Anstrichmittel

Anstrichmittel

Anstrichmittel. – Prüfung für praktische Zwecke. – Als Anstrichmittel kommen der Hauptsache nach in Betracht: fertige Oel- und Lackfarben, flüssige Trockenmittel, Leinölfirnisse und Firnisersatzmittel, Anstrichöle, Oellacke zum Ueberlackieren, Verdünnungsmittel wie Terpentinöl, Kienöl und Terpentinölersatzmittel. Die Anforderungen an fertige Anstrichfarben sind: feinste Verreibung, Freisein von Körnern, sandigen Anteilen, Hautresten, butterartige Beschaffenheit beim Ausstreichen mittels Spatels auf Glas- oder Metallplatte, leichte Vermischbarkeit mit flüssigen, flüchtigen Verdünnungsmitteln. Auf Glas in dünner Schicht muß jede Farbe zwischen 12 und 24 Stunden so weit trocken sein, daß der aufgelegte Finger nicht mehr kleben bleibt. Der Geruch soll ölartig, terpentinöl- oder öllackartig sein. Der Glanz ist verschieden, je nachdem es sich um Lack- oder Oelfarbe handelt; bei letzterer ist der Glanz immer um so höher, je weniger dieselben flüchtiges Verdünnungsmittel enthalten. Stellt man den getrockneten Anstrich nach etwa 48 Stunden in Wasser, so wird sich, im Falle ein mineralisches Oel mit verwendet wurde, ein bläulicher Schimmer auf der auch bei reiner Leinölfirnisfarbe erweichten Farbenschicht zeigen.

Flüssige Trockenmittel können aus Leinöl oder Kolophonium hergestellt sein; man streicht mittels Fingers eine geringe Menge auf eine Glasplatte in dünner Schicht. Harzsikkative trocknen, einerlei, ob sie Terpentinöl oder dem Gerüche nach festzustellende Terpentinölersatzmittel (Benzin, Benzol, Solventnaphtha u.s.w.) enthalten, innerhalb 5–6 Minuten so weit, daß sie bei raschem Ueberfahren mit dem Finger sich als weißes Mehl abreiben lassen. Oelsikkative hingegen werden in dieser kurzen Zeit nicht seit, lassen sich aber auch in vollkommen hartem Zustande nie als Mehl abreiben. Zuverlässig prüft man auf die Trockenfähigkeit, indem man 10 Teile rohes Leinöl mit 0,5 Teilen des flüssigen Trockenmittels innig vermischt, etwa 24 Stunden unter öfterem Umschütteln stehen läßt und dann einige Tropfen auf einer Glasplatte gleichmäßig in dünner Schicht verteilt; der Aufstrich muß innerhalb 12 bis höchstens 24 Stunden trocken sein.

Bei der Prüfung von Leinölfirnissen und Firnisersatzmitteln (Anstrichölen), mit denen man auch zurzeit noch in ausgiebigem Maße zu rechnen hat, werden derart geprüft, daß man auf eine Glasfläche von 10 × 18 cm vier Tropfen des zu prüfenden Materials in dünner Schicht aufstreicht (mittels Fingers), die Glasplatte schwach geneigt (Winkel von etwa 10–15°) stellt[41] und so das Trocknen beobachtet. Leinölfirnisse trocknen im allgemeinen zwischen 6 und 24, zumeist zwischen 12 und 24 Stunden, und es macht sich das Trocknen durch beginnendes Klebrigwerden erst etwa 1 Stunde vor dem Trockensein geltend. Firnisersatzmittel hingegen, die lediglich als dünnflüssige Lacke anzusprechen sind, werden, je nach der Verdampfungsfähigkeit der Verdünnungsmittel, in weit kürzerer Zeit klebrig. Was also in kurzer Zeit klebrig wird oder trocken erscheint, kann als Firnisersatz angesehen werden. Leinölfirnis bildet ferner in dickeren Schichten eine runzelige Haut, Firnisersatzmittel aber niemals – sie trocknen zu klebrigen, dann fest werdenden harzigen Schichten aus. Reiner Leinölfirnis darf nur einen Geruch nach Oel bezw. Firnis zeigen, nie aber nach Terpentinöl, Benzin u.s.w.; auch darf naturgemäß Leinölfirnis bei der Destillation flüchtige Anteile nicht abgeben; sein Gewicht muß auch bei Temperaturen bis 170° C gleichbleiben. Ersatzfirnisse können der dauernden Einwirkung des Wassers ausgesetzt werden; sie erweichen nicht wie Oelfirnisse, sondern verlieren allenfalls nur etwas an Glanz.

Verdünnungsmittel. Terpentinöl verflüchtigt sich, auf ein Blatt weißen, gutgeleimten Schreibpapiers ausgegossen, so daß keine glänzende Fläche durch Nässe sich geltend macht, in etwa 6–8 Minuten vollständig, ohne einen fettigen Rand zu hinterlassen; Kohlenwasserstoffe brauchen, je nach dem Siedepunkt, länger oder kürzer und hinterlassen auf dem Papier mehr oder weniger ausgeprägte Fettränder. Auch der Geruch ist ein gutes Erkennungsmittel; sicherer geht man bei der Destillation, bei der sich die Destillate bei verschiedenen Temperaturen kondensieren und auch bestimmen lassen.

Oellacke guter Qualität sollen aus harten Harzen (Kopalen) und trocknendem Oel nebst den Verdünnungsmitteln bestehen, mindere Qualitäten sind aus Kolophonium, aus diesem bereiteten Hartharzen, Eisern oder Kunstharzen (Phenol-Formaldehyd-Kondensationsprodukten) mit nur geringem Gehalt an trocknendem Oel, auch mit nicht trocknenden Oelen, Mineralölen, Teerfettölen bereitet und reichen begreiflicherweise an die guten Sorten hinsichtlich der Haltbarkeit nicht heran. Leider stehen aber zurzeit genügende Mengen trocknender Oele nicht zur Verfügung, und man muß sich mit Ersatzmitteln, wie auch mit Kumaron- und Indenharzen behelfen. Alle diese Substitute für Kopale sind von Haus aus spröde und lassen sich, für sich allein in Lösungsmitteln gelöst, nach dem Aufstrich und Trocknen mit dem Finger als weißes Mehl abreiben. Erst der Zusatz von trocknendem Oel in gewissen Mengen hebt diese Eigenschaft auf, während Mineralöle oder Teerfettöle in größeren Mengen, die vielleicht eine ähnliche Wirkung wie trocknende Oele äußern könnten, klebrig bleiben, selbst gar nicht trocknen und daher unbrauchbar sind. Die Prüfung aller Lacke erfolgt stets – der Geruch gibt nur dem geübten Fachmann einigen Aufschluß – durch Aufstreichen in dünner Schicht auf gut gereinigte Glas- oder Eisenblechtafeln durch Verteilen von fünf Tropfen auf einer Fläche von 10 × 18 cm. Guter Lack muß innerhalb 6–15 Stunden zumindest angezogen haben, d.h. er darf wohl noch klebrig, aber nicht mehr naß sein, in weiteren bis zu 24 Stunden soll der Ueberzug trocken sein, so daß der Finger nicht mehr kleben bleibt, aber wohl in der noch weichen Schicht Eindrücke hinterläßt, die wieder verschwinden. Lacküberzüge, die sich nach dem Trocknen mittels leichten Ueberwischens mit dem Finger als weißes Mehl abreiben lassen, sind als überhaupt von minderer Qualität zu bezeichnen. Man trocknet die Ueberzüge bei einer Temperatur von etwa 90° C durch 4–6 Stunden im Trockenofen aus und prüft dann. Schichten aus guten, ölreichen Lacken können selbst nach diesem Trocknen noch mit der Klinge eines Federmessers als seine Häutchen zusammenhängend abgezogen werden, schlechtere Qualitäten aber splittern unter dem Messer, springen ab, bilden kleine spröde Blättchen und lassen sich auch als weißes Mehl abreiben. Streicht man die Lacke auf ganz dünnes Eisenblech, so muß sich dieses vollständig zusammenbiegen – nicht nur rollen – lassen, die Lackschicht, sowohl an der Luft als auch im Ofen getrocknet, darf weder springen noch aber sich ablösen, sie muß fest haften und auch das Zurückbiegen, ohne jeden Schaden zu leiden, aushalten. Sehr ölreiche Lacke widerstehen durch mindestens 15 Monate allen Witterungseinflüssen, während ölarme und Ersatzlacke in wenigen Monaten und selbst schon nach Wochen unter den verderblichen Einflüssen der Atmosphärilien den Glanz einbüßen, springen und reißen, somit zugrunde gehen.

Andés.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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