Gummilack

Gummilack

Gummilack (Stocklack, Gummi lacca, Resina lacca), ein natürliches Harz- und Farbstoffgemenge, das die jungen Zweige mehrerer indischen Bäume, und zwar Croton lacciferum L. (Gummilackbaum), Schleicheria trijuga Willd., Ficus religiosa L., Ficus indica Vahl, Ficus bengalensis L., Ficus laccifera Roxb., Urostigma rubescens Miqv., Butea frondosa Roxb., Ziziphus Jujuba L. u.a. bedeckt.

Es bildet sich nach dem Anstich der ganz jungen, saftigen Triebe durch die Gummilackschildlaus (Coccus laccae Kerr = Carteria Lacca Signoret), und zwar der befruchteten, ungeflügelten Weibchen. Die herausquellende Harzmasse umhüllt die Tierchen, die zu großen Blasen anschwellen. Die infizierten Zweige verlieren die Blätter und sterben ab; im März ist gewöhnlich der Harzausfluß beendet. Innerhalb der erstarrten Harzmassen haben sich in der Schildlaus 20–30 Larven entwickelt, die im Oktober oder November den Harzpanzer durchbohren und ihre Entwicklungsstätte verlassen.

Die mit Harz bedeckten Zweige kommen als Stock- oder Stangenlack direkt in den Handel oder man sammelt nur die Harzkrusten, indem man sie von den Zweigen abbricht: [678] Körnerlack. Der Harzüberzug an den Zweigen ist verschieden mächtig, von mehreren Millimetern bis zu einigen Zentimetern. Die Farbe ist ein tiefes Braunrot, in einzelnen Sorten lichtbraun; interessant ist, daß die undurchbohrten dunkler gefärbt sind als die durchbohrten. Spez. Gew. 1,139 [1], [2], [3].

Gummilack setzt sich aus Wachs, Farbstoff, Reinharz und Verunreinigungen zusammen. Das Wachs wird mit Petroläther abgeschieden und besteht aus ca. 50% Wachsalkoholen und im übrigen aus an Fettsäuren (Palmitin-, Stearin-, Oelsäure u.s.w.) gebundenen Alkoholen. Mithin unterscheidet sich Gummilack dadurch von allen andern Harzen und wird daher mit Recht ein Fettharz genannt. Der Farbstoff (in reinster Form als Laccainsäure) heißt Lac dye und wurde schon im Artikel Farbstoffe, pflanzliche, Bd. 3, S. 641 besprochen. Das Reinharz bildet nach Tschirch und Farner [4] ein hellbraunes Pulver, das aus einem in Aether nicht löslichen Teil (65%) und einem ätherlöslichen besteht. Ersterer zerfällt bei der Verseifung in die Aleuritinsäure und in einen Harzalkohol; letzterer stellt die Resinotannole vor (vgl. den Art. Harze), enthält hauptsächlich freie Fettsäuren, einen wachsartigen Körper, ein Resen und das Erythrolaccin C14H8O5 + H2O das die schöne gelbe Farbe des Schellacks (s. unten) bedingt; es kristallisiert in goldgelben rhombischen Blättchen, sublimiert in prächtig roten Nadeln und löst sich in Alkohol, Aether, Benzol, Toluol, Chloroform und Essigsäure mit goldgelber, in Alkalien mit violetter Farbe. Der meiste Gummilack kommt von dem Gebiete des Ganges; Bengalen liefert die beste Sorte; viel wird auch aus dem Gebiete des Irawady, namentlich von Barma, dann von Anam und Siam geliefert (Siamlack 1896 pro 1 Ztr. 55–60 sh. London). – Aus dem Gummilack werden zwei technisch wichtige Produkte hergestellt, der Farbstoff Lac dye (Lacklack) und der Schellack. Letzterer besteht hauptsächlich aus den leichter schmelzbaren Harzen des Rohstoffes und wird entweder ohne vorausgehende Entfernung des Farbstoffes dargestellt, wobei sich die dunkelroten und dunkelbraunen Sorten ergeben, oder nachdem man vorher den Farbstoff ausgewaschen hat; dann erhält man den blonden und bronzefarbigen Schellack. Die alte indische Methode der Schellackgewinnung besteht darin, daß man den zerkleinerten Stocklack in schmale Säcke bringt, bis zum Flüssigwerden des Harzes erhitzt (etwa 140°) und hierauf die Säcke auswindet; das ablaufende Harz fällt auf Pisangblätter, erstarrt daselbst und bildet abgeklopft die scharfkantigen, unregelmäßig vieleckigen, dünnen, durchscheinenden, leicht zerbrechlichen Plättchen von verschiedener Helligkeit in der Farbe. Es kommen aber auch Sorten mit viel dickeren Platten (Knopflack) oder in rundlichen, mitunter etwas plattgedrückten Kuchen (Kuchenlack), selbst in unregelmäßigen Klumpen (Klumpenlack) vor. Im Handel unterscheidet man Orange I (1 Ztr. = 109–115 sh.), Orange II (1 Ztr. = 93–94 sh.), Halborange, Kirschrot, Knopf I und II, Garnet frei (1 Ztr. = 83–84 sh.) u.s.w. Schellack riecht erwärmt sehr angenehm; der geschmolzene läßt sich in lange Fäden ziehen, was als ein gutes Kennzeichen reiner Ware anzusehen ist; er erstarrt auch wieder sehr rasch, kann daher direkt zu raschem Verkitten benutzt werden; er ist in Weingeist leicht löslich und dient zur Darstellung von Weingeistfirnissen (Tischlerpolitur), Fußbodenglanzlack, Buchbinderlack, Kitten (Marineleim), zu Siegellack, in der Hutfabrikation bei der Bearbeitung des Hutfilzes. Die Schellack-Boraxlösung heißt Wasserfirnis, ist wasserdicht und zu vielen Klebarbeiten gesucht. Schellack ist auch ein Bindemittel für Schmirgelschleifsteine und -feilen. Der im Licht- und Steindruck angewendete Schwimmlack wird aus Schellack hergestellt; die alkoholischammoniakalische Lösung dient als photographischer Negativlack [2]. Durch Behandlung mit Chlor kann man den Schellack weiß bleichen und bringt ihn dann in seidig glänzenden, spiralige Windungen zeigenden Stangen als gesponnenen Schellack in den Handel; dieser besitzt aber nicht mehr die leichte Löslichkeit in Alkohol. Verfälschungen mit Kolophonium kann man beim Erwärmen am Geruch erkennen, sicherer durch Behandlung mit Petroläther, in dem sich der größte Teil des Kolophoniums (90%) löst, während von Schellack nur 1–2% in Lösung gehen; zum Nachweise kann man auch Aether benutzen [2], [5].


Literatur: [1] Wiesner, Die technisch verwendeten Gummiharze u.s.w., Erlangen 1869. – [2] Ders., Rohstoffe, 2. Aufl., 1. Bd., S. 304 ff., Leipzig 1900. – 4 [3] Unverdorben in Poggend. Ann., Bd. 14, S. 119. – [4] Tschirch u. Farner, Arch. d. Pharm., 1899, Bd. 237, S. 35. – [5] Wiesner in Dammers Lexik, d. Verf., S. 358, Leipzig 1887.

T.F. Hanausek.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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