Haftpflicht [2]

Haftpflicht [2]

Haftpflicht. Die Haftpflicht der Automobilfahrer ist, nachdem Oesterreich in seinem Gesetz vom 9. August 1908 bereits eine besondere Regelung getroffen hatte, nunmehr in Deutschland durch das Reichsgesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909 (Reichsgesetzblatt S. 437) geregelt (§§ 7–20).

Die Regelung weicht in verschiedenen Beziehungen von der des Reichshaftpflichtgesetzes ab. Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist nach § 7 der Halter des Fahrzeugs verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Fahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis insbesondere dann, wenn es auf das Verhalten des Verletzten oder eines nicht, bei dem Betrieb beschäftigten Dritten oder eines Tieres zurückzuführen ist und sowohl der Halter als der Führer des Fahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet haben. Keine Anwendung finden die Vorschriften des § 7 nach § 8, wenn zur Zeit des Unfalls der Verletzte oder die beschädigte Sache durch das Fahrzeug befördert wurde oder der Verletzte bei dem Betrieb des Fahrzeugs tätig war; sodann wenn der Unfall durch ein Fahrzeug verursacht wurde, das nur zur Beförderung von Lasten dient und auf ebener Bahn eine auf 20 km begrenzte Geschwindigkeit in der Stunde nicht übersteigen kann. – Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Verletzten mitgewirkt, so finden die Vorschriften des § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung (§ 9). Der Schadensersatz ist nach näherer Bestimmung der §§ 10–13 zu gewähren: Im Fall der Körperverletzung ist Ersatz der Heilungskosten und des durch die verursachte Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit oder Vermehrung der Bedürfnisse erlittenen Vermögensnachteils zu gewähren; im Fall der Tötung ist außerdem Ersatz der Beerdigungskosten und Entschädigung an die auf Grund gesetzlicher Verpflichtung unterhaltenen Personen zu leisten. Jedoch haftet der Ersatzpflichtige im Fall der Tötung oder Verletzung eines Menschen nur bis zu einem Kapitalbeträge von 50000 ℳ. oder bis zu einem Rentenbeträge von jährlich 3000 ℳ., im Fall der Tötung oder Verletzung mehrerer Menschen durch dasselbe Ereignis unbeschadet dieser Grenze nur bis zu einem Kapitalbetrag von insgesamt 150000 ℳ. oder bis zu einem Rentenbetrag von insgesamt 9000 ℳ., im Fall der Sachbeschädigung stets nur bis zum Betrage von 10000 ℳ. Die Ansprüche auf Schadensersatz verjähren für die Regel in zwei Jahren (§ 14), jedoch muß der Ersatzberechtigte, nach näherer Bestimmung des § 15, bei Verlust seiner Rechte innerhalb zweier Monate dem Ersatzpflichtigen den Unfall anzeigen. – Auch der Führer des Kraftfahrzeugs ist im Rahmen des § 18 zum Ersatz des Schadens verpflichtet; die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht ist.

Köhler.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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