 1902.

T. Schwarz.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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